news

U20-WM: Die Antworten auf die brennendsten Fragen

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller klärt über das Turnier auf:

U20-WM: Die Antworten auf die brennendsten Fragen Foto: © GEPA

presented by

Das letzte Highlight des Eishockey-Jahres, die U20-Weltmeisterschaft in Kanada, wird von 25. Dezember 2020 bis 5. Jänner 2021 über die Bühne gehen.

Doch wie die meisten Großereignisse in diesem ungewöhnlichen Jahr, zeigt sich das wichtigste Junioren-Turnier im Eishockey völlig verändert. Das Coronavirus sorgt für zahlreiche Anpassungen und Veränderungen, die nötig geworden sind.

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller bewahrt wie gewohnt den Überblick und weiß die Antworten auf die brennendsten Fragen im Bezug auf die U20-WM.

Worum geht es bei diesem Turnier überhaupt?

Um den Weltmeistertitel in der Altersgruppe Unter 20, heuer also den Jahrgängen 2001 und jünger. Dieses Turnier wird alljährlich um Weihnachten und Neujahr ausgetragen und vordatiert, heuer handelt es sich damit um die WM 2021.

Also das gleiche wie die Senioren-WM jeden Mai?

Nicht ganz – während bei der Senioren-WM 16 Teams zugelassen sind, sind es bei den Junioren in der Topgruppe (egal ob U20 oder U18) zehn. Die darunterliegenden Turniere wie etwa die Division 1A (vulgo B-WM), bei der Österreich über Jahre Stammgast war, umfassen jeweils sechs Teams und werden vor und nach der A-WM ausgetragen. Jeweils ein Team steigt auf oder ab.

Wer sind denn die Favoriten bei diesem Turnier?

Die USA, Gastgeber Kanada und Finnland teilten sich die letzten WM-Titel untereinander auf. Dazu kommen noch Russland und Schweden. Die Tre-Kronor weisen eine bemerkenswerte Serie auf: Sie sind seit 2006 in 52 Gruppenspielen ungeschlagen! Für den WM-Titel reichte es aber nur 2012. Das (bis auf die Goalie-Position) prominent besetzte Team Canada gilt aber doch als Top-Favorit. 

Ist nicht eine Gruppe wesentlich stärker als die andere?

Das kann man so sehen – Österreich hat es etwa mit Russland, den USA, Schweden und der Tschechischen Republik gleich mit vier starken Teams zu tun.

In der Gruppe A stehen dagegen neben Kanada und Finnland mit der Slowakei, Schweiz und Deutschland eher drei auf dem Papier schwächere Teams.

Die Gruppen werden nach dem Abschneiden des Vorjahres zusammengestellt und nicht frei gewählt. Nachdem die Schweiz als Fünfte des Vorjahres klassiert war, brachte das das Teilnehmerfeld ein wenig durcheinander. Auch vor zwei Jahren waren die Schweizer Vierte, daher musste Aufsteiger Deutschland letztes Jahr in die Todesgruppe mit den USA, Russland, Kanada und Tschechien, ähnlich also wie Österreich heuer.

Hat da Österreich überhaupt eine Chance auf einen Punktegewinn?

Nach menschlichem Ermessen: nein. Jedes Spiel, nein jedes Drittel, das eng gehalten werden kann, ist schon ein Erfolg. Tschechien gilt als Anwärter auf Platz 4 in unserer Gruppe und wie jedes Jahr bibbern deren Fans schon um den Viertelfinalplatz. Das ist allerdings übertrieben: Unter ähnlichen Augurenrufen verloren sie zwar letztes Jahr gegen Deutschland, bezwangen aber auch Russland und holten einen Punkt gegen die USA. Aber realistischerweise könnte das das engste Spiel werden, wenn Österreich in diesem letzten Gruppenspiel noch Benzin im Tank hat. Doch auch Tschechien ist für das rot-weiß-rote Team, das oft in der B-Gruppe gegen den Abstieg spielte, normalerweise weit außer Reichweite. Die A-WM ist ganz einfach eine andere Welt für das rot-weiß-rote Team, das in der B-WM auch oft gegen den Abstieg kämpft.  

