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Was spricht für und gegen den Klassenerhalt der ÖEHV-U20?

Schwere Aufgabe in Kanada für den Eishockey-Nachwuchs. Bernd Freimüller kennt die Gründe, die für uns gegen das Erreichen des großen Ziels sprechen.

Was spricht für und gegen den Klassenerhalt der ÖEHV-U20? Foto: © GEPA

Stefanitag, 19:30 Uhr österreichischer Zeit: Das ÖEHV-U20-Nationalteam beginnt die WM 2023 mit dem Spiel gegen Schweden.

Eine Vorschau auf die bereits vierte Weltmeisterschaft in der Top-Gruppe von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller.

Was spricht für und was gegen den Klassenerhalt?

Das Team kam am 24. Dezember um ein Uhr morgens im Turnierquartier in Halifax an. Die Tage zuvor waren einem Camp und zwei Testspielen gewidmet. Die Erkenntnisse von Headcoach Kirk Furey für das Turnier: "Wir dürfen auf jeden Fall nicht zu viele Strafen nehmen, die Gegner sind im Powerplay sehr stark."

Um die Weihnachtszeit standen noch einige Personalentscheidungen an. Vom ursprünglichen 27-Mann-Kader wurden Maximilian Theirich (KAC) und Janick Wernicke (Nordic Hockey Academy Ferlach) wieder heimgeschickt. Zwei der restlichen 25 Spieler stehen auf Abruf im Kader und können nur bei Verletzungen eingesetzt werden.

Es ist bereits die vierte U20-WM, die ein ÖEHV-Team seit dem Aufstieg 2019 in Minsk bestreiten darf. Corona und der Russland-Ukraine-Krieg sistierten den Abstieg, Lettland ersetzte bereits im Sommer Russland und ist auch diesmal wieder mit von der Partie.

Heuer gibt es aber erstmals wieder einen Absteiger – der Verlierer aus der "Best-of-three"-Serie der beiden Gruppenletzten muss in die B-Gruppe, aus der Norwegen heuer aufstieg und nächstes Jahr in Göteborg mit von der Partie ist.

Nach den Turnieren 2020/21 der vor einem Jahr wegen Corona abgebrochenen WM sowie deren Nachtrag im letzten August also nun die vierte WM unter den Top-11 (inklusive Russland) der Welt. Erkenntnisse gibt es also schon genug – was spricht für und was gegen einen Klassenerhalt des ÖEHV-Teams?

Für:

Nach den Spielen gegen Schweden, Tschechien und Kanada, wo Punktegewinne eine Sensation wären, wartet am 30. Dezember Deutschland im letzten Gruppenspiel. Deutschland verfügt mit den Jahrgängen 2003 und 2004 über eine relativ überschaubare Truppe ohne herausragende Einzelkönner. Im Vorbereitungsspiel gelang Österreich sogar ein 4:3-OT-Sieg. Bei der Sommer-WM gewann das DEB-Team mit 4:2, ein knapper Ausgang sollte daher wieder möglich sein.

Sollte der letzte Gruppenplatz nicht zu vermeiden sein, stehen eben noch Playdown-Spiele gegen den Tabellenletzten der anderen Gruppe an. Aus der Gruppe mit Finnland, USA, Slowakei, Lettland und der Schweiz werden die zwei letztgenannten Teams am schwächsten eingeschätzt. Die Schweiz verfügt wie Deutschland über höchst überschaubare Jahrgänge. Im Sommer gelang den Eidgenossen nur ein knapper 3:2-Sieg in Edmonton gegen das ÖEHV-Team.

Die Kombination der 2003/2004-Jahrgänge (angereichert mit den 2005 geborenen Ian Scherzer und Benedikt Oschgan) ist eigentlich höher als das Team 2002/2003 einzuschätzen. Vor allem in der Abwehr sollte das Ausnahmetalent David Reinbacher – der klare Einser-Defender – nicht alleine dastehen. Patrick Söllinger (Linz) und die KAC-Riege Tobias Sablattnig, Maxi Preiml und Chistoph Tialler sollten gegen gleichwertige Gegner solide agieren können, Aron Summer war zuletzt bei den Pioneers Stammspieler.

