news

Was es in der NHL mit dem Begriff "Waivers" auf sich hat

Marco Kasper hat mit den Waivers noch nichts zu tun. Sie sind aber immer wieder ein Thema, das oft für Missverständnisse sorgt. Die Erklärung:

Was es in der NHL mit dem Begriff Foto: © getty

Vor allem zu NHL-Saisonbeginn ein Thema: Die Rolle, die die sogenannten "Waivers" dabei spielen, welche Spieler in der NHL verbleiben dürfen und welche in die AHL müssen.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller blickt auf eine Regelung, die oft erwähnt, ebenso oft aber verkürzt oder falsch dargestellt wird:

Was bedeutet das Wort "Waivers"?

Am besten noch durch "Verzicht(serklärung)" übersetzt – auch im Krankenhaus unterschreibt man mitunter einen "Waiver", verzichtet damit im Falle, dass etwas schiefgeht, auf eine Regressforderung.

In der NHL üblich: Ein Team setzt einen Spieler auf Waivers, die anderen Teams verzichten dann (oder auch nicht) darauf, diesen Spieler zu erwerben. Also "waived" eigentlich nicht das besitzende Team die Rechte, sondern die anderen 31...

Warum gibt es diese Regel überhaupt?

Wie bei den Obergrenzen zu Kadern und Reserve Lists geht es darum, dass Organisationen nicht unbegrenzt Spieler verpflichten sollen. Die Spieler ihrerseits sollen eine Chance bekommen, wenn sie im NHL-Kader überzählig sind, bei einem anderen Team unterzukommen.

Welche Arten von Waivers gibt es?

Seit 2012 gibt es die "Re-Entry Waivers" nicht mehr, die bei einer Anforderung aus der AHL zum Zuge kamen. Diese spielen also in den heutigen Diskussionen ebenso wenig eine Rolle wie die noch existierenden "Unconditional Waivers".

Diese betreffen nämlich Vertragsauflösungen, entweder beim Buyout im Sommer oder nach schweren Verfehlungen. In diesen Fällen muss der Spieler der ganzen Liga angeboten werden, ehe sein Vertrag aufgelöst wird, kein Team schlägt hier aber zu.

Es geht also um die einfach benannten "Regular Waivers", die eben für den Großteil der NHL-Spieler gelten.

Also gilt diese Regel nicht für alle NHL-Spieler?

Nein, man ist entweder "waiver exempt" (von Waivers ausgenommen) oder eben nicht.

Wovon hängt das ab?

Vereinfacht dargestellt: Jeder NHL-Spieler beginnt seine Karriere immer waiver exempt, bevor er es eines Tages nicht mehr ist. Der Kipppunkt ist dann entweder die Anzahl der Jahre seit Vertragsunterschrift oder eine gewisse Anzahl von NHL-Spielen, je nachdem, was früher erreicht wird.

Die Jahre können bis zu sechs (bei Torhütern, die mit 18 Jahren ihren ersten Vertrag unterschrieben), aber auch nur eines (bei Spielern, die mit 25 Jahren oder älter erstmals unterschrieben) sein. Letztere Gruppe muss nach einer Saison automatisch durch Waivers, egal, wie viele Spiele sie gemacht haben. Für jüngere Spieler kann der Trigger sogar erst bei 160 NHL-Spielen ausgelöst werden.

Das wäre noch einigermaßen übersichtlich, allerdings gibt es Nebenklauseln. Mit welchem Alter wurde der Spieler gedraftet? Wann unterschrieb er seinen ersten Vertrag? Wann spielte er sein erstes NHL-Spiel? Hat er mit 20 Jahren schon in anderen Pro-Ligen gespielt?

Das Ganze noch gespickt mit Ausnahmen zur Corona-Saison 20/21, als weniger Spiele gespielt wurden und schon wird das Ganze sehr unübersichtlich. Als kleine Hilfe möglich: Bis du normal (also mit 18) gedraftet worden und noch in deinem Entry-Level-Deal, wirst du eher waiver exempt sein – siehe etwa Marco Kasper, der unbeschränkt zwischen Detroit und Grand Rapids wechseln kann.

Das gilt aber nicht für immer – Marco Rossi, der sich im fünften Jahr seines eigentlich drei Jahre dauernden Entry-Level-Deals befindet, müsste seit heuer durch Waivers, falls ihn die Griffins in die AHL schicken wollten.

