Die Eishockey-Weltmeisterschaft 2024 ist für Österreich ein voller Erfolg.
Der Klassenerhalt wurde am Sonntag gegen Norwegen vorzeitig fixiert, sogar von der ersten Viertelfinal-Teilnahme seit 30 Jahren darf geträumt werden.
Das Nationalteam hat eine schon lange nicht mehr da gewesene Euphorie entfacht, von der sich der heimische Eishockey-Verband natürlich einiges erhofft.
Am Montag, dem Tag vor dem letzten Gruppenspiel gegen Großbritannien (12:20 Uhr im LIVE-Ticker >>>), hat sich ÖEHV-Präsident Klaus Hartmann ausführlich Zeit genommen und die in Prag anwesenden Medienvertreter, darunter LAOLA1, im Team-Hotel empfangen.
Bei einer gemütlichen Kaffee-Runde stand natürlich das sportliche WM-Abschneiden im Fokus, darüber hinaus äußerte sich der 64-jährige Kärntner, der sich in den nächsten Wochen der Wiederwahl stellen wird, auch zu Österreichs Torhütern und der Legionärs-Regelung in der win2day ICE Hockey League.
Diese Themen werden erst nach dem Ende des WM-Turniers in den Vordergrund gestellt, unter anderem aus Respekt vor den erbrachten Leistungen des ÖEHV-Teams, dem dieser Tage die Präsenz in den Medien gehören sollte.
Die Art des Eishockeys beeindruckt
(Artikel wird unterhalb des Videos fortgesetzt)
Erst seit Freitag weilt der Präsident in Tschechiens Hauptstadt, verpasste dadurch die sensationellen Spiele gegen Kanada und Finnland.
Dafür bekommt der Villacher nun hautnah mit, dass Österreich zahlreiche Fan-Herzen gewonnen hat. "Überall wirst du angesprochen, der Spirit der Mannschaft wird wirklich bewundert. Das ist eine eingeschweißte Truppe, der Zusammenhalt und die Begeisterung sind erkennbar."
Es sei nicht selbstverständlich, dass bei Partien gegen Norwegen ein Großteil der an diesem Tag über 16.500 Zuschauer dem ÖEHV-Team die Daumen drückte. Das hänge auch mit der Art des Eishockeys zusammen, welche die Mannschaft von Teamchef Roger Bader praktiziere.
"Mit Herz, Leidenschaft, Emotionen, auch gegen die großen Nationen offensiv. Da wird nicht defensiv, sondern aktiv und nach vorne gespielt. Das ist schon ein Zeichen", meint Hartmann. Mit insgesamt 19 erzielten Tore liegt Österreich unter den Top 8.
Der ÖEHV-Boss war vor allem von den Auftritten gegen die großen Nationen beeindruckt. "Wir verstecken uns nicht vor ihnen", meint der 64-Jährige und hob das Siegtor gegen Finnland hervor. "In solch einer Situation denkt man sich eher, dass man das 2:2 hält."
Es winken 575.000 US-Dollar
Das Team sah aber seine Chance auf einen letzten Angriff, der bekanntermaßen das viel umjubelte 3:2 mit 0,2 Sekunden auf der Spieluhr einbrachte.
Dadurch hat das ÖEHV-Team eine realistische Chance, in die Runde der letzten acht einzuziehen. Das würde die ausgezahlten WM-Prämien in die Höhe schnellen lassen.
Beim Erreichen des Viertelfinales schüttet der Eishockey-Weltverband (IIHF) 575.000 US-Dollar aus, bei einer Platzierung zwischen neun und zwölf sind es hingegen nur 195.000 US-Dollar. Auf dem 13. und 14. Platz erhält man 95.000 US-Dollar.
Die Spieler würden "sehr gut mit partizipieren", lächelt der Präsident. Der Verband staffelt die Auszahlung wiefolgt: "Auf dem untersten Level liegt die Bemessungsgrundlage bei 80 Prozent, auf dem mittleren Level bei 60 Prozent und beim höchsten bei 40 Prozent."
Bedeutet: Erreicht Österreich das Viertelfinale, erhalten alle 25 Spieler jeweils eine Prämie in Höhe von 9.200 US-Dollar. Etwa die Hälfte, genauer gesagt 4.680 US-Dollar, würden die Cracks bis zum 12. WM-Endrang erhalten.
Außerdem wurden die Tagsätze während der Weltmeisterschaft von 125 auf 150 Euro pro Spieler erhöht. Hartmann rechnet vor: "Alleine die Erhöhung der Taggelder macht 40.000 Euro brutto aus. Das sind beträchtliche Mehrkosten, die entstehen."
"Das kostet natürlich alles Geld"
Was passiert indes mit dem restlichen Anteil der WM-Prämie, den sich der Verband behält? Der Präsident verweist unter anderem auf die Kosten der WM-Vorbereitung, die gedeckt werden müssen.
"Wir haben fünf Camps á 100.000 Euro gehabt, dazu neun Vorbereitungsspiele. Die Indexierungen bei den Hotelpreisen darf man nicht vergessen. Die Spieler waren überall top untergebracht", erklärt der Villacher. "Das kostet natürlich alles Geld."
Der Eishockey-Verband befinde sich "auf einem guten finanziellen Pfad", in Geld schwimme man allerdings nicht, betont Hartmann weiter.
