Langläufer Mika Vermeulen geht kritisch mit der Vermarktung seiner Sportart und ihrem starren Festhalten an Traditionen ins Gericht.
Dass sich die Tour de Ski von ihrer Ursprungsidee wegentwickelt hat und ab Samstag nur noch an zwei Schauplätzen in Italien stattfindet, missfällt dem Steirer. Ebenso das Jammern über die harten Anforderungen.
Ungeachtet dessen startet der Wahlnorweger topmotiviert und mit der Aussicht auf Spitzenplätze in den ersten Saisonhöhepunkt.
Bei der Tour de Ski? "Ziel ist es, ein Rennen zu gewinnen"
"Die Tour bedeutet mir schon viel. Aber das Ziel ist es, ein Rennen zu gewinnen, wo das ist, ist mir wurscht. Ich will einfach gut sein und hoffentlich auf dem höchsten Niveau laufen, das ich drauf habe", sagt Vermeulen zwischen zwei täglichen Trainingseinheiten in Ramsau zur APA.
Mit dem bisherigen Saisonverlauf inklusive einem vierten Rang ist er nicht restlos zufrieden. "Den Mördertag, wo ich laufen kann, ohne dass Ermüdung kommt, den habe ich noch nicht gehabt."
Leider habe im richtigen Moment auch noch das nötige Rennglück gefehlt. Eine Mitte Dezember nötige Zwangspause wegen einer Verkühlung mit Husten habe ihn nicht aus der Bahn geworfen. "Helfen tut es nicht, aber es bringt mir nichts, dass ich zu jammern anfange, man muss eh mit dem arbeiten, was man hat."
Kritik an Traditionalisten-Lobby
Viel mehr regen Vermeulen die starren Strukturen seiner Disziplin auf. "Ich glaube, dass es eine Lobby gibt, die an der Tradition festhält, die sagt, wir sind eine skandinavische Sportart und wir laufen einen Einzelstart irgendwo in Finnland durch den Wald", sagt Vermeulen.
Die Traditionalisten seien der Meinung, dass Langlaufen nur so funktioniere und der härteste und wildeste Sport der Welt sei.
Das oftmals damit verbundene Stöhnen über die hohen Belastungen bei der Tour und im Langlauf widerstrebt Vermeulen. Er zieht einen Vergleich zum Radsport, an dem man sich ein Vorbild nehmen sollte.
"Die Tour de France macht aus, dass sie drei Wochen jeden Tag ist. Wir jammern oft, wie schlimm und wild es ist, im Endeffekt laufen wir eine halbe Stunde bis eine Stunde. Was sollten denn die Radfahrer sagen?"
Tour de Ski nur noch "Giro del Fondo"
Auch bezüglich Vermarktung gebe es noch viel zu tun. "Ich glaube, dass der Langlauf generell noch Potenzial nach oben hat. Wenn ich an die Kommerzialisierung denke, da hinken wir hinterher."
Die Tour de Ski sei mittlerweile leider von ihrer Grundidee abgekommen. Nur noch Toblach und Val di Fiemme als Schauplätze, das gefällt ihm nicht. "Eigentlich müsste man es umbenennen auf Giro del Fondo", sagt er scherzhaft und ergänzt:
"Ich bin generell der Meinung, dass die Tour nicht auf dem Potenzial lebt, wo sie leben könnte. Die ursprüngliche Idee war, drei, vier fünf verschiedene Orte zu verbinden auf acht, neun, vielleicht zehn Rennen. Das würde dem Ganzen ein bisschen mehr von dem Heroischen geben."
Er hätte jedenfalls nichts gegen mehr Etappen bei der Tour. Praktische Hürden wie die knifflige Logistik oder Finanzierungsprobleme müsse man eben aus dem Weg räumen.
"Wenn wir eine große Sportart werden wollen..."
Dass einzelne Topathletinnen und -athleten die Tour oder andere Rennen nicht bestreiten, stößt Vermeulen sauer auf.
"Ich finde das schwach, wenn man einen Höhepunkt auslässt. Dass man das so abwertet und sagt, das laufe ich nicht". Beim Weltcup in Davos seien nur drei Schwedinnen am Start gewesen, das sei respektlos.
"Alle jammern, dass zu wenig Geld da ist, ausnahmslos. Gut sein bringt Verantwortung mit sich. Es tut mir leid, wenn wir eine große Sportart werden wollen, müssen wir vielleicht irgendwo Verantwortung zeigen."