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Wie Utah den österreichischen "Hulk" aus dem Hut gezogen hat

Gregor Biber wurde im NHL-Draft überraschend früh von der brandneuen Franchise gewählt. Für Utah war der 17-Jährige kein Unbekannter.

Wie Utah den österreichischen Foto: © getty

Gregor Biber und Vasili Zelenov im NHL-Draft gezogen – das waren auch die einzigen realistischen österreichischen Kandidaten. Der Zeitpunkt und die Reihenfolge kamen aber überraschend:

Schon mit dem ersten Pick der vierten Runde sicherte sich der noch namenlose Hockeyklub aus Utah die Rechte an Biber. Der Scouting-Staff der vormaligen Arizona Coyotes wollte also gar nicht länger warten, obwohl er danach noch fünf Picks gehabt hätte.

Das ist durchaus bemerkenswert, weil am Beginn der vierten Runde meist noch Cracks zur Verfügung stehen, die vom ganzen Staff gesehen und gemocht werden, erst in späterer Folge kommen die Local Scouts zum Zug.

 

Biber machte im Mini-Combine auf sich aufmerksam

Biber machte im Mini-Combine auf sich aufmerksam

Aber Utah hatte schon zuvor einen Bezug zum großgewachsenen Defensiv-Defender aufgebaut: Er wurde Anfang Juni mit etwa einem Dutzend weiteren Spielern zu einem Mini-Combine nach Salt Lake City eingeladen, dort auf Herz und Nieren getestet. Zum allgemeinen NHL-Combine in Buffalo war Biber nicht eingeladen, schien er doch nicht auf der finalen Liste von Central Scouting auf.

Überhaupt: Kein einziges Scouting Service – egal ob anerkannt oder von Privatpersonen im Keller des Elternhauses betrieben – hatte den Ex-KAC-Crack auf der Liste. Soviel dazu, wie sehr sich die einzelnen Teams an irgendwelche Listen halten (müssen).

Die einzige Auswahl, wo der Name eines Spielers aufscheinen muss? Am Computer von Central Scouting vor dem Pick. Dort wird zwar fast jeder Crack geführt, fehlt aber einmal ein Name, wird er von der Scoutingbehörde (nach Überprüfung) auf Antrag des jeweiligen Teams aufgenommen und für den Draft freigeschalten.

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

Kein Kontakt bis zum Draft

Wie ging es für Biber nach dem Flug nach Salt Lake City weiter? "Ich habe dann nichts mehr von ihnen bis zum Drafttag gehört. Dann eine SMS, dass ich gezogen wurde und mich am nächsten Tag auf den Weg machen soll." Tatsächlich saß Biber schon am nächsten Tag wieder im Flieger nach Übersee, das jährliche Rookie Camp mit alten und neuen Picks steht an.

Zwei Flugreisen nach Salt Lake City innerhalb eines Monats, dazu der ziemlich hohe Pick – eine so nicht vorauszusehende Wende für einen Spieler, der (bis auf ein Länderspiel) noch nie gegen Erwachsene gespielt und die ganze Saison in der U20 von Skelleftea absolviert hat. Diese Liga wird aber heftig gescoutet, die U20- und U18-WMs von Biber waren natürlich nicht die einzigen Viewings der Arizona/Utah-Scouts.

Ein Pick garantiert natürlich nie einen NHL-Vertrag oder gar Einsätze, doch die Entwicklung von Biber – in der österreichischen Eishockeyszene nur bei Coaches und Insidern bekannt – ist bemerkenswert. Die Recherche, ob sein Geburtsort Krustetten (300 Einwohner, bei Krems gelegen) schon einmal in einem NHL-Computer aufschien, dauert noch an. Bei einem eventuellen NHL-Vertrag könnte der KAC als sein Ex-Klub noch partizipieren, Bibers Jugendverein UEC Krems allerdings nicht mehr.

 

Große und kräftige Defender im Trend

Für mich vor dem Draft unvorstellbar: Biber wurde vor Defendern wie dem Schweizer Daniil Ustinkov oder dem während der Saison kometenhaft aufgestiegenen Tschechen Tomas Galvas gezogen. Beide kamen überhaupt nicht zum Zug, Ustinkov spielte zwar (zeitweise) beim ZSC und in den Schweizer Juniorenteams, seine Saison fiel aber desaströs aus. Galvas – ein überaus leichtfüßiger Skater – fehlt es einfach an Zentimetern und Kilos.

Überhaupt ist wieder der Trend zu größeren und kräftigeren Defendern feststellbar, kleinere Cracks müssen überragen und selbst dann kommen sie wie die Hutson-Brüder erst später dran. Biber könnte, wenn er ausgewachsen und volltrainiert ist, durchaus auf Maße von 6.4 feet/205 pounds (derzeit 6.3/187) kommen, was nach österreichischen Maßstäben fast schon Hulk-Ausmaße hätte.

Etwas länger als Biber musste Vasili Zelenov auf das Aufrufen seines Namens warten. Die Buffalo Sabres – mir schon vor dem Draft als ein Interessent genannt – zogen den Neo-Österreicher mit dem siebten ihrer acht Picks an der 204. Stelle.

Pick im CHL Import Draft wäre keine Überraschung

Natürlich werden die neuen NHL-Teams die beiden Spieler bezüglich der nächsten Saison beraten bzw. beeinflussen, ohne Vertrag können sie allerdings nichts diktieren. Noch lauten die Teams der beiden für die nächste Saison Skelleftea bzw. Red Bull Academy, doch mich würde es gar nicht überraschen, wenn beide Namen beim CHL Import Draft am Mittwoch gezogen würden.

Vasilis Zwillingsbruder Ivan übersiedelt definitiv nach Übersee, möchte sich aber seine Chancen auf ein College-Engagement nicht verbauen. Sollte er seine Meinung bzw. die NCAA ihre Regeln ändern (derzeit im Gespräch), wären auch beide Brüder bei einem CHL-Team nicht unmöglich.

Nach der Diaspora nach 2006 (Michael Grabner und Andreas Nödl) ging Östereich damit seit 2020 nur einmal (2021) bei einem Draft leer aus.

2020: Marco Rossi, Thimo Nickl, Benjamin Baumgartner

2022: Marco Kasper, Vinzenz Rohrer

2023: David Reinbacher

2024: Gregor Biber, Vasili Zelenov

Das sind alle Österreicher, die im NHL-Draft gepickt wurden


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