Doch anderen Nationen geht es weitaus schlechter. Norwegen musste teilweise Vorbereitungscamps streichen, da in der Jahresbilanz ein veritables Minus geschrieben wurde.
Österreich schaden etwaige Mehr-Einnahmen sicher nicht. "Wir brauchen diese für Sommer- und Trainingscamps, vor allem im Nachwuchsbereich. Die Frauen spielen auch ein intensives Programm, wir benötigen daher jeden Euro."
Der Präsident hofft, "den Drive von dieser WM im Sponsoring voll mitnehmen zu können." Gespräche hätte er bereits geführt, genaue Namen wollte der 64-Jährige nicht nennen. Österreichs Werbewert sei in den letzten zwei Jahren aber um gut 10 Millionen Euro gestiegen.
Welche Türen geöffnet werden könnten
Die diesjährige WM könnte dem ÖEHV nicht nur in finanzieller Hinsicht neue Türen öffnen. Vor allem in der Außenwahrnehmung gebe es noch genügend Luft nach oben.
Hartmann stellt klar: "Wir haben schon in der Vorbereitung sehr gute Leistungen gezeigt und den Fans viel Freude bereitet. Von der Politik ist das nicht so wahrgenommen worden. Ich habe in Wien nicht viele politische Spitzenvertreter gesehen, die das Kanada-Spiel besucht haben."
"Wenn man hier (in Prag, Anm.) sieht, wie man international wertgeschätzt wird...", stöhnt der Präsident. Unzählige Vertreter anderer Nationen würden ihre Gratulationen kundtun und sich über die österreichischen Auftritte begeistert zeigen.
"Wenn die Erfolge dazu beitragen, dass sich auf der infrastrukturellen Ebene etwas bewegt, dann wäre allen sehr geholfen."
Die Erfolge seien zudem nicht hoch genug einzuschätzen, betont Hartmann. "Ich versuche den Leuten immer wieder zu sagen, unter welchen Rahmenbedingungen die Leistungen gebracht werden."
Denn auch infrastrukturell gibt es großen Aufholbedarf. 53 Eishockey-Hallen gibt es in Österreich, wobei einige davon schon stark in die Jahre gekommen sind und nur eine Handvoll akzeptable Rahmenbedingungen bieten.
"Wenn die Erfolge dazu beitragen, dass sich auf der infrastrukturellen Ebene etwas bewegt, dann wäre allen sehr geholfen", sagt der Präsident, der sich gleichzeitig mehr Unterstützung von der Politik bei infrastrukturellen Projekten erhofft.
Der Traum von Olympia
Bevor in Österreich eine "O2-Arena 2" steht, fließt noch viel Wasser die Donau hinunter. In der Top-Division wird das ÖEHV-Team dann hoffentlich immer noch spielen.
Nach dem souveränen Klassenerhalt und der realistischen Viertelfinal-Chance stellt sich natürlich die Frage, ob der A-WM-Verbleib auch 2025 in Dänemark und Schweden das vorrangige Ziel sein muss.
"Natürlich würde ich mir wünschen, dass wir bei der nächsten WM den Klassenerhalt schaffen", versucht Hartmann demütig zu bleiben. Zugleich träumt der 64-Jährige von der Qualifikation für die Olympischen Winterspiele 2026 in Mailand.
Das Quali-Turnier findet vom 29. August bis 1. September 2024 statt, die heimische Auswahl trifft in Bratislava auf Gastgeber Slowakei, Kasachstan und Ungarn. "Das sind keine leichten Gegner", weiß Hartmann.
Mit Roger Bader nach Mailand?
2014 war Österreichs Eishockey-Team zuletzt bei Olympia vertreten. Geht es in zwei Jahren nach Italien, dann mit Teamchef Roger Bader im Amt.
Der Vertrag des Schweizers wurde noch vor der Weltmeisterschaft um ein Jahr bis 2025 verlängert und beinhaltet eine erfolgsabhängige Option.
Sollte eines der nächsten beiden Großereignisse, die WM 2025 dabei ausgeklammert, erreicht werden, "dann verlängert sich sein Vertrag automatisch um ein weiteres Jahr bis 2026", bestätigt der ÖEHV-Präsident.
Er erläutert: "Wir sind mit seiner Arbeit sehr zufrieden, auch in seiner Funktion als Sportdirektor. Da haben wir uns Konzepte, zum Beispiel über die Torhüter- und Verteidiger-Entwicklung, erwartet, die von ihm vorgelegt wurden."
"Man merkt einfach, wie positiv sich die Spieler äußern und wie froh und stolz sie sind, für Österreich spielen zu dürfen."
Seit Ende 2016 bekleidet der 59-Jährige das Teamchef-Amt, von einer gewissen Abnützung ist nichts zu sehen. Bader leiste "sehr konsequente Arbeit. Es wäre daher irrsinnig, einen erfolgreichen Trainer auszutauschen."
Außerdem hat Bader bei den Spielern einen hohen Beliebtheitsfaktor. "Man merkt einfach, wie positiv sich die Spieler äußern und wie froh und stolz sie sind, für Österreich spielen zu dürfen."
Das liege natürlich nicht am Teamchef alleine, meint der ÖEHV-Präsident. "Da gibt es natürlich viele andere Beteiligte, aber das stimmt auch für die Zukunft zuversichtlich."