Viel spannender hätte es Österreich bei der Eishockey-WM in Finnland nicht machen können.
Im letzten und entscheidenden Spiel lag man gegen Großbritannien lange mit zwei Treffern zurück, fünf ÖEHV-Tore im letzten Abschnitt brachten aber die Wende und den Klassenerhalt nach dem 5:3-Sieg. Es ist nach 2018 (Anm: in Kopenhagen) erst der zweite in den vergangenen 18 Jahren.
"Unglaublich, was die Mannschaft geleistet hat! Wir haben gezeigt, dass wir als Team unglaublich spielen können und ich bin unheimlich stolz auf die Jungs und überglücklich", strahlte Peter Schneider nach der Partie.
Neben Dominique Heinrich und Benjamin Nissner wurde er als einer der besten österreichischen Spieler des gesamten Turniers ausgezeichnet. Es ist kein Zufall, dass alle drei Cracks von Red Bull Salzburg kommen, alleine gegen die Briten wurden alle fünf Tore Österreichs von "Mozartstädtern" geschossen.
"Ich würde nicht sagen, dass wir (Anm: Die Spieler von Salzburg) den Sieg mehr erarbeitet haben als alle anderen, es war jeder beteiligt und das ist die Stärke unserer Mannschaft: Dass jeder involviert ist, die Eiszeit wird auf alle aufgeteilt und jeder hat den Erfolg gleichermaßen verdient", meinte Kapitän Thomas Raffl.
Denkbar schlechter Beginn wegen Nervosität
Doch beginnen wir von vorne: Österreich erwischte keinen guten Start in das so wichtige Spiel, Großbritannien übernahm schnell das Kommando. "Vielleicht waren wir ein bisschen nervös", erklärte Benjamin Nissner und fand Zustimmung bei Manuel Ganahl ("Ein bisschen Nervosität ist normal.").
Und Thomas Raffl: "Man muss es einfach objektiv sehen, wir haben eine junge Truppe gehabt. Wir haben ein sehr gutes Turnier gespielt, die Emotionen gehen hoch. Und dann hat man am Ende ein Spiel, wo es um alles geht - alles oder nichts. Natürlich spielen die Nerven da eine Rolle."
Auch Teamchef Roger Bader, der zum 100. Mal als ÖEHV-Trainer an der Bande stand, war sich dessen bewusst: "So eine gute WM gespielt zu haben und eventuell noch alles zu verlieren: Diese Angst hat mitgespielt und das hat auch gelähmt."
Großbritannien schoss bis zur 22. Minute zwei Treffer, Österreich lief bis zu diesem Zeitpunkt nur hinterher. "Wir sind sehr schlecht in die Partie gestartet, das erste Drittel war das mit Abstand schlechteste von der ganzen WM. Wir waren das Gegenteil von dem, was uns sonst auszeichnet. Wir waren passiv, insbesondere im Boxplay, was unsere Stärke ist", so der Schweizer.
Große Steigerung im letzten Drittel
Doch nach und nach fand das Team rund um Kapitän Thomas Raffl besser ins Spiel.
Das letzte Drittel, in welchem man auf drei statt vier Linien umstellte, entwickelte sich zu einem Thriller. Nach dem Anschlusstreffer von Ali Wukovits im Powerplay (45.) bauten die Briten ihren Vorsprung rasch wieder aus (47.), Dominque Heinrich wusste wenige Sekunden später zu antworten (48.).
"Im dritten Drittel haben wir dann langsam unseren Spielrhythmus gefunden, angefangen, ihnen Zeit und Raum zu nehmen und am Ende sind Gott sei Dank die Scheiben für uns gehüpft. Ich bin stolz auf die ganze Mannschaft", so Raffl.
Der für Österreich zu diesem Zeitpunkt wichtigste Treffer - der Ausgleich zum 3:3 - fiel in der 52. Minute, offizieller Torschütze war Nissner, der Puck prallte wohl aber von einem gegnerischen Verteidiger ab. "Ich habe einfach nur versucht, die Scheibe zum Tor zu bringen und mit ein bisschen Glück ging sie rein", so der 24-Jährige.
