Nordische Ski WM 2025
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Das Geheimnis hinter Norwegens sportlichem Erfolg

Die Nordische Ski-WM in Trondheim könnte wieder zur Machtdemonstration der Norweger werden. Doch wie bringt Norwegen so viele Weltklasse-Sportler hervor?

Das Geheimnis hinter Norwegens sportlichem Erfolg Foto: © getty

Die Nordische Ski-Weltmeisterschaft 2025 ist am Mittwoch offiziell eröffnet worden.

Der Zeitplan für die Nordische Ski-WM 2025 >>>

Trotz der unglaublichen Leistungen der österreichischen Skispringer in der laufenden Saison gibt es einen klaren Favoriten auf den ersten Platz im Medaillenspiegel: Norwegen.

In Planica 2023 erreichten die Skandinavier zwölf Goldmedaillen. Auch in der ewigen Bilanz zeigt sich ein ähnliches Bild: Norwegen auf dem ersten Platz mit 500 Medaillen. Österreich liegt auf dem sechsten Platz mit 104-mal Edelmetall.

Nordische Ski-WM: Ewiger Medaillenspiegel >>>

Norwegen als Sportmacht

Wenn man an großartige norwegische Sportler aus den letzten zwei Jahrzehnten denkt, fallen einem beinahe nur Wintersportler, wie Aksel Lund Svindal, Henrik Kristoffersen, Johannes Høsflot Klæbo, Jarl Magnus Riiber, Johannes Thingnes Bø, Ole Einar Bjørndalen, Marit Bjørgen oder Therese Johaug ein.

Norwegen ist nicht nur Wintersport. Bestes Beispiel: Erling Haaland.
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Doch verlässt man die offensichtlichen Pfade des Wintersports, muss man feststellen, dass die norwegische Sportlandschaft viel breiter gefächert ist, als man anfangs vermuten würde. So zählen beispielsweise Norwegens Frauen im Fußball sowie im Handball zu den Besten der Welt.

Fußball-Stars wie Erling Haaland, Martin Ødegaard oder John Arne Riise spielen oder spielten für die norwegische Fußball-Nationalmannschaft und in der Premier League. Magnus Carlsen, der weltweit beste Schachspieler, kommt ebenso aus dem 5,5-Millionen-Einwohner-Land wie die Leichtathletik-Weltrekordler Karsten Warholm und Jakob Ingebrigtsen.

Die Vielfalt des norwegischen Sports erkennt man auch an den vergangenen "Norwegens Sportler des Jahres"-Wahlen, wo zuletzt im Jahr 2015 mit Langläufer Petter Northug ein Wintersportler ausgezeichnet wurde.

Schon die Schulen tragen ihren Teil bei

Entscheidend für die Entwicklung des Nachwuchs' in Norwegen ist bereits das Kindergartenalter, wo schon in jungen Jahren der Drang zur Bewegung mit gut ausgestatteten Spielplätzen gefördert wird.

"Bereits im Grundschulalter sind die Kinder bis 17 Uhr in der Schule bzw. in der Nachmittagsbetreuung und haben dort unzählige Möglichkeiten, sich zu bewegen", erzählt Alexander Stöckl gegenüber LAOLA1.

Der 51-jährige Österreicher war zwischen 2011 und 2024 Skisprung-Cheftrainer der Norwegischen Nationalmannschaft und kennt daher die Prinzipien des norwegischen Spitzensports wie kaum ein anderer.

"Es wird in Norwegen auch angeboten, dass Vereine die Kinder fürs Training von der Nachmittagsbetreuung abholen und nach dem Training wieder in die Einrichtung zurückbringen", erzählt Stöckl weiter.

Keine Ergebnislisten, nur Spaß

In den Vereinen wird besonders viel Wert auf das spielerische Erlernen der jeweiligen Sportart gelegt. Der prozentuale Anteil der "Spiel-Zeit" ist für die jeweiligen Altersgruppen und Sportarten vorgeschrieben.

Alexander Stöckl kennt Norwegens Sportler-Ausbildung bestens.
Foto: © getty

Eine weitere Besonderheit ist, dass es bis ins Jugendalter keine Platzierungslisten gibt, um den Spaß an der Bewegung und den Sport in den Vordergrund zu stellen.

Nachdem in den Vereinen und in den Grundschulen der Grundstein für die Freude an Sport und Bewegung gelegt wird, geht es für den Nachwuchs weiter in die nächste Schulstufe. Dort gibt es bereits die Möglichkeit, Privatschulen mit sportlichem Schwerpunkt zu besuchen.