 

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

Ist Österreich also Fixabsteiger?

Egal was kommt: Österreich wird zum ersten Mal in der Geschichte dieses Turniers mindestens zwei Jahre hintereinander in der A-Gruppe spielen. Denn durch Covid wurden alle niedrigeren WMs abgesagt, es gibt keine Aufsteiger, dadurch auch keinen Absteiger. Die Relegationsspiele der beiden Gruppenletzten (normalerweise „Best-of-three“) entfallen, die beiden Fünfplatzierten können nach vier Spielen den Heimweg antreten. Ein Überkreuzvergleich dieser beiden Teams entscheidet über die Setzliste für nächstes Jahr.

Die beiden letzten A-WM-Teilnahmen von Österreich (2004, 2010) endeten mit den sofortigen Wiederabstiegen, in insgesamt 13 Spielen reicht es nur zu einem Punkt. Tordifferenz: 19:78.

Wie viele Spieler umfassen denn die WM-Kader?

Bis zur letzten WM 23 (3 Goalies und 20 Skater), ab heuer 25. Das ist gar nicht durch Covid bedingt – letztes Jahr verletzten sich sowohl bei Finnland und Tschechien einige Spieler sehr früh, sodass schon bald nach der WM eine Aufstockung um zwei Spieler (analog zur Senioren-A-WM) beschlossen wurde.

Österreich flog mit 27 Spielern nach Edmonton. Im Laufe und zum Ende der Vorbereitung werden ein Stürmer und ein Verteidiger noch nach Hause geschickt. Am Aufstellungsbogen für jedes Spiel sind dann zwei Goalies und 20 Feldspieler zugelassen, ein Goalie und zwei Skater müssen zuschauen.  

Wie sehr beeinflusst denn Covid das Turnier?

Grundsätzlich muss man froh sein, dass es überhaupt stattfindet – lediglich die Top-Gruppen der Senioren, U20 und U18 werden heuer ausgespielt. Ohne den Aufstieg in Minsk im letzten Jahr wäre die rot-weiß-rote U20 heuer ohne Spielpraxis geblieben.

Normalerweise wäre eine Gruppe für Edmonton, die Österreich-Gruppe für Red Deer vorgesehen gewesen. Durch Covid finden aber alle Spiele in Edmonton statt. Das dortige Rogers Place hat schon Erfahrungen mit einer Bubble aus den NHL-Playoffs.

Der erweiterte Kader war schon seit 6. Dezember in St. Pölten von der Öffentlichkeit abgetrennt. Die 27 Spieler, die am 13. Dezember in einem Charterflug gemeinsam mit der Slowakei und Tschechien aus Wien flogen, waren ab der Ankunft bis inklusive 17. Dezember in Einzelzimmern untergebracht, die sie nicht verlassen durften. Erst am 18. Dezember durften sich die Teams wieder zwischen dem Hotel und der Halle bewegen und – so negativ getestet – das Training aufnehmen.

Alle Spieler mussten während der Camps drei negative PCR-Tests aufweisen. Aus Covid-Gründen musste Teamchef Roger Bader gleich auf sieben Spieler verzichten, darunter die Topverteidiger Timo Nickl und Kilian Zündel. Andere Nationen erwischte es mehr oder weniger stark: Tschechien und die Slowakei etwa vermeldeten nur negative Tests, bei den Schweden fielen dafür neben vier Cracks auch fast alle Coaches aus.

Wie ist denn Österreich überhaupt zu dieser WM gekommen?

