Sowohl Michael Grabner als auch Thomas Vanek haben kurz vor Ende der Trade-Deadline einen neuen NHL-Klub gefunden.
Grabner, der in nicht ganz zwei NHL-Saisonen mit den New York Rangers seinen Marktwert wieder etwas in die Höhe getrieben hat, wechselte bereits am Freitag als erster Spieler überhaupt in der Geschichte von den Rangers zu den New Jersey Devils jenseits des Hudson Rivers.
Deutlich später ging die Übersiedlung von Vanek von den Vancouver Canucks zu den Columbus Blue Jackets über die Bühne. Erst wenige Minuten vor Ende des Trade-Fensters heuerte der Steirer in Ohio an.
LAOLA1-Scout Bernd Freimüller analysiert die aktuellen Zustände der beiden neuen Vereine der Österreicher und erklärt, welche Rolle sie in ihrem jeweiligen Teamgefüge spielen.
Vanek: Mit Trade-Offensive in die Playoffs?
Mit seinem Wechsel zu den Blue Jackets eröffnen sich für Thomas Vanek auch wieder Chancen auf eine Playoff-Teilnahme.
Sein neues Team belegt einen Wild-Card-Platz in der Eastern Conference: Die Columbus Blue Jackets liegen fünf Punkte hinter New Jersey, spüren aber den heißen Atem der Islanders und Hurricanes im Nacken. GM Jarmo Kekelainen war deshalb vor und zur Trade Deadline sehr aktiv: Defender Ian Cole kam aus Ottawa, Verteidiger Taylor Chorney war ein Waiver-Pick aus Washington und Center Mark Letestu aus Edmonton. Letestu spielte schon von 2011 bis 2015 für die Blue Jackets und wird wohl die vierte Linie centern – eine Formation, in die der wie immer entwaffnend ehrliche Coach John Tortorella zuletzt kein Vertrauen hatte: "Ich möchte mit vier Linien spielen und das ist mit diesem Personal nicht möglich."
Der mittels Waivers verpflichtete Routinier Jussi Jokinen floppte und der junge Lukas Sedlak zeigte sich als Center überfordert. Eine Linie mit Sedlak am Flügel, Letestu in der Mitte und dem vor Wochen aus Genf gekommenen Nathan Gerbe würde nicht überraschen. Überhaupt drechselt Tortorella derzeit an seinen Linien, es bleibt abzuwarten, mit wem Thomas Vanek zusammengespannt wird.
Vanek soll Torflaute beenden
Mit lediglich 163 erzielten Toren (Platz 27 in der NHL) kam die Blue-Jackets-Offensive heuer sehr lendenlahm daher – einer der Gründe dafür: Center Alexander Wennberg enttäuschte mit bisher lediglich sechs Toren über alle Maße und auch der zweimalige Team-Topscorer Cam Atkinson steht mit bisher erst elf Treffern enttäuschend da. Josh Anderson wurde zuletzt bis in die vierte Reihe durchgereicht.
Die große Neuverpflichtung des Sommers, Artemi Panarin, ist zwar mit 50 Punkten der Topscorer, aber auch er kam heuer wie all seine Mitspieler noch nicht auf 20 Tore. Ein Goalgetter wurde also gesucht und diese Rolle traut man offenbar Thomas Vanek für den Stretchrun zu, vor allem im Powerplay werden seine Dienste sicher gebraucht werden.
Am anderen Ende des Eises rettete Star-Goalie und MVP Sergei Bobrovsky heuer schon so manchen knappen Sieg, aber Tortorella setzt auch fast ausschließlich auf ihn – geht das für den Rest der Saison gut? Bobrovsky hatte schon öfters Verletzungsprobleme, ein Ausfall oder Leistungseinbruch wäre wohl letal.
Vanek wurde wie erwartet für Vancouver zu einem Rental Player, der zur Trading Deadline zu einem ambitionierteren Team getradet werden kann. Der Return? Der höchst enttäuschende Jussi Jokinen (die Canucks sind das vierte Team heuer für ihn) sowie Flügel Tyler Motte, der zuletzt im Farmteam in Cleveland spielte. Ein Spieler also, dessen NHL-Tage gezählt sein dürften sowie ein Borderline-NHLer - nicht gerade ein Raubzug von Canucks-General-Manager Jim Benning.
