Wenn Österreich am Samstag gegen Frankreich in die Eishockey-WM 2023 startet (ab 11:20 Uhr im LIVE-Ticker >>>), werden viele Augen auf Marco Rossi gerichtet sein.
Der 21-jährige Vorarlberger verstärkt das ÖEHV-Team nach dem Erstrunden-Aus der Minnesota Wild in den NHL-Playoffs und will eine Saison mit Höhen und Tiefen positiv abschließen.
Vor dem WM-Start beleuchtet Rossi im LAOLA1-Interview die vergangene Spielzeit, die er nach insgesamt 19 Spielen in der NHL hauptsächlich beim AHL-Farmteam Iowa Wild verbracht hat. Welche Lehren er daraus zieht und warum die Salary-Cap-Situation der Wild ein Vorteil für ihn ist, erklärt Rossi ebenfalls.
Außerdem spricht der junge Angreifer über die anstehende WM und die "Mission Klassenerhalt":
LAOLA1: Wie hast du die letzten Tage vor dem Abflug nach Helsiniki verbracht?
Rossi: Ich war nochmal zuhause, habe mit der Familie und meiner Freundin regeneriert und die Tage genossen.
LAOLA1: Wie gut hat dir die Zeit in der Heimat nach einer ereignisreichen Saison und einer in wenigen Tagen anstehenden Weltmeisterschaft getan?
Rossi: Es tut immer gut, ein wenig zuhause zu sein - vor allem nach der langen Saison. Wieder im Nationalteam zu sein, macht sehr viel Spaß. Man kennt die meisten Spieler schon sehr lange und die Freude ist groß, sie wieder zu sehen.
LAOLA1: War es für dich selbstverständlich zum Nationalteam zu kommen und die WM zu spielen, sollte sich die Chance ergeben?
Rossi: Wenn ich in Nordamerika bin, ist der Gedanke nur dort. Aber als wir ausgeschieden sind, wollte ich unbedingt bei der Weltmeisterschaft dabei sein. Ich habe meinem Agent sofort gesagt, dass ich unbedingt mitspielen will und deshalb freue ich mich jetzt enorm.
LAOLA1: Wie fiel die Reaktion der Minnesota Wild aus, wurden dir Steine in den Weg gelegt?
Rossi: Nein, gar nicht. Wenn wir die Möglichkeit haben, unser Land zu repräsentieren, wollen sie, dass wir diese auch nutzen. Wir haben auch gar nicht viel darüber geredet. Ich habe sie gefragt, ob es in Ordnung geht und ihre Antwort war: "Auf jeden Fall".
"Jetzt ist der Wille und die Motivation noch größer, weil wenn du einmal oben bist, dann willst du nicht mehr unten sein."
LAOLA1: Letztes Jahr warst du aufgrund einer in den Playoffs erlittenen Verletzung nicht bei der WM dabei. Ist es umso schöner, dass Österreich erneut in der Top-Divison spielt und du diesmal auch dabei sein kannst?
Rossi: Auf jeden Fall. Letztes Jahr war es etwas bitter für mich, darum freue ich mich jetzt umso mehr. Die Vorfreude ist sehr groß.
LAOLA1: Bevor wir näher auf die WM eingehen: Wie würdest du deine Saison in der NHL/AHL rekapitulieren?
Rossi: Im Großen und Ganzen eigentlich sehr positiv. Sicher waren viele Höhen und Tiefen dabei, aber ich glaube, man braucht einfach einmal so ein Jahr, wo es nicht perfekt geht, weil man viel daraus lernen kann. Es tut ab und zu einmal gut, solche Phasen zu durchlaufen. Für die nächste Saison weiß ich, woran ich arbeiten muss. Jetzt ist der Wille und die Motivation noch größer, weil wenn du einmal oben bist, dann willst du nicht mehr unten sein. Ich bin noch hungriger.
LAOLA1: Wie bist du mental mit den angesprochenen Höhen und Tiefen umgegangen?
Rossi: In dem Moment war es nicht einfach. Rückblickend ist es aber sicher etwas Positives gewesen, weil ich mich selbst nochmal besser kennengelernt habe. Wenn es einmal nicht so gut läuft, dann weiß ich, was ich tun muss, damit es wieder bergauf geht - umgekehrt genauso. Wenn ich gut spiele, muss ich schauen, wie es so weitergehen kann. Das sind Kleinigkeiten, die aber einen enorm großen Unterschied machen. Es gibt einfach Saisonen, wo es einmal nach Wunsch läuft, aber du brauchst solche Phasen, weil diese dich schlussendlich zu einem stärkeren Spieler machen.
