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Wie Österreich zum Schreck der WM-Favoriten wurde

Das ÖEHV-Team stellte Kanada und Finnland ein Bein. Der Schlüssel zu den Leistungen liegt im verpatzten WM-Auftakt. Was ist jetzt noch möglich?

Wie Österreich zum Schreck der WM-Favoriten wurde Foto: © GEPA

Da waren sie wieder, diese Emotionen.

Der Körper hatte gerade jene nach dem historischen Punkt gegen Kanada verarbeitet, da stellte sich schon wieder die Gänsehaut auf. Was Österreich bei der Eishockey-WM in Prag in den letzten Tagen abgeliefert hat, lässt sich nur schwer in Worte fassen.

Das Nationalteam bereitet den Landsmännern und -frauen eine große Freude, ruft in den Sozialen Medien tausende von Reaktionen aus dem In- und Ausland hervor. Glückwünsche gibt es überdies von allen ranghohen Persönlichkeiten der Republik.

Aber es ist noch nicht aller Tage Abend, der Klassenerhalt steht weiterhin im Fokus. Der Abstieg ist rechnerisch noch möglich, dessen ist sich die Mannschaft und der Betreuerstab auch bewusst. Die Tabelle der Gruppe A >>>

Trotzdem bedarf es einer Einordnung der aktuellen Geschehnisse und einem kleinen Ausblick auf die letzten drei Gruppenspiele.

Aus der Dänemark-Schlappe wurde gelernt

(Artikel wird unterhalb des Videos fortgesetzt)

Der Start in die diesjährige Endrunde verlief mit dem deutlichen 1:5 gegen Dänemark denkbar schlecht. Es war eines dieser Duelle gegen einen vermeintlich in Reichweite liegenden Gegner, in denen Österreich immer schon seine Probleme hatte.

Die eigene Erwartungshaltung war bei manchen Spielern offenkundig zu groß, dadurch zog die ÖEHV-Auswahl nicht an einem Strang, versuchte Dinge, die nicht funktionieren konnten. Die Folge waren teils haarsträubende Fehler, die auf diesem Niveau eiskalt ausgenutzt werden.

Doch es wurde verstanden, die richtigen Lehren aus dem Spiel zu ziehen. Den Cracks war im Nachgang sofort bewusst, dass man sich so nicht nochmal präsentieren dürfe - sonst rückt der Abstieg in gefährliche Nähe.

Teamchef Roger Bader sprach am Donnerstagabend sogar von einer "Ohrfeige", die wohl notwendig war, um wieder zu Sinnen zu kommen und sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren.

Die Tugenden zum Erfolg

Die da wären: Ein harter Forecheck samt schnellem Umschalten bei Scheibeneroberung. Dazu ein simpler Umgang mit dem Spielgerät, speziell in der Auslösung.

Wollte man sich gegen die Dänen in mehreren Fällen noch spielerisch befreien, was in die Hose ging, wurde der Puck gegen die Top-Nationen auch einfach mal aus der eigenen Zone gechippt. So erkaufen sich die Spieler wertvolle Zeit für einen Wechsel oder um sich neu zu sortieren.

Darüber hinaus kennt jeder im Team seine Rolle. Niemand versucht über seine Möglichkeiten hinaus zu agieren, was besonders NHL-Export Marco Rossi anfangs - irgendwo auch verständlich - sichtlich schwer fiel. Der Vorarlberger wollte sich förmlich zerreißen, gegen Kanada ist ihm nicht nur aufgrund seines Treffers der Knopf aufgegangen.

"Smells like Teamspirit", betitelten die Kollegen von der "Kleinen Zeitung" ihren Podcast nach der Finnland-Partie. Damit treffen sie den Nagel auf dem Kopf. Der großartige Zusammenhalt im Team wird von den Cracks unisono betont, nur deshalb war es möglich, diverse Rückschläge gegen die Schweiz, Kanada und Finnland zu verkraften.

Pure Emotionen! Die Jubelbilder zum ÖEHV-Sieg über Finnland

Ausreichend Qualität vorhanden

Dass in dieser Truppe genügend Potenzial steckt, verrät eigentlich schon der Blick auf den WM-Kader.