Columbus auch eine Option für nächste Saison?
Vaneks noch immer vorhandene Offensivqualitäten werden in Columbus sicher gebraucht, er muss jetzt beweisen, dass er ein Mann für die entscheidende Saisonphase ist. Kann Columbus eine Option für die nächste Saison sein? Vom Salary Cap sicher, denn GM Jarmo Kekelainen hat hier genug Spielraum, noch dazu, wo Defender Jack Johnson (knapp 4 Mio. Dollar) im Sommer ein UFA ist und ziemlich sicher weiterziehen wird. Sein Wunsch nach einem Deadline-Trade verhallte ungehört. Starverteidiger Seth Jones steht noch Jahre – mit 5,4 Millionen eher unterbezahlt – unter Vertrag, Wennerberg und Atkinson haben auch noch Verträge, die aber aufgrund der heurigen Leistungen und deren Pricetags (nächste Saison zusammen knapp 11 Mio. Dollar) aber gar nicht gut aussehen.
Vanek sagte vor kurzem in einem Interview, dass er für den nächsten Vertrag unbedingt eine "No-Trade Clause" anstrebe, um so seiner Familie wenigstens für ein Jahr Sicherheit bieten zu können – solche Wünsche (egal an welches Team) sind wohl nur realistisch, wenn Vanek die Blue Jackets ins Playoff und dort vielleicht noch weiter schießt.
Kekelainen befand sich offenbar im "Save-The-Season"-Modus und gab Tortorella einige Optionen mehr. Über eines wird sich Vanek jedenfalls nicht beschweren können: Eine unklare Ansprache durch den Coach. Tortorella, der zwar in den letzten Jahren etwas ruhiger geworden ist, macht aus seinem Herzen nie eine Mördergrube und lässt jeden Spieler genau wissen, was ihm gefällt und was nicht. Eine Zusammenarbeit, die also durchaus interessant werden könnte.
Grabner: Zu billig oder doch zu teuer?
Michael Grabner zu den New Jersey Devils – ich kann mich an keinen einzigen Journalisten erinnern, der dies vorausgesehen hat, ein weiteres Beispiel dafür, dass es sich nicht lohnt, Vorhersagen zur Trade Deadline allzu ernst zu nehmen.
Und auch danach sollte man nicht alles für bare Münze nehmen: Ich blätterte innerhalb weniger Minuten durch zwei Artikel, die den Return für Grabner als sehr gut oder viel zu dürftig bezeichneten.
Ob und wann Defender Yegor Rykov, dessen NHL-Rechte im Zuge des Deals zu den Rangers wanderten, je KHL-Klub SKA St. Petersburg und deren tiefe Taschen für New York hinter sich lassen wird? Was aus dem zusätzlichen Zweitrunden-Pick wird? Alles Fragen, die eher nicht in naher Zukunft geklärt werden und die Grabner natürlich auch völlig egal sein können – seine Zukunft liegt jetzt in Newark.
Auch nicht mehr relevant: Gab es wirklich zehn Interessenten für den Villacher Speedster und waren deren Offerte wirklich nicht so gut wie das von Devils-GM Ray Shero?
Ein Offensiv-Lazarett
Die Devils liegen derzeit jedenfalls auf Playoff-Kurs mit satten sieben Punkten Vorsprung auf die New York Islanders. Das war vor der Saison nicht unbedingt zu erwarten, zu lendenlahm kam die Offensive in den letzten Saisonen daher. Auch jetzt besteht hier noch Verbesserungsbedarf – mit Taylor Hall (26 Tore) steht nur ein einziger Spieler im Kader, der mehr als 20 Tore aufweist, Grabner mit seinen 25 Treffern kommt da gerade recht, sein Shooting Percentage von 19,1 Prozent ist aber sehr hoch und fast nicht aufrechtzuerhalten.
