Wer hätte das gedacht?
Anstatt nach dem Punktgewinn gegen die USA überglücklich zu sein, trauert manch einer im ÖEHV-Team den "verlorenen" Zählern nach.
Österreich führte bei der Eishockey-WM bis elf Minuten vor dem Ende gegen die Nordamerikaner mit 2:1, kassierte aber den Ausgleich und musste sich schließlich mit 2:3 in der Overtime geschlagen geben.
"Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Natürlich hätten wir gerne noch den zweiten Punkt geholt - oder gar drei Zähler. Aber man muss schon sagen, dass die Amerikaner sehr viele Chancen gehabt haben. Wir haben hervorragend verteidigt und das ist ein sehr guter Punkt. Das war eine großartige Leistung von uns", freute sich Österreichs Head Coach Roger Bader mit leichtem Bedauern in der Stimme.
Stimmung nach der Niederlage "trist"
Auch Ali Wukovits, Assistgeber zum zwischenzeitlichen 2:0, wusste nicht so recht, wie er sich fühlen soll. Einerseits wäre ein Punkt gegen die USA "okay", es sei bitter, in der Overtime zu verlieren. Andererseits könne das Team "im Großen und Ganzen mit der heutigen Leistung sehr zufrieden sein."
Eishockey-Juwel Marco Kasper, der mit seiner tollen Vorarbeit zum 1:0 durch Benjamin Nissner aufzeigte und zum ÖEHV-Spieler der Partie gewählt wurde, sagte nach der Partie: "Es ist schade, dass wir noch zwei Punkte verloren haben. Aber es ist super für uns, dass wir gegen die USA nach 60 Minuten ein 2:2 geschafft haben."
Entscheidend für die Niederlage in der Verlängerung war der Puckverlust von Brian Lebler in der 64. Minute, der das Solo von Luke Hughes ermöglichte. David Kickert war bei dem wuchtigen Schuss im Eins-gegen-Eins mit dem 18-Jährigen chancenlos. Besonders bitter: Wenige Sekunden zuvor hatte Peter Schneider nur die Stange getroffen.
Dass die Stimmung in der Kabine sofort nach dem Match "ein bisschen trist" sei, verriet der Goalie nach dem Spiel. "Aber der Punkt hilft uns und die Richtung stimmt", fügte der 28-Jährige hinzu.
"Unglaublich" ist das Wort, das es beschreibt
Im Allgemeinen überwog aber die Freude über den erreichten Punkt. "Unglaublicher Kampfgeist, unglaubliche Solidarität, unglaubliche Energie", konstatierte Bader.
Verteidiger Dominique Heinrich schloss sich diesem Tenor an und betonte, wie zufrieden er ist: "Ein unglaubliches Spiel von der ganzen Mannschaft - von David Kickert bis zu den Stürmern. Es war ein unglaublicher Kampf heute. Wir können stolz sein, heute sind wir endlich mit einem Punkt belohnt worden für die letzten Spiele, in denen wir uns wirklich gut geschlagen und wirklich gut gespielt haben."
Den starken Zusammenhalt im Team betonten auch Kickert und Wukovits. "Wir haben einfach einen super Team-Spirit. Wir sind eine unglaubliche Mannschaft, wir sind unglaublich zusammengewachsen, das sieht man auf dem Eis", so der Salzburg-Stürmer.
Als "sehr positiv für den Kopf" sah Lukas Haudum das Spiel gegen die USA: "Das 2:3 gegen die USA nehmen wir, wir können schon stolz auf uns sein." Man müsse den Schwung und die positive Energie mitnehmen.
Bader nicht überrascht
Dass das ÖEHV-Team rund um Kapitän Thomas Raffl körperlich mit den USA mithalten konnte, erklärte sich Bader mit dem "Mammutprogramm" in der Vorbereitung: "Genau deshalb können wir mit solchen Nationen (Schweden und USA, Anm.) physisch mithalten."
Österreich versteckte sich keineswegs, ging in der 15. Minute durch Nissner mit 1:0 in Führung, in der 35. erhöhte Paul Huber sogar auf 2:0. Es dauerte jedoch nur 17 Sekunden bis zum Anschlusstreffer der USA.
"Ich habe schon gewusst, dass die Amerikaner irgendwann ihr erstes Tor schießen werden, natürlich hätte es auch ein bisschen später sein dürfen. Ich habe gewusst, dass wir das zweite Tor brauchen und im letzten Drittel habe ich gewusst, dass wir das dritte Tor brauchen. Wir wollten schon das dritte Tor schießen, weil der Druck einfach enorm war", erklärte Bader.
"Das war natürlich sehr bitter. Der erste Wechsel danach (nach einem Tor, Anm.) ist immer sehr wichtig. Es geht aber so schnell, das sind Top-Spieler, das ist oft schwer zu verteidigen", fügte Kasper hinzu.
Goalie-Frage offen
Das hohe Tempo im Spiel sprach auch Kickert an: "Es gibt keine Zeit zum Nachdenken, nur zum Reagieren und ich glaube, dass uns das gefällt", meinte der Goalie. Langweilig wurde ihm jedenfalls nicht, die USA schossen 39 Mal auf sein Tor.
Drei Mal musste Kickert den Puck passieren lassen, er kam dennoch auf eine Save Percentage von 92,31 Prozent und damit auf eine höhere als Bernhard Starkbaum in der Partie gegen Schweden (89,66 Prozent).
Der Goalie-Wechsel war von vornherein geplant, wer die Partie gegen Tschechien (am Dienstag ab 15:20 Uhr im LIVE-Ticker) bestreiten wird, ist noch offen. "Das ist eine Frage für den Teamchef", verwies Kickert auf Bader.
Dieser muss demnächst eine weitere Entscheidung treffen. Bei Benjamin Baumgartner sieht es nach seiner Unterkörperverletzung, die er sich bei einem harten Check zugezogen hatte, "eher schlecht aus". Sollte der noch nicht gemeldete Clemens Unterweger nicht fit genug sein, muss man darüber nachdenken, einen neuen Spieler nachzuholen.
Paroli gegen die USA geboten - "außergewöhnliche Leistung"
Rückblickend auf das Match gegen die USA sah Wukovits jedenfalls ein "sehr strukturiertes Spiel" in der defensiven Zone. Ein Verhalten, dem er den Punktgewinn zuschrieb. Die Overtime-Niederlage in der Overtime sei zwar "bitter", man müsse aber nach vorne schauen.
"Vor allem die ersten zwei Drittel waren richtig stark von uns. Der "Kicks" (David Kickert, Anm.) hinten im Tor hat richtig gut gehalten. Im dritten Drittel haben wir dann leider ein bisschen früh die Scheibe weggeschmissen und deswegen haben die USA dann auch ausgeglichen", resümierte Kasper bis zum 2:2. Am Ende hätten die US-Amerikaner sicherlich mehr vom Spiel gehabt, fasste auch Heinrich zusammen.
"Wenn eine österreichische Nationalmannschaft mit 13 WM-Neulingen einer amerikanischen Mannschaft Paroli bieten kann, dann ist das schon eine außergewöhnliche Leistung - und das nach dem Spiel am Vortag gegen Schweden. Es war schon enorm, was die Mannschaft geleistet hat", fand Bader positive abschließende Worte.