Für Michael Grabner steht in diesem Jahr ein wichtiger Sommer an: Wie vor zwei Jahren muss sein Vertrag neu ausverhandelt werden.
Nach einem Leistungs-Knick in seiner Karriere blüht der nun 30-Jährige wieder auf, seit er das Trikot der New York Rangers trägt. Das Team aus dem "Big Apple" hat den Villacher als Schnäppchen ergattert, sein aktuelles Arbeitspapier läuft jedoch zum Ende der Saison aus.
Wie könnte sein neuer Kontrakt aussehen? Einige Eckdaten, Zahlen und eine Einschätzung von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller:
Sommer 2016: Michael Grabner hat gerade eine durchwachsene Saison in Toronto absolviert – neun Tore, neun Assists in 80 Spielen. Dies war eigentlich das letzte Jahr seines ursprünglichen Fünf-Jahres-Vertrags bei den New York Islanders, der ihm (von Saison zu Saison gestaffelt) drei Millionen pro Spielzeit garantierte.
Grabners neuer Vertrag – erstmals als Unrestricted Free Agent unterzeichnet – halbierte sein vorheriges Gehalt fast. Zwei Jahre zu jeweils 1,65 Millionen Dollar, was auch dem jährlichen Cap Hit für die Blueshirts entspricht.
Das zweite Vertragsjahr gab dem Villacher immerhin eine gewisse Sicherheit nach zwei schwächeren Saisonen. Allerdings trumpfte Grabner in New York gleich von Anfang an auf, konnte vor allem endlich wieder die Chancen besser verwerten, die er sich durch seine Geschwindigkeit immer erspielte. Vom bloßen Unterzahlspezialisten wurde er auch wieder zu einem Scoring Threat bei 5-gegen-5, 27 Tore im ersten und (bisher) 20 Tore im zweiten Jahr sind seine besten Zahlen seit der Saison 2010/11. Wie geht es also für ihn weiter?
Die unmittelbare Zukunft
Die Rangers stehen derzeit auf einem Wild-Card-Platz der Eastern Conference. Zwar haben sie sich von einem sehr schlechten Saisonstart einigermaßen erholt, trotzdem ist ein Kampf um einen Playoff-Platz bis Ende der Saison zu erwarten.
General Manager Jeff Gorton hat noch etwas Cap Space offen, daher ist zu erwarten, dass er zur Trading Deadline eher als Käufer denn als Verkäufer – wenn überhaupt – auftritt. Wie Grabner sind auch Rick Nash, David Desharnais, Nick Holden und Paul Carey ab Juli UFAs. Natürlich könnte Gorton überlegen, etwa Grabner oder Nash gehen zu lassen, bevor er sie im Sommer ohne Return gehen lassen muss. Das würde aber nur Sinn ergeben, wenn er dafür Draft Picks oder Prospects bekommt – ein Manöver, dass gemeinhin nur Teams ohne Playoff-Chancen durchführen. Ein Defender mit guten Händen würde den Rangers aber ohne Zweifel gut tun.
Ich erwarte aber Grabner auch über die Trading Deadline hinaus im Rangers-Jersey, so sein Team nicht in den nächsten Wochen in ein absolutes Loch fällt.
Hat Grabner eine Zukunft in New York?
Natürlich – die Upper Salary Cap in der NHL dürfte im nächsten Jahr auf knapp 80 Millionen Dollar ansteigen. Der auslaufende Vertrag von Nash brächte eine Ersparnis von knapp acht Millionen, Gorton hat derzeit 53 Millionen in bestehenden Verträgen angelegt. Desharnais würde sicher einen höheren Vertrag (derzeit 1 Million) verdienen, dazu kommen noch anstehende Vertragsverlängerungen der Restricted Free Agents J.T. Miller, Kevin Hayes, Jimmy Vesey, Brady Sklej und Backup-Goalie Ondrej Pavelec. Bei Miller, Vesey oder Sklej sind Gehaltserhöhungen zu erwarten, sie sollten aber nicht die Bank sprengen. Grabners neuer Vertrag sollte also unterzubringen sein und auch noch Spielraum für den einen oder anderen Neuzugang lassen, eine interne Cap aus Geldgründen gibt es bei den Rangers natürlich nicht.
Kann Grabner derzeit einen neuen Vertrag unterschreiben?
Natürlich – allerdings nur mit den Rangers. UFAs können ihren Vertrag in ihrem jeweils letzten Vertragsjahr verlängern, natürlich gelten die üblichen Bedingungen (Gehaltsobergrenze bzw. höchstens sieben Jahre Vertragsdauer, beides für Grabner aber nicht relevant).
Kann Grabner im Sommer wegen eines neuen Vertrags vor das Schiedsgericht gehen?
Nein, diese Möglichkeit ist nur RFAs vorbehalten – es geht ja darum, den Wert für seinen Arbeitgeber einzuschätzen und als UFA hätte er ab 1. Juli keinen mehr.
Was spricht für einen besseren Vertrag für Grabner, entweder bei den Rangers oder anderswo?
Schon in der letzten Saison war Grabner ein an seinen Leistungen gemessen unterbezahlter Spieler, das gilt derzeit natürlich noch mehr. Nur ein krasser Leistungsabfall in der zweiten Saisonhälfte könnte seinen gestiegenen Marktwert für den Sommer wieder zurücksetzen. Unter den Gehältern der NHL-Flügel (Right und Left Wings zusammengefasst) scheint der Villacher als 136. Spieler auf – das entspricht sicher nicht seinen Leistungen.