Zum Rest der Devils-Stürmer: Kyle Palmieri (16 Tore), der zu Saisonbeginn an einigen Verletzungen litt, war zuletzt stark im Kommen. Er spielte auch bei Grabners Debüt am rechten Flügel, Center der beiden war der junge Tscheche Pavel Zacha. Die Toplinie mit Hall, dem Top-Pick des letzten Drafts Nico Hischier und Jesper Bratt – der kleine Schwede kam im Sommer aus dem Nichts – blieb beim 2:1 der Devils gegen die New York Islanders unverändert. Die Devils-Offensive lebt derzeit vor allem vom Ex-Oiler Hall und seinem 21-Spiele-Scoring-Streak.
Deswegen holte GM Ray Shero nach Grabner auch noch Power Forward Pat Maroon aus Edmonton, der wie der Villacher heuer eine gute Saison spielte und in Edmonton große Präsenz im Slot zeigte.
Doch wie es für den Villacher in den letzten Wochen weitergeht, bleibt abzuwarten. Mit Marcus Johansson (Gehirnerschütterung), Brian Gibbons (gebrochener Daumen) und John Quenneville (Knieverletzung) sind derzeit drei Stürmer verletzt. Grabner wäre bei Vollbestand auch an der Seite von Center Travis Zajac vorstellbar, Offensivmaschinen sind aber weder er noch Zacha, der mit 20 Jahren bereits seine zweite NHL-Saison bestreitet.
Grabners größter Rivale um Qualitäts-Eiszeit am linken Flügel: Miles Wood, ein 22-jähriger Devils-Draftpick, der seine letztjährige Torausbeute von acht Treffern bereits verdoppelt hat und auch über schnelle Beine verfügt. Andrerseits fiel Jesper Bratt zuletzt auch in ein tiefes Leistungsloch und könnte seinerseits bald aus der Toplinie abgezogen werden.
Devils bräuchten auch Powerplay-Hilfe
Das Powerplay der Devils knirscht und knarzt weiterhin (zwei Tore in den letzten 24 Versuchen), aber ob Grabner dort im Gegensatz zu seiner Zeit bei den Rangers eingesetzt wird, ist fraglich. Bei seinem Debüt spielte er knapp zwei seiner 14 eingesetzten Minuten in Unterlegenheit, was ja eher seine Spezialdisziplin ist.
Die Devils liegen sicher etwas über den Erwartungen, ein Einzug in die Playoffs schien vor der Saison keineswegs eine sichere Sache. Coach John Hynes setzt vor allem auf starke Skater mit einem guten Compete-Factor (wer tut das heute nicht?), Grabner sollte hier gut ins Team passen.
Der Trade des Villachers zeichnete sich in den letzten Wochen ab, die Destination nicht unbedingt – es war dies der erste Trade der Rangers mit den Devils. Für Grabner geht es neben dem Teamerfolg um einen guten persönlichen Abschluss, schließlich steht ein wichtiger Sommer mit seiner Free Agency an. Die Devils hätten jedenfalls genug finanziellen Spielraum, um seine bisheriges Gehalt von 1,65 Millionen Dollar pro Saison gehörig aufzufetten.
Rangers-Rückkehr bei weitem nicht fix
Doch New Jersey ist natürlich nur eine von 31 möglichen Destinationen im Juli. Zu Spekulationen, dass die Rangers ihn nur gehen ließen, weil sie wissen, dass er im Sommer wieder zurückkehrt und die beiden Parteien vielleicht ohnehin schon ein Agreement haben? Das halte ich für blühenden Blödsinn, und ähnliches wurde ja in der letzten Saison bei Thomas Vanek geäußert, der Detroit auch nur sehr ungern verließ – auf sein Comeback bei den Red Wings warten wir heute noch.
Michael Grabner muss unweit seiner einstigen Wirkungsstätte beweisen, dass er auch für andere Arbeitgeber als die Rangers performen kann und daher im Sommer entweder eine hohe Summe, einen langfristigen Vertrag oder eine Kombination der beiden wert ist. Die Devils – seit jeher eine offensiv limitierte Truppe – werden ihm jedenfalls jede Möglichkeit geben, seinen Wert nachzuweisen.