Das Team verfügt auch über mehr Größe und Reichweite als frühere Auswahlen, als sie oft wie ein U18-Team in einem U20-Turnier wirkten. Das bedeutet nicht, dass die Spiele gegen Schweden oder Kanada (Tschechien wird eine Klasse schwächer eingeschätzt) nicht die übliche Waschtrommel werden, aber gegen schwächere Gegner sollte die Furey-Truppe nicht von Haus aus physisch überwältigt werden.

Gegen:

Die Bilanz seit dem Aufstieg. Zehn Spiele in der Erstklassigkeit, zehn Niederlagen mit einem Gesamttorverhältnis von 8:66 und einem durchschnittlichen Schussverhältnis von 15:54. Das spricht doch Bände über die krasse Unterlegenheit auf diesem Level!

Der Man 2 Watch: David Reinbacher
Foto: © GEPA

Acht Tore in bisher zehn WM-Spielen, Tore auf diesem Niveau zu erzielen ist für das ÖEHV-Team wie Blut aus einem Stein zu pressen. Auch heuer erscheint auf dem ersten Blick der offensive Output überschaubar: Übersee-Legionär Vinzenz Rohrer (auch Kapitän), Luca Auer und Ian Scherzer, der allerdings erst knapp vor dem Turnier von einer langwierigen Syndesmose-Verletzung zurückkam, würde ich noch als Topscorer-Anwärter ansehen. Dazu kommen noch brave Arbeiter wie Finn Van Ee (war bei allen Turnieren dabei) oder ein durchaus talentierter Offensivspieler wie Villachs Johannes Tschurnig, der international aber noch keine Spuren hinterließ. Große Scoring-Ausbrüche würden daher überraschen.

Die Nicht-Teilnahme (das Wort "Absage" und die daraus resultierenden Konsequenzen sollten mittels Nicht-Nominierung vermieden werden) von Marco Kasper war und ist ein Schlag ins Kontor. Es war ein Eiertanz, der nie begonnen hätte, wäre sein Name Marco Kaspersson und seine Nationalität Schwede gewesen (mit Adam Engström und Oskar Pettersson stehen zwei seiner Rögle-Klubkameraden im schwedischen Aufgebot). Eine Nation wie Österreich kann auf einen Erstrunden-Pick unmöglich verzichten, vor allem in den Schlüsselspielen. Auch wenn Kasper ab und zu alleine in Sololäufe verstrickt worden wäre – er war sogar bei der A-WM im Mai ein wichtiger Faktor!

In den letzten Turnieren war Sebastian Wraneschitz als Einser-Goalie stets gesetzt und bestätigte diesen Status auch mit durchwegs starken Leistungen. Nicht dass Wraneschitz ein NHL-Prospekt geworden wäre (es fehlt ihm doch etwas an Größe), aber er war auch im ärgsten Geschosshagel noch ein heldenhafter Rückhalt.

In den heurigen Testspielen (neben dem Sieg gegen Deutschland noch ein 1:5 gegen die Slowakei) setzten Furey und Goaliecoach Lukas Schluderbacher alle drei Torhüter ein und auch danach war noch offen, wer denn der Primus inter pares zu Turnierbeginn sein soll. In den ersten drei Spielen muss sich zwischen Thomas Pfarrmaier (Salzburg), Michael Sicher (KAC) und Benedikt Oschgan (Linz) herauskristallisieren, wer gegen Deutschland den Kasten hüten soll. Oschgan könnte über das größte Talent verfügen, ist aber als 2005er noch zwei Jahre jünger als seine Kollegen und ging bei der letzten U18-WM auch völlig unter.

Das Schlüsselspiel gegen Deutschland steigt gerade 22 Stunden nach dem Spiel gegen Kanada, während sich die Deutschen zuvor zwei Tage lang vorbereiten können und dann überhaupt erst ihr drittes Turnierspiele bestreiten. Bevor das große Gejammere einsetzt: Dies ist eben die Konsequenz der bisherigen Platzierungen, die Gruppenletzten starten immer mit dem schlechtesten Spielplan.

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