An der Spitze steht natürlich Rossi als einziger NHL-Spieler, dahinter reihen sich bereits zahlreiche Legionäre aus der Schweiz ein. Besonders hervorzuheben ist Bernd Wolf.

Der Wiener ist der stille Leader in der Defensive, einer der nicht für die großen, aber richtigen Worte zum richtigen Zeitpunkt steht. Seine Strafe gegen die Schweiz war natürlich besonders bitter, gegen Finnland wiederholte sich dieses Schicksal beinahe erneut.

Wenn der 27-Jährige, den es von Lugano nach Kloten zieht, gemeinsam mit KAC-Verteidiger Clemens Unterweger am Eis steht, wird es indes nur in den seltensten Fällen brenzlig.

Dazu passt folgende Statistik: Beide halten bei einer Bilanz von +6, Wolf stand bei noch keinem der 20 Gegentore am Eis, Unterweger lediglich bei einem.

Auch ein kleiner Kniff im Line-up scheint sich voll auszuzahlen. Nach dem Spiel gegen die Schweiz wurde Mario Huber in die nominell erste Linie neben Benjamin Nissner und Thomas Raffl befördert, Peter Schneider spielt seitdem neben Rossi und Dominic Zwerger.

Während letzteres Trio gegen Kanada fast im Alleingang für die große Aufholjagd sorgte, leitete die neu formierte Salzburg-Linie gegen Finnland mit einer wunderschönen Kombination die Wende ein.

Gute Leistungen der Torhüter

Es muss auch einmal eine Lanze für die Torhüter gebrochen werden.

Die Zahlen - David Kickert hält bei einer Fangquote von 88,24 Prozent, bei David Madlener sind es 85,54 Prozent - sagen nur die halbe Wahrheit aus. 20 Gegentreffer sind zwar der Höchstwert aller WM-Teams, doch beide spielen bisher eine gute Endrunde.

Wie oft haben auch wir in den letzten Monaten und Jahren über die Torhüter-Krise in Österreich geschrieben, die unabhängig von der Weltmeisterschaft weiterhin Bestand haben wird. Doch in den vergangenen Tagen gab es keinerlei Grund zur Kritik.

David Kickert wurde gegen Finnland zum Man of the Match gewählt
Foto: © GEPA

Sowohl Madlener (gegen Kanada) als auch Kickert (gegen Finnland) hatten einen großen Anteil an den vier eingefahrenen Punkten, strahlen im eigenen Kasten die notwendige Ruhe aus. Sie müssen nicht am Kopf stehen, damit Österreich Zählbares holen kann.

Benjamin Baumgartner lobte das Duo zurecht: "Wir haben Goalies, die uns jedes Spiel den Arsch retten, unglaublich fangen." Und für den Teamchef gibt es ohnehin nichts Schöneres, als dass sich beide Tormänner für die Nummer 1 im Team bewerben.

Der Klassenerhalt ist weiter vorrangig

Darf der Klassenerhalt noch das WM-Ziel sein, haben wir am Donnerstagabend provokant gefragt?

Die Antwort: Ja, er muss es sein. Das betont nicht nur jeder Mannschaftsvertreter, auch unter den in Tschechiens Hauptstadt anwesenden Medienkollegen zeigt sich Einigkeit.

Österreich ist als einziges Team in der über 100-jährigen WM-Geschichte schon zweimal mit fünf Punkten abgestiegen, darunter 2015 in Prag. Die Gefahr, nicht erstklassig zu bleiben, besteht weiterhin. Denn die echten Schlüsselspiele warten ja noch.

Die letzten Ergebnisse haben das ÖEHV-Team jedoch in die Situation gebracht, dass am Sonntag gegen Norwegen (16:20 Uhr im LIVE-Ticker >>>) die erste Chance auf die Fixierung des Klassenerhalts bestehen könnte.

Theoretisch wäre dies natürlich auch am Freitagabend gegen Tschechien (20:20 Uhr im LIVE-Ticker >>>) möglich, bei dieser WM darf wohl nichts mehr ausgeschlossen werden. Aber vorweg von einer weiteren magischen Nacht auszugehen, wäre vermessen.

Das ÖEHV-Team weiß die aktuellen Ereignisse richtig einzuordnen. Und das ist der wahre Schlüssel zum Erfolg. 


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