Multisportive Ausbildung

"Meist ist es in Norwegen der Fall, dass Kinder in mehreren Vereinen angemeldet sind. Die häufigste Kombination ist, dass eine Ballsportart zusammen mit einer Winter- oder Sommersportart ausgeübt wird", so Stöckl.

Laut ihm hilft die multisportive Ausbildung dem Athleten, sich in seiner Zielsportart weiterzuentwickeln. Dies belegt auch eine wissenschaftliche Studie aus Kanada.

Auch in den Privatschulen mit sportartenspezifischem Schwerpunkt setzt man deshalb weiterhin auf das Erlernen vieler weiterer Sportarten, um den Bewegungshorizont der Nachwuchsathleten zu erweitern.

"Nach dem Schulabschluss mit 17, 18 Jahren ist man dann meistens in einem Leistungskader und dann haben die Jugendlichen die Möglichkeit, spezifischer zu trainieren. Die Athleten, die in den Nationalmannschaften sind, können das Olympiatoppen-Konzept in Anspruch nehmen", erklärt Stöckl.

Olympiatoppen: Geballte Expertise auf engem Raum

Nahe Oslo steht ein unscheinbares Bauwerk, in dem sich Weltrekordhalter, Premier-League-Stars, Wintersport-Idole und deren Trainer die Türklinke in die Hand geben: Olympiatoppen. Neben dem von Kindheitstagen an gesellschaftlich bedingten sportlichen Drang der Norweger ist Olympiatoppen wohl die zweite Säule des norwegischen Erfolgs.

Norwegen ist und war schon immer sportverrückt.
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In diesem Sportzentrum versammelt sich nicht nur die sportliche Elite des Landes, sondern auch das beste Betreuer-Personal.

"Das Besondere an Olympiatoppen ist, dass beispielsweise der Athletik-Trainer nicht für eine, sondern für alle Sportarten zuständig ist. Das hat den riesigen Vorteil, dass diese Fachperson Übungen, die beispielsweise für Skispringer super funktionieren, auch bei Fußballern einsetzt und umgekehrt", lobt der ehemalige Skisprung-Trainer das Konzept.

Einmal monatlich trifft sich in Olympiatoppen das gesamte Personal und entwickelt gemeinsam Ideen, um norwegische Sportler noch besser fördern zu können. Darüber sagt Stöckl: "Das ist für mich eigentlich der größte Vorteil an Olympiatoppen, dass es nicht nur ein Sportzentrum, sondern ein Kompetenzzentrum ist!"

"Die Kantine ist der wichtigste Platz für den Trainer"

Anders als in Österreich steht Olympiatoppen nicht im Konkurrenzkampf mit anderen Olympia-Zentren, sondern arbeitet mit den umliegenden Ausbildungszentren eng zusammen.

Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, sowohl zwischen den Ausbildungszentren, als auch zwischen den Sportarten.

"Für mich als Trainer war die Kantine immer der wichtigste Platz in Olympiatoppen. Denn dort traf man auf alle anderen Trainer, man konnte sich immer austauschen und hat immer eine Antwort auf seine Fragen bekommen", schildert Alex Stöckl seinen Alltag als Trainer.

Das Team ist der Star

Die dritte Säule des norwegischen Erfolges ist die Einstellung der Sportler zum Team. Denn selbst in Einzelsportarten, wie etwa beim Skifahren, wird das Kollektiv über das Individuum gestellt.

Der Teamgeist wird in Norwegen großgeschrieben.
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"Diese Einstellung hat den Vorteil, dass sich Athleten untereinander Tipps geben. Der Teamgeist war teilweise so groß, dass mein Trainerteam und ich Videoanalysen gemacht haben, in denen sich die Springer gegenseitig korrigiert haben", erzählt Stöckl.

Auch beim Sponsoring ist diese Linie klar erkennbar, denn jede Sportart hat ihren eigenen gemeinschaftlichen Kopfsponsor in der Mannschaft.

Der richtige Mix

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Norweger den richtigen Mix aus Spiel und Spaß im Kindesalter und Professionalität im Profi-Bereich gefunden haben.

Zusätzlich zu der nachhaltigen Jugendarbeit, zeigt Norwegen, dass man auch als einwohnerschwaches Land in Europa mit faszinierendem Team-Zusammenhalt und großer Hilfsbereitschaft unter konkurrierenden Teamkollegen im Sport Großes erreichen kann.

Und so wird es auch nicht unerwartet kommen, wenn Norwegen auch bei der Heim-WM in Trondheim ein weiteres Mal an der Spitze des Medaillenspiegels stehen wird.

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