Natürlich kann man solche Listen nicht eins zu eins umsetzen, schließlich sind hier auch Spieler wie Patrik Laine oder Brock Boeser geführt, die noch unter ihren kostengünstigen Entry Level Deals spielen und – bei aller Wertschätzung – bessere Spieler und noch weit größere Bargains als Grabner sind. Der Villacher aber steht mit seinen 20 Toren als sechstbester Flügel da, hinter oder gleichauf mit klingenden Namen wie Nikita Kucherov, Alex Ovechkin, Phil Kessel, Breakout-Player Anders Lee (NY Islanders) sowie Boeser und Laine. Noble und (bis auf Lee) auch hochbezahlte Gesellschaft. Die Torausbeute ist sicher Grabners größtes Faustpfand.
Grabner Agent Jerry Buckley kann natürlich anführen, dass sein Klient seine Tore ohne Powerplay-Zeit erreicht – ein gewichtiges Argument. Auch seine durchschnittliche Eiszeit von 14,33 Minuten ist bei den Rangers nur die achtbeste unter den Forwards. Sollte er sich auch noch "Enhanced Stats" bedienen, wäre folgende Statistik interessant: 57,5 Prozent seiner Shifts (ohne fliegende Wechsel) begannen im eigenen Drittel – ein Hinweis auf einen vor allem für Defensivaufgaben eingesetzten Spieler. Ob sich für diese Statistik von den General Managern jemand interessiert, ist allerdings fraglich.
Was spricht gegen eine krasse Gehaltserhöhung?
Grabner weist bei den Rangers "Cy-Young-Stats" auf: 47 Toren in zwei Saisonen stehen lediglich 17 Assists gegenüber – das weist (in Grabners Fall, der mit seinem Speed viele Takeaways provoziert, eher zu Unrecht) auf einen Spieler hin, der von den Vorlagen seiner Mitspieler lebt. Dazu kommen natürlich auch einige Empty Net Goals, die einerseits seine Statistiken auffetten, andererseits natürlich auch ein Beweis dafür sind, dass Grabner ein Spieler ist, der in defensiven Situationen gefragt ist.
Überhaupt wird aus manchen Stats umgekehrt ein Schuh, je nachdem auf welcher Seite des Verhandlungstisches man sitzt: Er bekommt keine Powerplay-Zeit? Kein Spitzencrack, kann nur bei Gleichstand oder im Penaltykilling gebracht werden! Weniger Eiszeit als sieben andere Forwards im Team? Warum soll er dann gehaltsmäßig über diese Spieler springen?
Noch ein Blick auf die Enhanced Stats: Grabners Corsi Wert beträgt 45,4 – Shot Attempts mit ihm auf dem Eis fallen also negativ aus. Sitzt er bei Gleichstand auf der Bank, fällt dieser Wert mit 47,2 Prozent besser aus. Nur eine Spielerei für Stats-Nerds oder auch ein Argument bei Vertragsverhandlungen? Wenn, dann nur ein sehr untergeordnetes, würde ich meinen.
Welchen Vertrag kann Grabner also erwarten?
Das hängt nicht nur vom Verhandlungsgeschick seines Agenten und der Anzahl der sich gegenseitig hochbietenden Interessenten, sondern auch von seinen Erwartungen ab. Mit 30 Jahren geht er den (Früh-)Herbst seiner Karriere an. Was ist ihm wichtiger: "Term" oder "Money" – ein längerfristiger Vertrag (vielleicht wieder zwei oder gar drei Jahre) oder einfach das höchste Angebot? Verzichtet er auf etwas Geld, wenn er bei den Rangers bleiben kann und seinen Wohnsitz nicht wechseln muss? Kann sein Agent das Zuckerl einer "No-Trade" oder "No-Movement-Clause" herausschinden?
Grabner sollte in der nächsten Saison definitiv der höchstbezahlte österreichische NHL-Crack sein. Michael Raffl hat noch ein Vertragsjahr mit 2,35 Millionen bei den Philadelphia Flyers. Thomas Vanek kann zwar bisher auf eine gute Saison mit den Vancouver Canucks zurückblicken, aber das war auch im letzten Jahr in Detroit so. Er müsste nach dem sich abzeichnenden Deadline-Trade noch eine Schippe zulegen, um im Alter von 34 Jahren im nächsten Sommer eine Gehaltserhöhung zu seinen derzeitigen zwei Millionen Dollar erwarten zu können.
Ich erwarte für Grabner einen Vertrag, der eher seinen Zahlen bei den Islanders an den bisherigen bei den Rangers ähneln wird, mit einer hohen "2" oder gar einer "3" (bei kürzerer Vertragsdauer) als erster Zahl. Flügel, die gehaltsmäßig vor ihm gelistet sind, aber für mich nicht (erheblich) besser sind: Carl Hagelin (4 Millionen, Pittsburgh, allerdings zweifacher Stanley-Cup-Sieger), Vladimir Sobotka (3,5 Mio., St. Louis), Matt Read (3,625 Mio., Philadelphia, jetzt in den Minors) oder Richard Panik (2,8 Mio., gerade von Chicago nach Arizona getradet).
Grabners neuer Deal im oder vor dem nächsten Sommer wird sicher nicht sein letzter NHL-Vertrag werden, im Alter 30 plus sind langfristige Verträge eher die Ausnahme. Doch Agent Jerry Buckley hat sicher bessere Karten in der Hand als noch vor zwei Jahren...