In diesem Augenblick war der Klassenerhalt vorläufig gesichert, weil Österreich dafür nur ein Unentschieden nach 60 Minuten benötigt hätte. Thomas Raffl und Peter Schneider machten in den letzten beiden Minuten aber alles klar.
"Im Endeffekt sind wir dann glücklich - aber über das Turnier gesehen - hochverdient als Sieger vom Eis gegangen", erklärte Manuel Ganahl.
Vertrauen in sich selbst war da
Es waren natürlich aber nicht nur die Torschützen, die maßgeblichen Anteil an dem Erfolg hatten. Goalie Bernhard Starkbaum, der auf eine Fangquote von knapp unter 90 Prozent kam, war es zu verdanken, dass man im zweiten Abschnitt nicht schon höher im Rückstand lag. Er zeigte mehrere "Big Saves" im Eins-gegen-Eins mit britischen Gegenspielern.
"Ich denke, ich habe nur meinen Teil beigetragen. Wir haben vielleicht nicht so begonnen, wie wir das gewollt haben, aber wie wir gekämpft haben und zurückgekommen sind - unglaublich. Ich bin einfach nur Teil der Mannschaft und ich bin richtig stolz darauf, ein Puzzleteil dieses unglaublichen Teams zu sein", zeigte sich der 36-Jährige überglücklich.
Trotz des schlechten Starts hatte Österreich nie Zweifel an sich selbst. "Die Mannschaft hat immer an sich geglaubt", versicherte Dominque Heinrich.
"Gezweifelt habe ich nicht, aber ich habe gewusst, wir müssen besser spielen. Ich habe gewusst, wir können noch besser spielen, wir haben noch viel Luft nach oben und das haben wir im dritten Abschnitt gezeigt", ergänzte Salzburg-Teamkollege Peter Schneider, der neun Punkte (drei Tore, sechs Assists) in sieben Spielen sammelte und in der Scorer-Wertung zwischenzeitlich auf dem dritten Platz liegt.
"Das Menschliche war erstklassig"
Bei allen herrschte Einstimmigkeit über die Wichtigkeit des Zusammenhalts, dieser wurde auch von Head Coach Roger Bader immer wieder betont: "Ich glaube, die Mannschaft als Gruppe - nicht vom Standpunkt des Eishockeys gesehen - ist über Wochen zusammengewachsen. Es sind so viele sehr gute Typen in der Mannschaft, die Mischung von 13 WM-Neulingen mit routinierten Spielern war optimal. Das Menschliche war erstklassig. Ohne dem wären wir heute nicht zurückgekommen. Weil wir so ein gutes Team sind, konnten wir das schaffen."
Österreich erreichte sieben Punkte bei der WM, was den 57-Jährigen "sehr zufrieden" stellte. Auch Bernhard Starkbaum und Peter Schneider waren von den eigenen Leistungen sehr angetan.
"Was wir da die ganzen sieben Spiele geleistet haben - da muss ich echt den Hut vor der Mannschaft ziehen. Respekt, wie die Burschen gekämpft haben. Ich bin einfach nur froh, Teil dieser Mannschaft zu sein", so der Goalie. Peter Schneider sprach von einer "sehr guten WM".
Platz sechs ist machbar
Für Österreich ist das Turnier trotz der drei Punkte gegen Großbritannien nun beendet, die Möglichkeit auf das Viertelfinale habe man sich bei dem Spiel gegen Norwegen (3:5-Niederlage, Anm.) genommen, so Roger Bader.
"Aber jetzt wollen wir nicht überheblich werden. Schlussendlich sind wir von unten gekommen, wie die Franzosen auch, und so wie es ausschaut haben wir die Möglichkeit, in unserer Gruppe den sechsten Platz zu holen und das wäre schon ein großer Erfolg", fand der Schweizer.
Das beste Resultat seit 2004 ist jedenfalls fix, denn ein Endrang unter den besten 13 Mannschaften ist dem ÖEHV nicht mehr zu nehmen.
"Ich werde heute schon noch feiern", verriert der Head Coach und Peter Schneider sprach von "ein oder zwei Bier", die man sich noch gönnen würde. Prost!