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Eishockey-Agent: "Bei allem Respekt vor Österreich..."

Darryl Wolski gibt im Interview mit LAOLA1-Experte Bernd Freimüller einen Blick hinter die Kulissen.

Eishockey-Agent: Foto: © GEPA

Einer der offensten Agenten im Eishockey-Business: Darryl Wolski, der Gründer der in Winnipeg ansässigen Agentur 2112Hockey.

Seit 2005 im Geschäft repräsentiert er (u. a. mit dem Ex-VSV- und HCI-Crack Mario Lamoureux) derzeit ungefähr 40 Klienten.

LAOLA1: Welche Rolle nimmt 2112Hockey im Vergleich zur Konkurrenz ein?

Darryl Wolski: Mit 40 Spielern können wir uns vielleicht als mittelgroß bezeichnen. Diese Zahl ermöglicht es mir aber, mit allen Spielern stets im Kontakt zu bleiben und ihre Leistungen stets im Auge zu behalten. Sie bekommen von mir auch stets Messages nach besonderen Spielen, dazu fliege ich zweimal in der Saison, um sie zu besuchen.

LAOLA1: Kontaktieren Sie Spieler aktiv oder kommen diese auf Sie zu?

Wolski: Teils-teils. Zeitweise kommen Spieler auf mich zu, wenn sie mit ihren derzeitigen Agenten nicht zufrieden sind, egal ob objektiv gesehen zu Recht oder zu Unrecht. Sie tauschen sich dann öfters mit meinen Klienten, die in ihrer Mannschaft spielen, aus und kontaktieren mich dann. Umgekehrt versuche ich mit Spielern in Kontakt zu treten, die am Ende ihres Entry-Level-Deals stehen und für mich gute Kandidaten für Europa wären.

LAOLA1: Wie stehen Spieler, die in Übersee spielen, zu einer Übersiedlung nach Europa?

Wolski: Es gibt hier einen Unterschied zwischen Amerikanern und Kanadiern: Letztere träumen viel länger vom Stanley-Cup-Sieg, selbst wenn sie noch mit 30 Jahren in der ECHL spielen. Ich kann auch davon träumen, Halle Berry zu daten, es wird aber nicht passieren. Amerikaner hängen diesem Traum nicht so intensiv nach, sind da vielleicht auch realistischer. Es kommt öfters vor, dass mir Spieler in Europa sagen, dass sie den Weg schon früher hätten antreten sollen.  Die Chancen, sich von der ECHL über die AHL in die NHL zu spielen, werden mit dem Alter halt immer geringer. Wenn du mit 25 Jahren noch nicht in der NHL bist, wird es sehr schwer und du solltest dich vielleicht neuen Alternativen öffnen.

LAOLA1: Wie sehr gehört das gute Zureden und Händchenhalten zum Job eines Agenten?

Wolski: Sehr, vor allem bei Spielern, deren Karriere nach unten geht. Da musste du oft gut zureden, allerdings auch offen sein, dass halt keine guten Angebote mehr reinkommen. Offenheit ist auch angesagt, wenn ein Spieler aus der ECHL noch auf die große Karriere hofft. Grundsätzlich versuchen wir, vor allem mit AHL-Spielern zusammenarbeiten und sie nach Europa zu vermitteln.

LAOLA1: Was sind die Top-Länder in Europa in Bezug auf Gehalt und Lifestyle?

Wolski: Das Gesamtpaket ist für mich in Schweden und der Schweiz am besten. Allerdings muss man in der Schweiz erst den ersten Schock überwinden, wenn man im Supermarkt oder im Restaurant die Preise sieht. In der KHL kannst du halt richtig Geld verdienen, sogar siebenstellig, obwohl dort allerdings noch Steuern abzuziehen sind. Die richtig abzurechnen, ist nicht leicht, vor allem, da sie von deinem Wohnsitz in Nordamerika abhängig sind.

Ich kann auch davon träumen, Halle Berry zu daten, es wird aber nicht passieren.

