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Experte erklärt: So scoutet man eine U20-B-WM

Österreich vor dem Aufstieg! LAOLA1-Scout Freimüller berichtet aus Minsk.

Experte erklärt: So scoutet man eine U20-B-WM Foto: © GEPA

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Tag der Entscheidung am Sonntag in Minsk.

Mit einem Sieg nach drei Dritteln und drei Punkten gegen das Tabellen-Schlusslicht Slowenien steht das österreichische U20-Eishockey-Nationalteam nächstes Jahr in der Top-Gruppe der Junioren.

Die Entscheidungs-Partie, am Sonntag um 10:30 Uhr in der weißrussischen Hauptstadt Minsk, hat für das ÖEHV-Team, aber nicht für die NHL-Scouts große Bedeutung – diese sind alle bereits abgereist. Erkenntnisse und Eindrücke von LAOLA1-Experte Bernd Freimüller, wie die internationalen "Talentesucher" solche Turniere wahrnehmen:

 

Wieviele Scouts sind bei einer U20-WM der Division IA vor Ort?

Letztes Jahr bei der WM im deutschen Füssen waren es etwa an die 70 Scouts, diese Woche in Minsk etwas mehr als 40. Ich erkenne zwei Gründe für das abnehmende Interesse:

Mit Moritz Seider stand 2018 ein absoluter Top-Prospect im deutschen Aufgebot. Im Gegensatz zu seiner Rolle in Mannheim spielte er bei der U20-WM viel mehr und vor allem auch im Powerplay, daher war das Turnier eine Pflichtübung vor allem für die nordamerikanischen Scouts. Heuer fehlte (nach der Absage von Marco Rossi) ein solcher Spitzenspieler.

Vor allem Übersee-Scouts trauen den früheren Staaten der Sowjetunion immer noch nicht über den Weg. Einige von ihnen zittern davor, bei einem Fehltritt gegen den Kommunismus in den Gulag zu müssen. Alles natürlich völlig veraltert und Blödsinn, aber aus einigen Köpfen nicht wegzubringen. Minsk war - was die Stadt und die Organisation des Turners betrifft - wieder einmal erstklassig, die Anreise auch aufgrund der aufgehobenen Visa-Pflicht einfach, aber Füssen und die deutschen Biere waren für viele Kollegen halt verlockender.

Wie lange bleiben sie beim Turnier?

Immer nur zwei Tage und das meist gleich zu Beginn. In Schweden stand diese Woche ein U18-Camp mit Spielen an, viele von den Scouts reisten von Minsk gleich dorthin. Spieler haben also zwei Spiele Zeit, auf sich aufmerksam zu machen – oder gar nur eines. Das Mittagsspiel am zweiten Tag zwischen Slowenien und Dänemark spritzten einige Scouts, sie hatten von beiden Teams schon am Vortag genug gesehen.

Wen beobachten die Scouts bei diesem Turnier?

Natürlich Cracks, die von den europäischen bzw. nordamerikanischen Regionalscouts in dieser oder der Vorsaison herausgehoben wurden – zu dieser Gruppe gehört etwa Thimo Nickl. Da die WM aber aus Ländern besteht, deren Ligen nicht gecovert werden, gibt es natürlich viele unbekannte Spieler. Diese werden per Marker auf den Kaderlisten wie folgt unterteilt:

Die wichtigste Gruppe: Erstjährige Spieler für den Draft – also Spieler vom 16. September 2001 bis zum 15. September 2002. Sie werden unbedingt farblich herausgehoben und genau beäugt. Die meisten von ihnen tragen Vollvisiere, aber sich nur darauf zu verlassen, wäre fatal – einige ältere Spieler und natürlich die Underager (späte 2002er- und 2003er-Jahrgänge) tragen diese auch.

Gedraftete Spieler – eine gute Gelegenheit, diese Spieler zu beobachten, auch wenn es nur vier bei diesem Turnier waren: Beide dänischen Goalies sowie die Weißrussen Kolyachonok und Protas.

Eine weitere Gruppe für einen andersfärbigen Marker sollten die Underager sein - der kleine Däne Marcus Almquist, der schon bei der letzten U18-B-WM überragte, bekam sicher Reports. Diese Spieler sind aber Kann- und keineswegs Muss-Reports.

Auch möglicherweise eingefärbt: Spieler, die erst durch einen Draft gegangen sind (späte 2000er und der 2001er-Jahrgang).

Jeder Scout hat hier seine eigenen Methoden, aber das Hauptaugenmerk legen alle auf die erstjährigen Draftjahrgänge – Spieler, die schon durch einen oder gar zwei Drafts gegangen sind, gelten ein bisschen als angefault, auch wenn der Altersunterschied ja geringfügig ausfallen kann.

Wird Benjamin Baumgartner aufgrund seiner überragenden WM gedrafted?

Der österreichische Center ist den Scouts schon seit Jahren ein Begriff, spielt schon seine dritte U20-WM (die zwei U18-C-WMs wurden kaum gescoutet) und hat ja sogar Senioren-WM-Erfahrung.

Baumgartner bei der A-WM 2019
Foto: © GEPA

Er präsentierte sich in Minsk irrsinnig leichtfüßig und spielfreudig, kreierte eine Unzahl von Torchancen, gewann viele Key-Faceoffs und neigte bei seinen Einsätzen die Eisfläche stets Richtung gegnerisches Tor. Er war bis jetzt der überragende Spieler bei der WM – doch reicht das für einen Draft? Gegen ihn spricht, dass er schon durch zwei Drafts gegangen ist (hätte nach dem nächsten Sommer sogar noch einen vierten vor sich!) und seine überschaubaren Körpermaße. Die NHL-Scouts vergleichen ihn auch nicht mit Spielern bei dieser WM (wo kaum ein neuer Name positiv auffiel), sondern mit denen der Top-Nationen.

Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass der eine oder andere Scout in der zweiten Saisonhälfte nochmals in Davos vorbeischaut, um Baumgartner dort in seinem Klubteam zu sehen. Auf eine Nominierung zur B-WM in Ljubljana zu warten (ohnehin ein kaum gecovertes Turnier), wäre eher kein probates Mittel.

Egal ob mit oder ohne Scouting-Coverage – Österreich hat gegen Slowenien die Riesenchance, zum ersten Mal seit 2008 wieder den Aufstieg unter die Top-10 zu schaffen. Bei entsprechender Einstellung – die bisher bei jedem Spiel erstklassig war – sollte das zu schaffen sein, vor allem, wenn sich wie bisher keiner der Spieler über das Team stellt. Eine sehr gute WM könnte mit einem Sieg und der Teilnahme an der A-WM in Kanada gekrönt werden...

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