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Österreichs letztes WM-Doppel: Was ist möglich?

Die Tschechien-Sensation und das kommende Doppel in der Scout-Einschätzung:

Österreichs letztes WM-Doppel: Was ist möglich? Foto: © GEPA

Für Österreich steht der dritte und letzte Doppel-Spieltag bei der Eishockey-Weltmeisterschaft ins Haus.

Freitag abends gegen Lettland (19:20 Uhr im LIVE-Ticker), 20 Stunden später wartet Gastgeber Finnland (15:20 Uhr im LIVE-Ticker) auf das ÖEHV-Team.

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller blickt auf das Doppel gegen Tschechien und Norwegen zurück und stellt die kommenden Gruppengegner vor:

Das ÖEHV-Team ist eine Einheit

Hätte ich die letzten Tage in einem Koma oder auf einer einsamen Insel verbracht, mir danach die WM-Tabelle nach den ersten vier Spielen angesehen, wäre mein erster Gedanke gewesen: "Endlich haben wir die drei Punkte gegen Norwegen gemacht. Schon Zeit geworden."

Drei Punkte ja, aber die entstammen zwei Sensationen gegen die USA und Tschechien. Für mich vor der WM unvorstellbar, aber im Gegensatz zur letzten WM in Bratislava hielt das Team von Roger Bader gegen beide Gegner voll dagegen, ließ sich nicht erdrücken und setzte immer wieder Nadelstiche.

Diese beiden Spiele brachten zu Recht viel Sympathie auch unter Nicht-Eishockey-affinen Sportfans und waren sicher die besten der letzten 20 Jahre. Das Team wirkte körperlich weit robuster, alle Spieler hielten ihre Beine stets in Bewegung und der Support (kaum jemals sah sich ein ÖEHV-Crack einer Übermacht an Gegnern gegenüber) exzellent. Kein Spieler war jeweils eine Insel, sondern wurde vorbildlich unterstützt.

Sensationen kosteten viel Substanz

Diese beiden Partien kosteten aber viele Kräfte, die Norweger brauchten dagegen am Tag vor dem direkten Duell nicht selbst ran.

Das 3:5 war ein Abziehbild der Duelle der letzten Jahre: Nicht unbedingt unterlegen, aber mit Fehlern (der Shorthander gleich nach dem 1:0!) und die norwegischen Cracks nutzten ihre Chancen mit Geschick und Glück. Das ÖEHV-Team wirkte lange etwas ausgelaugt, die Schlussoffensive ähnelte dann allerdings der gegen Tschechien, nur mit weniger Glück.

Positiv: Alle drei Treffer entstammten dem Powerplay. Negativ: Bei Gleichstand gelang nicht viel und erstmals waren einige Strafen unnötig, vielleicht auch der Müdigkeit geschuldet.  

Drei Punkte nach vier Spielen sehen sehr gut aus, leider entspringen sie den falschen Spielen: Ein Vorsprung gegenüber Norwegen wäre wertvoll gewesen. Wenn gegen Lettland oder Finnland keine weitere Sensation dazukommt (zwei Punkte wären nötig), wartet das Endspiel gegen Großbritannien.

Lettland

Diesmal geht Österreich nach einem freien Tag ins Spiel, die Letten verloren am Donnerstag mit 1:5 gegen Tschechien. Gegenüber der letzten WM wurde das Team von Headcoach Harijs Vitolins (in seiner ersten WM) um mehr als zwei Jahre jünger - auch höchste Zeit!

Altgediente Ü30-Cracks wie Oskars Cibulskis, Guntis Galvins (früher auch in Bozen), Lauris Darzins, Kaspars Daugavins oder der Ex-Linzer Gints Meija sind nicht mehr mit von der Partie. In der Defensive fehlt auch Ralfs Freibergs sowie der bewegliche Uvis Balinskis, der mir in Litvinov außerordentlich gut gefiel. Der körperlich starke Arturs Kulda verletzte sich im ersten Spiel.

Was bleibt in dieser dezimierten Defensive übrig? Janis Jaks aus Sotchi, “Erster in allem“ und ein beweglicher Puckmover. Karlis Cukste, der im zweiten PP-Unit zum Einsatz kommt, weist da schon weniger Puckskills auf, ist aber einer von mehreren großen Defendern.