Wolski über die NHL-Träume mancher Spieler

Das Problem bei der KHL: Nicht so sehr ausständige Gehälter, vielmehr sind einige Standorte nicht die schönsten und natürlich die jetzige Situationen, wo du bei einem Wechsel in vielen Ländern nicht mehr aufgenommen wirst. Vor allem die skandinavischen Länder, aber auch Tschechien, sind dir nach einem Engagement dort verschlossen. In Tschechien wird man umgekehrt sehr gut behandelt, der Vorteil ist auch, dass einige Städte unweit von Prag, das ohnehin eine Traumdestination ist, liegen.

LAOLA1: Wie steht die DEL im Vergleich zu diesen Ligen da?

Wolski: Da tut sich die Schere immer mehr auf zwischen den Top-Teams mit riesigen Mitteln wie Mannheim, Berlin oder München und den Teams am Ende der Tabelle. Da reden wir dann von Gehältern, die drei- oder viermal so hoch sein können. Eine derartige Zwei-Klassen-Gesellschaft gibt es aber auch in der KHL, wo Teams wie CSKA Moskau oder St. Petersburg finanziell weit über dem Rest stehen. Was für Deutschland spricht, ist natürlich die Lebensqualität, die solide Finanzgebarung und die Stimmung in den Arenen.

LAOLA1: Wie steht die ICE im internationalen Vergleich da?

Wolski: Heuer ist glaube ich die erste Saison, wo ich dort keinen einzigen Spieler habe. Das ist einerseits ein Zufall, andrerseits auch der Tatsache geschuldet, dass mit wenigen Ausnahmen die Gehälter sehr zurückgegangen sind. Spieler, die um 30.000 Euro spielen sollen, findet man halt nicht leicht. Da gehen sie bei allem Respekt für die Lebensqualität gleich zu den Spitzenteams nach Dänemark oder Norwegen, wo sie um einiges mehr verdienen können.

LAOLA1: Wie haben sich die Gehälter seit Corona entwickelt?

Wolski: Sind im Durchschnitt gleich geblieben oder nach oben gegangen, so etwa in der EIHL, wo die Zuschauerzahlen immer besser geworden sind. Die Gehälter allgemein sind weit gefächert: In der KHL können die Spitzenverdiener siebenstellige Summen erwarten, in der Schweiz oder SHL schöne sechsstellige Summen. Außerhalb Europas völlig weggebrochen ist die Asia-League, wo früher auch sehr gut bezahlt wurde, jetzt aber als Alternative wegfällt.

LAOLA1: Wie sieht die Marktsituation derzeit, knapp zehn Tage vor Transferende aus?

Wolski: Die KHL und die tschechische Extraliga haben ihre Deadlines schon hinter sich, die anderen Ligen sind noch bis Mitte Februar geöffnet. Jeder sucht Spieler, es ist aber nichts am Markt. Es wundert mich daher nicht, dass etwa Kevin Clark, der wie ich aus Winnipeg kommt,  mit 37 Jahren und ohne Spielpraxis heuer mit dem KAC noch einen Arbeitgeber gefunden hat. Ein Team nach dem anderen sucht nach Spielern und hier natürlich nach Qualität, die aber kaum zu finden ist. Die nordamerikanischen Teams entlassen ihre Spieler zu 90 % natürlich auch nicht aus ihren Verträgen.  Wer jetzt noch große Lücken zu füllen hat, wird sich sehr schwertun.

LAOLA1: Was ist derzeit die heißeste Aktie im Portfolio von 2112Hockey?

Wolski: Aaron Irving – ich habe ihn 2018 von der ECHL nach Norwegen vermittelt, danach spielte er in Schweden, wo es ihm bei Örebro nicht so gut ging. Danach ging er nach Litvinov, Saipa in Finnland, kurz nach Davos und dann wieder zurück nach Tschechien zu Sparta Prag. Dort hat er an diesem Wochenende einen neuen Liga-Rekord für Verteidiger mit 20 Treffern erzielt, bleibt auch für die nächsten zwei Jahre dort.

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