LAOLA1: Du hast die Saison nach einer beeindruckenden Preseason im NHL-Team gestartet. Nach 16 Spielen, in denen es nicht nach Wunsch lief, wurdest du nach Iowa zurückgeschickt. Wie war der Austausch mit den Verantwortlichen zu dieser Zeit?
Rossi: Die Preseason war eigentlich sehr stark, doch als die Regular Season gekommen ist, war es wie verhext. Der Puck ist nicht reingegangen, dann kam etwas Pech dazu. Die Trainer waren aber sehr positiv, haben gesagt, dass ich noch so jung bin, eine große Karriere vor mir habe und viele Jahre in Minnesota spielen werde. Ich sollte mir nicht zu viele Gedanken machen, weil jeder Spieler einmal so eine Phase hat, wo es nicht so gut läuft. Das ist nichts Negatives. Natürlich lerne ich daraus und greife im Sommer voll an, um nächstes Jahr wieder oben zu spielen.
LAOLA1: Letzten Endes wird der Schritt zurück in die AHL auch aus deiner Sicht der richtige gewesen sein?
Rossi: Auf jeden Fall. Es ist sicher nicht einfach, wenn du runtergehst, weil die Erwartungen und der Druck natürlich noch größer sind. Für mich war es im Großen und Ganzen aber sehr positiv, weil ich mehr spielen konnte. Ich habe mehr Eiszeit bekommen, konnte mehr an Kleinigkeiten im Spiel arbeiten. Für das Selbstvertrauen war es sicher top, weil es in Iowa sehr gut gelaufen ist.
LAOLA1: Hattest du während der Saison Kontakt mit Minnesota?
Rossi: Es wurde nicht viel miteinander gesprochen. Als ich in der NHL war, waren die Gedanken nur dort, umgekehrt in der AHL dann genauso. Wenn ich zu viel nachdenke, was oben passiert, mache ich mich selbst verrückt und mir unnötigen Druck. Genau den Fehler wollte ich nicht machen. Aber natürlich kommen dann die Development Coaches und sagen, dass man auf dem richtigen Weg sei und genau so weitermachen solle.
"So eine Möglichkeit wird es nicht mehr so oft geben. Darum weiß ich genau, was auf mich zukommt. Die Franchise will von mir den nächsten Schritt sehen, den erwarte ich auch von mir."
LAOLA1: Zum Ende des Regular Season durftest du nochmal NHL-Luft schnuppern, bist in drei Spielen zum Einsatz gekommen. Wie schätzt du deine eigene Performance ein?
Rossi: Das erste Spiel war ganz gut, danach war es aber sehr stark. Natürlich hat ein Tor gefehlt. Ich glaube aber, wenn mir einmal eines gelingt, dann gibt das nochmal einen Schub. Ich will jetzt aber erst einmal einen großen Schritt machen, um mich dauerhaft festzusetzen.
LAOLA1: Kurz vor deiner Anreise zum Nationalteam gab es noch die sogenannten Exit-Meetings mit den Wild-Verantwortlichen. Was wurde dir mitgegeben, in welchen Punkten sollst du dich konkret verbessern?
Rossi: Ich muss noch stärker und schneller werden, das ist auch ein ganz großes Ziel von mir. Darauf muss ich meinen Fokus legen, vom Spielerischen her muss ich nicht groß etwas ändern. An meinem Schuss werde ich noch etwas mehr arbeiten, dass ich den auch öfters einsetze. Auch wenn ich ein Spielmacher bin, muss ich probieren, mehr zu schießen – ich habe ja einen guten Schuss, habe diesen aber zu wenig eingesetzt.
LAOLA1: Von den Wild werden aufgrund der knappen Salary-Cap-Situation keine großen Verstärkungen im Sommer erwartet. Ist das ein Vorteil für dich?
Rossi: Ja, sicher. So eine Möglichkeit wird es nicht mehr so oft geben. Darum weiß ich genau, was auf mich zukommt. Die Franchise will von mir den nächsten Schritt sehen, den erwarte ich auch von mir. Ich will mehr Verantwortung übernehmen, damit ich diese Möglichkeit auch nutze.