Durch den Sieg bei der Division 1A im letzten Dezember in Minsk, immerhin gegen Gegner wie Lettland, Belarus, Dänemark und Norwegen, alle im Seniorenbereich weit vor Österreich gereiht. Das war natürlich eine Sensation, allerdings war die Kombination der Jahrgänge 2000 und 2001 schon seit Jahren hoch angesehen. Im U18-Bereich schaffte dieses Team allerdings nicht einmal den Aufstieg aus der C-Gruppe, sprich den Weltranglistenplätzen 17-22.

Wie viele Österreicher sind denn aus dem Aufstiegsteam noch dabei?

Sieben: die Defender Luis Lindner, Timo Pallierer, Jacob Pfeffer sowie die Stürmer Tim Harnisch, Senna Peeters, Lucas Thaler und Leon Wallner. Thimo Nickl fällt wegen Covid aus. Das bereits im Vorfeld öfters aufgekommene Gewinsel, wie arm doch die 2000er wie Benjamin Baumgartner, Ali Schmidt oder David Maier wären, dass sie nicht die Früchte des Aufstiegs ernten dürften, ist natürlich nicht ernst zu nehmen. Das passiert jedem Aufsteiger, dass die besten Spieler oft die ältesten und daher ein Jahr später nicht mehr zugelassen sind. Genauso könnte man darüber klagen, warum denn keine Mädchen an diesem Turnier teilnehmen dürfen.

Welche Österreicher haben denn Draftchancen nach diesem Turnier?

Theoretisch fast jeder, außer er ist zu jung (Marco Kasper) oder bereits gedraftet (Marco Rossi). Nur: Spieler der Aufsteiger, die naturgemäß heillos überfordert sind, werden eher selten gedraftet. Ausnahme dabei: Team Deutschland im letzten Jahr, das auch den Klassenerhalt schaffte und von dem mit Tim Stützle, Lukas Reichel und J.J. Peterka gleich drei 2002er hoch gedraftet wurden. Der Rest des Teams ging aber leer aus.

Logischerweise haben im Geschosshagel, dem sich die Aufsteiger oft stellen müssen, die Goalies (Sebastian Wraneschitz bzw. Jakob Brandner) stets eine gute Chance, sich zu bewähren. Senna Peeters könnte an der Seite von Marco Rossi auch nochmals in Rampenlicht rücken, ihm kann man immer Tore zutrauen.    

Vor Ort sind weder Fans noch Scouts zugelassen, lediglich einige Medienvertreter dürfen in die Halle. Die Talentesucher sind also auf die Bilder des übertragenden Senders TSN bzw. anderer Sender und mehr oder minder legalen Streams angewiesen. Der ORF überträgt die beiden Spiele gegen Schweden und Tschechien.  

Welche Spieler nehmen die Scouts denn genau ins Auge?

Grundsätzlich die "späten" 2002er (ab dem 16. September) und die 2003er bis zum 15. September. Diese Spieler waren letzte Saison noch nicht draftberechtigt. 2001er und "normale" 02er sind keine "Pflichtreports", können aber natürlich auch auf sich aufmerksam machen. Vor allem die 02er konnten sich ja aufgrund des Saisonabbruchs im letzten Frühjahr nicht so lange präsentieren wie üblich.

Die Scouts sind nach den vielen Absagen bzw. noch gar nicht gestarteten Saisonen schon notgeil, werden das Turnier sicher genau sezieren. Allerdings: Mit Owen Power (Kanada), Simon Edvinsson (Schweden) und Aatu Räty (Finnland) fehlen schon einige Top-10-Kandidaten aus unterschiedlichsten Gründen.

Die WM ist auch ein guter Anlass, bereits gedraftete Cracks nochmals zu sehen und sie auf ihre Fortschritte abklopfen zu können. Diesmal liegt der Draft allerdings erst knapp drei Monate zurück. So können die Scouts zum Beispiel überprüfen, ob Jack Quinn von Buffalo wirklich zurecht vor seinem Ottawa-67's-Klubkollegen Marco Rossi gezogen wurde. Aber aufpassen: Der Supporting Staff beider ist bei Kanada und Österreich natürlich verschieden.

Kommentare