Barfuß oder Lackschuh, mit einigen anderen Modellen noch dazwischen: Für Österreichs Nationalteam ist vor dem heutigen Spiel gegen Norwegen bei der WM noch alles drinnen (ab 16:20 Uhr im LIVE-Ticker).
Alles zum unvermuteten Szenario:
Die Chance aufs Viertelfinale
Mit drei Punkten könnte das ÖEHV-Team heute sogar an Finnland (gestern 3:5 gegen Kanada) vorbeiziehen, bei Punktegleichheit wäre Österreich aufgrund des Sieges im direkten Duell vorgereiht. Allerdings hat Finnland danach noch zwei Spiele (Montag Dänemark, Dienstag die Schweiz) ausständig, das ÖEHV-Team nur mehr eines (Dienstag gegen Großbritannien).
Theoretisch könnten aber auch die Dänen (bis jetzt sechs Punkte) und Norwegen (drei Punkte) in den Kampf um das Viertelfinale eingreifen – die Dänen spielen aber nur mehr gegen Finnland, die Norweger eben gegen Österreich und Großbritannien, wären aber vom Resultat zwischen den Dänen und Finnland abhängig.
Der Kampf gegen den Abstieg
Da könnte weniger Rechnerei notwendig sein. Österreich könnte sich schon heute den Klassenerhalt sichern, wenn zwei Punkte gegen Norwegen gelingen. Ein Punkt wäre zu wenig, wenn keiner gegen Großbritannien gelingt und die Briten Norwegen nach OT oder SO bezwingen. Das wäre dann quasi eine Neuauflage von Prag 2015. Dänemark ist mit seinen sechs Punkten auf jeden Fall schon gerettet.
Auf jeden Fall wird man schon heute gegen 18.45 Uhr wissen, ob man noch nach oben oder nach unten lugen muss. Das Spiel der Norwegen gegen die Briten findet dann ebenso wie das der Dänen gegen Finnland am für Österreich spielfreien Montag statt.
Die Ausganglage gegen Norwegen
Nach drei Spielen mit sensationellen Leistungen gegen drei Großmächte mit zwei noch sensationelleren Ergebnissen gegen Kanada (6:7 im Tie-Break) und Finnland (3:2 mit der Schlusssirene) wartet jetzt wieder ein „kleinerer“ Gegner auf das ÖEHV-Team. Wobei klein relativ ist: Der letzte Sieg in einem Pflichtspiel gegen die Norsker gelang bei Olympia 2014 in Sotchi (worauf wir heute noch anstoßen). Danach folgten zwei 3:5-Niederlagen (2019 & 2022).
In allen Startdritteln der letzten drei WM-Spiele war das Bader-Team klar unterlegen, ehe es sich mehr als nur fing. So eine klare Dominanz des Gegners würde überraschen, aber ein Stürmen auf Teufel komm raus zu Beginn wäre wohl auch kein Erfolgsrezept. Österreich brauchte bei diesem Turnier bisher überhaupt nicht zu pressen, um zu Chancen zu kommen, die individuelle Klasse der ersten drei Linien ist so hoch wie noch nie. Lediglich eine so große Passivität wie beim Auftakt gegen Dänemark könnte fatal sein.
Im Tor wird wohl David Kickert beginnen, von dem entscheidende Saves zur rechten Zeit (wie gegen Finnland) erwartet werden müssen. Wenn es so kommt, wäre die Goalieposition gegen die Briten wohl weit offen.
Das norwegische Team
Drei Punkte gegen Dänemark stehen bis jetzt auf der Habenseite, die waren auch dringend notwendig, denn gegen die Schweiz, Tschechien, Kanada und Finnland setzte es Niederlagen mit jeweils drei Toren Differenz. Wie für Österreich ist allerdings eben noch das Spiel gegen den Gruppenletzten Großbritannien ausständig.
Die Norweger haben in den letzten Jahren einige altgediente Cracks in den Ruhestand entlassen, seit heuer auch endgültig die Olimb-Brothers. Allerdings entschloss sich völlig überraschend Altstar Patrick Thoresen zu einem Teamcomeback, seine letzte WM liegt fünf Jahre zurück. Ebenso nach langer WM-Abstinenz wieder dabei: Marco Rossis Teamkollege in Minnesota, Mats Zuccarello (seine erste WM seit 2016).
Der 40-jährige Thoresen und der 36-jährige Zuccarello bilden auch die Topreihe und quasi die Gouvernanten für den 18-jährigen Michael Brandsegg-Nygard. Der geradlinige Powerforward wird als Erstrundenpick beim heurigen NHL-Draft erwartet.
Wie Brandsegg-Nygard ein später 2005er und daher heuer erstmals draftberechtigt: Defender Stian Solberg. Der wuchtige Defender spielte bis jetzt ein ausgezeichnetes Turnier und könnte sich ebenfalls in die erste Runde gespielt haben. Durch diese beiden Youngsters ist Norwegen eigentlich das wichtigste Team für NHL Amateur Scouts.
Mit Jonas Arntzen (SHL) und Henrik Haukeland (DEL) verfügen die Norweger über zwei starke Goalies, die sich auch abwechseln. Düsseldorf wurde aufgrund finanzieller Probleme der erst heuer für sechs Jahre abgeschlossene Deal mit Haukeland aber zu heiß unterm Hintern, sucht jetzt einen Abnehmer (viel Glück dabei).
In der Defensive fehlt es doch etwas an Puckmovern und PP-Experten, der Generationenwechsel ist aber in vollem Gange, was nach dürren Nachwuchsjahren dringend notwendig war. Mattias Norstebo ist mit 28 Jahren der älteste Defender.
Im Angriff ist Andreas Martinsen (33) der Mann für den Nahkampf, Top-6-Center Eirik Salsten wird derzeit auch in Mitteleuropa angeboten. Markus Vikingstad stieg in Bremerhaven zu einem sehr soliden DEL-Spieler auf, sein Vater Tore war eine langjährige Stütze des Nationalteams.
Ein bisschen Glück im Unglück hatte Teamchef Tobias Johansson auch bei der Teamzusammenstellung: Zwar fehlt ihm Defender Emil Lilleberg, der mit Syracuse in den AHL-Playoffs beschäftigt ist. Er konnte aber trotz eines vollen Kaders den wendigen Flügel Mathias Emilio Pettersen nachnominieren, der auch gleich Zuccarello ersetzt. Grund dafür war die Verletzung von Mathias Trettenes. Pettersen schied eben erst mit den Texas Stars in der AHL-Endrunde aus.
Die Norweger verfügen über zwei solide Goalies und zwei starke Angriffslinien, dahinter dünnt sich das Talent etwas aus und die Defensive ist körperlich gut, aber etwas „workmanlike“. Kann Österreich endlich einmal den Bock gegen die Nordländer umstoßen?