Der Deutsche Lukas Reichel ist ebenfalls seit heuer nicht mehr waiver exempt, im Gegensatz zur letzten Saison würden die Blackhawks Gefahr laufen, ihn an die Konkurrenz zu verlieren. Deswegen begann er die Saison auf der Tribüne, ein AHL-Assignment wie in der Vorsaison ist daher eher kein Thema, außer die Blackhawks verlieren völlig das Vertrauen in ihn und könnten mit einem Abgang ohne Gegenleistung gut leben.

Wie läuft der Waiver Process ab?

Ab zwölf Tagen vor Saisonbeginn bis zum jeweiligen letzten Saisonspiel müssen Spieler, die eben nicht waiver exempt sind, vor ihrer AHL-Abschiebung auf Waivers gesetzt werden. Das muss jeweils bis zur Mittagszeit (Eastern Time/New York) passieren. Danach haben die 31 anderen Teams 24 Stunden lang die Möglichkeit, einen Waiver Claim anzumelden.

Sollte mehr als ein Team interessiert sein, gilt die umgedrehte Reihenfolge der aktuellen NHL-Tabelle - das schlechtere Team erhält damit den Vorzug. Tritt der Fall noch vor dem 1. November ein, gilt die NHL-Tabelle der Vorsaison.

Zeigt keine Franchise Interesse (und das gilt in der Mehrzahl der Fälle), kann der Spieler in die AHL geschickt werden, kann aber genauso gut weiter im Aufgebot verbleiben. Ein AHL-Assignment bedingt also diesen Prozess, muss aber nicht zwangsläufig den Gang eine Stufe runter bedeuten. Spieler, die kein Interesse an einem Trade hervorrufen, können so ligaweit angeboten werden.

Was passiert, wenn ein Spieler durch die Waivers gegangen ist und keine Nachfrage nach ihm bestand?

Danach kann er für 30 (akkumulierte) Tage oder zehn (ebenfalls akkumulierte) Spiele wieder in der NHL spielen, ehe bei einem abermaligen AHL-Assignment wieder ein Waiver Process in Gang kommt. Die ganze Prozedur muss auch gestartet werden, falls der Spieler etwa nach Europa wechseln will; auch hier bekommen die Teams eine Chance, seine Rechte zu erwerben.

Was passiert, wenn der Spieler von einem anderen Team erworben wurde?

Dann kommt es zu einem Wechsel, er gehört zum neuen Team. Aber Achtung: Will dieses Team ihn dann selbst durch Waivers schicken, muss er erst dem alten Team angeboten werden. Soll der Spieler bis zum Saisonende per Trade weitergegeben werden, muss er erst allen Teams, die ursprünglich einen Waiver Claim einbrachten (so vorhanden), angeboten werden.

Das führt (in Extremfällen) zu kuriosen Zuständen wie vor kurzem:

Oilers-Winger Raphael Lavoie wurde am 7. Oktober per Waivers von den Vegas Knights erworben. Diese wollen ihn gleich in ihr AHL-Team schicken, die Oilers konnten ihn damit wieder zurückholen. Die wollten ihn wiederum in deren Farmteam schicken, Vegas trat wieder auf den Plan und holte ihn ihrerseits zurück. Im Zeitraum zwischen dem 7. und 11. Oktober wechselten Lavoies Rechte damit dreimal hin und her.

Irrtümer bezüglich der Waivers

Ob ein Spieler einen Ein- oder Zwei-Weg-Vertrag hat, spielt in puncto Waivers keine Rolle, hier geht es lediglich um die Bezahlung bei einem AHL-Assignment.

Das aufnehmende Team muss für den Spieler keinen eigenen Spieler oder ein Draftrecht hergeben, ganz gratis sind (erfolgreiche) Waiver Claims allerdings nicht: Die finanzielle Ablöse kann von 3375 Dollar (für ältere Spieler) bis zu 90.000 Dollar (für einen Goalie, der weniger als zwei Jahre lang unter Vertrag stand) betragen.

Fast unbekannt, aber gefährlich: Ein Restricted Free Agent, der die Saison in Europa beginnt (nicht als Leihe, sondern etwa bei Vertragsstreitigkeiten), dann nach Saisonbeginn in der NHL unterschreibt, muss auch durch Waivers.

Wie vieles in der NHL sind auch die Waiver-Regeln alles andere als einfach. Bei der Kaderplanung zu Saisonbeginn spielen sie natürlich oft eine Rolle dabei, wer im NHL-Team bleibt (der, der durch Waivers müsste und abhandenkommen könnte) oder nicht (der Spieler, der waiver exempt ist). Ein zumindest oberflächlicher Einblick in die Regeln hilft jedenfalls dabei, diese Maßnahmen besser zu verstehen...

Ranked: Die Top-Verdiener der NHL

Kommentare