Lettland-Kapitän Rodrigo Abols
Foto: © GEPA

Es handelt sich um eine Auswahl von "Blue Collar Workers", harten und ehrlichen Arbeitern also, die nicht leicht zu umgehen sind, aber halt auch keine großen offensiven Akzente setzen können.

Erstlinien-Center Rodrigo Abols – in Örebro sogar Kapitän – ist ebenfalls ein Hüne, der sich immer wieder vor das Tor powert. Ihn vor allem im Powerplay im Slot in Schach zu halten, wird eine Herkulesaufgabe, vor allem da er mit Rudolfs Balcers (San Jose Sharks) einen NHL-Stürmer zur Seite hat. Ebenfalls stets für Tore gut, vor allem von der linken Halfwall im Powerplay: Roberts Bukarts, sein Bruder Rikards (ebenfalls ein Rechtsschütze) agiert von hinter dem Tor.

Aus der ICE bekannt: Renars Krastenbergs (VSV) und Andris Dzerins (Linz), beide auf der Suche nach neuen Adressen, was beim mehr als zehn Jahre jüngeren Krastenbergs leichter sein dürfte.

Oskars Batna (ein riesiger PK-Experte, der den Sprung aus Frankreich nach Finnland schaffte) und Rihard Marenis sind auch interessante Namen, letzterer schaffte es heuer von der 3. Schwedischen Liga in den WM-Kader.

Größter Star im Lineup: Goalie Elvis Merzlikins  - heuer mit 59 Spielen für Columbus und so abenteuerlich-athletisch wie in der Schweiz agierend. Spielt er zwei Spiele innerhalb von 24 Stunden oder lässt er Arturs Silovs (21) den Vortritt? Silovs tastet sich über die ECHL und AHL an Vancouver heran.

Finnland

Nicht nur der Gastgeber, sondern auch die Nummer 1 der Weltrangliste: Finnland gehört heuer natürlich auch wieder zum engsten Favoritenkreis.

Das Team von Headcoach Jukka Jalonen (mit seinem Landsmann Kari auf der tschechischen Bank nicht verwandt) setzt sich aus einigen NHLern (zwei Plätze sind noch frei) und Spielern aus ganz Europa zusammen.

Mit Miro Heiskanen und Esa Lindell stießen noch zwei Defender von den Dallas Stars nach WM-Start zum Team. Heiskanen kann mit 22 Jahren schon auf vier volle Saisonen in der NHL zurückschauen, gilt als einer der besten jungen Puckmover der Liga.

Harri Säteri, der gegen Ende der Saison von Novosibirsk für sechs Spiele zu den Arizona Coyotes wechselte (welch ein Temperaturwechsel!) und Juho Olkinuora teilen sich die Partien im finnischen Kasten auf.

Starspieler Mikael Granlund klatscht mit Teamkollegen ab
Foto: © GEPA

Noch von den Czech Hockey Games bekannt: Die beiden Defender Ville Pokka und Sami Vatanen. Mikko Lehtonen war ein spätberufener NHLer, verdient in der nächsten Saison gute Franken bei den Zürich Lions. Seine sechs Punkte in den bisherigen Spielen überraschen mich nicht, er hat sich wirklich zu einem sehr starken Zwei-Weg-Defender entwickelt.

Im Angriff konnte Joel Armia in der NHL nie sein Offensivpotential aus Junioren-Tagen abrufen, erfand sich aber als solider Tiefenspieler in Winnipeg und Montreal neu.

Die größten Stars: Valtterri Filppula, mittlerweile schon 38 und Kapitän sowie Nashville-Center Mikael Granlund, heuer in Nashville mit seiner stärksten Saison seit Jahren. Flügel Toni Rajala ist ein perfektes Beispiel für die Gruppe von Spielern, die in Übersee nur eine kurze Karriere hatten, in Europa aber konstant scoren und dementsprechend entlohnt werden.

Das Spiel gegen den Gastgeber sollte ein Highlight für Österreich werden, gottseidank liegt danach aber noch ein Tag Ruhepause vor dem mutmaßlichen Endspiel gegen die Briten.  


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