LAOLA1: Jetzt geht es für dich mit Österreich zur WM nach Finnland. In deinem einzigen Testspiel gegen die Slowakei (6:3 in Kapfenberg, Anm.) hast du ein Tor erzielt und ein weiteres vorbereitet. Warst du mit deiner Leistung zufrieden?
Rossi: Ja, doch. Sicher habe ich ein paar Shifts gebraucht, um mich an die größere Eisfläche zu gewöhnen. Man muss viel mehr Eislaufen, das ist doch eine Umstellung. Das Spiel ist auch etwas anders als auf einer kleinen Eisfläche, nicht so körperbetont. Vor dem WM-Start stehen noch ein paar Trainings an, dann wird alles gut sein.
LAOLA1: Welche Erwartungen hat Teamchef Roger Bader an dich?
Rossi: Der Druck ist nicht allzu groß, aber ich weiß selbst genau, wie ich der Mannschaft helfen kann. Das ist mit Toreschießen und meiner Spielübersicht. Ich soll außerdem mehr Kontrolle ins Powerplay reinbringen. Unsere Ziele sind ganz klar, jeder Spieler weiß, welchen Job er machen muss, um dem Team zu helfen und eine erfolgreiche WM zu spielen.
LAOLA1: Du hast gegen die Slowakei mit Mario Huber und Dominic Zwerger in einer Linie gespielt. Ihr habt für ordentlich Wirbel gesorgt.
"Ungarn ist ein Pflichtsieg, das muss man ganz ehrlich sagen."
Rossi: Das hat sehr gut funktioniert. Ich glaube auch nicht, dass sich unsere Linie verändern wird. Wir reden viel innerhalb der Linie, die Kommunikation ist gut. Ich fühle mich wohl.
LAOLA1: Das große WM-Ziel ist der neuerliche Klassenerhalt, wie siehst du Österreichs Chancen?
Rossi: Der große Gedanke ist sicher, dass wir unbedingt den Klassenerhalt schaffen wollen. Wir wissen, welche Nationen in unserer Gruppe sind. Ungarn ist ein Pflichtsieg, das muss man ganz ehrlich sagen. Gegen Deutschland und Dänemark müssen wir super spielen, dann werden wir auch gegen sie unsere Möglichkeiten haben. Gegen die anderen Top-Nationen ist es natürlich ebenfalls wichtig, gut zu spielen, aber da müssen wir eher schauen, unser Selbstvertrauen nicht zu verlieren, es vielleicht sogar zu pushen. Unser Fokus liegt aber auf dem ersten Spiel, wir dürfen uns keine Gedanken machen, was im zweiten, dritten, vierten oder fünften Spiel auf uns zukommt. Wir schauen jetzt nur auf Frankreich, haben aber eine sehr gute Stimmung in der Mannschaft und probieren, zum Auftakt einen Sieg einzufahren.
LAOLA1: Welche Tugenden werden benötigt, um einen Sieg gegen Frankreich zu holen?
Rossi: Es wird ähnlich wie gegen die Slowakei, da wussten alle, wie wir spielen müssen. Es ist wichtig, dass wir nicht zu viele Veränderungen vornehmen, weil wenn es einmal funktioniert, dann sollte man die Dinge so belassen. Wir haben gesehen, was wir machen müssen, damit es gut läuft. Sicher ist der Respekt vor Frankreich da, aber wir müssen mit Selbstvertrauen spielen.
LAOLA1: Nach dem Auftakt stehen noch sechs weitere Spiele in gerade einmal neun Tagen an. Du kennst dicht gedrängte Spielpläne aus Nordamerika.
Rossi: Das ist sicher ein Vorteil für mich, weil ich es gewohnt bin, viele Spiele in kurzer Zeit zu absolvieren. Damit kann ich auch viele Tipps an meine Teamkollegen weitergeben. Nach der Saison hat man meistens ein paar Wehwechen, ist etwas müde. Ich fühle mich aber topfit, für eine Weltmeisterschaft ist noch Reservetank drinnen.
LAOLA1: Wann würdest du die WM als erfolgreich ansehen?
Rossi: Wenn wir den Klassenerhalt schaffen. Danach muss man schauen, wenn wir aber positiv denken, haben wir auch gegen die anderen Nationen gute Chancen zu gewinnen. Ich glaube, so eine gute Chance haben wir schon lange nicht mehr gehabt. Der Klassenerhalt bleibt allerdings Ziel Nummer eins.