Die Nordische Ski-WM 2019 in Seefeld ist Geschichte.
Nach 13 Tagen und 22 Bewerben Bewerb übergab ÖSV-Chef Peter Schröcksnadel am Sonntag für die Tiroler Veranstalter die FIS-Fahne an den nächsten Ausrichter. Oberstdorf wird die WM vom 24. Februar bis 7. März 2021 durchführen.
Was von der WM in Seefeld bleibt? Der Doping-Skandal, aber auch viele herausragende sportliche Leistungen, ein prominentes Sicherheitsnetz und ein Gold-Rekord.
Die Tops und Flops der Nordischen WM 2019:
TOPS
ÖSV-Abschneiden: Mit neun Medaillen (0-4-5) hat das ÖSV-Aufgebot das selbst gesteckte Ziel klar übertroffen. Dank Edelmetall in drei Teambewerben durften 12 der 17 nominierten Aktiven im Skispringen und der Kombination mit jeweils mindestens einer Medaille die Heimreise antreten. Medaillenspiegel >>>
Wetter: Nach starken Schneefällen im Vorfeld herrschte während der WM bei durchwegs frühlingshaften Temperaturen fast pausenlos Kaiserwetter. Nur an zwei Tagen waren die Bewerbe beeinträchtigt. Am meisten betroffen waren die Springer am Freitag beim Normalschanzen-Einzelbewerb.
Zuschauer: Mit 204.400 Zuschauern wurden die Erwartungen der Veranstalter erfüllt. Für prächtige Stimmung sorgten vor allem die zahlreichen norwegischen Fans bei den Langlauf-Bewerben sowie die heimischen Anhänger an der Seefelder Seelos-Schanze.
Therese Johaug: Die vor dieser Saison von einer Dopingsperre zurückgekehrte Norwegerin war mit dreimal Gold und Staffel-Silber die "Königin" der WM.
Stefan Kraft: Die Nummer 1 des Springerteams freute sich als zweifacher Titelverteidiger bei der Heim-WM auch ohne Gold. Nach Problemen in der Vorbereitung kam der 25-Jährige rechtzeitig in Form, stand dreimal auf dem Podest (Team- und Mixed-Silber, Einzel-Bronze Normalschanze) und hält nach drei Titelkämpfen schon bei neun Medaillen (2-4-3).
Franz-Josef Rehrl: Bei seinem WM-Debüt (2017 war er noch Ersatz) hat der 25-jährige Steirer sein ganzes Potenzial ausgeschöpft. Mit Bronze im Großschanzen-Einzelbewerb nahm er sofort Druck aus der gesamten ÖSV-Mannschaft, im Team-Sprint und im Team-Bewerb holte er zwei weitere dritte Plätze.
Bernhard Gruber: Der 36-Jährige hat seit 2010 bei allen acht Großereignissen zugeschlagen und hält bei 13 Medaillen. Nach Silber und zweimal Bronze in Seefeld ist er der erfolgreichste ÖSV-Kombinierer bei Weltmeisterschaften (3-3-3).
Daniela Iraschko-Stolz: Vom Krankenbett auf das Siegespodest. Die "Grande Dame" des Skispringens flog wenige Wochen nach einer Lungenentzündung zu drei Medaillen, zu Mixed-Silber und Einzel-Bronze kam noch Silber im erstmalig ausgetragenen Damen-Teambewerb.
ÖSV-Skisprung-Herren: Nach dem "Salto Nullo" bei den Olympischen Spielen holten die Athleten um Stefan Kraft mit dem neuen Cheftrainer Andreas Felder Silber im Teambewerb - Olympiasieger Norwegen und Titelverteidiger Polen gingen leer aus - und ließ die Kritiker verstummen.
Jarl Magnus Riiber: Der 21-Jährige kam mit der Bergiselschanze im Einzelbewerb nicht zurecht, doch in Seefeld holte er anschließend den ersten Einzel-WM-Titel für Norwegen in der Nordischen Kombination seit 2001 und Team-Gold. Zuvor hatte es für ihn Silber im Team-Spring gegeben.
Markus Eisenbichler: Gold von der Großschanze im Einzel, Gold mit der deutschen Mannschaft ebenfalls auf dem Bergisel und Gold im Mixed-Bewerb. Der Bayer avancierte ohne Weltcupsieg in seiner Erfolgsliste zum erfolgreichsten Skispringer der Titelkämpfe.
Freiwillige Helfer: Mehr als tausend Freiwillige aus dem In- und Ausland, von denen manche in einem Massenquartier mit Feldbetten in Seefeld untergebracht waren und dafür 15 Euro pro Nacht zahlen mussten, trugen zu einem reibungslosen Ablauf der WM bei.
Norwegen: Die Aktiven von Norges Skiforbund positionierten ihr Land zum elften Mal in Folge an der Spitze des Medaillenspiegels und stellten mit 25 Medaillen (13-5-7) in 22 Entscheidungen einen Rekord auf.
FLOPS:
Max Hauke und Dominik Baldauf: Die zwei österreichischen Langläufer wurden bei der "Operation Aderlass" heimischer und deutscher Behörden als Dopingsünder entlarvt und fügten ihrer ÖSV-Sparte, die nach Dopingskandalen u.a. bei den Olympischen Spielen 2002, 2006 und 2014 ohnehin gebrandmarkt war, neuerlichen enormen Schaden zu. Das Duo gab nach der Festnahme Blutdoping zu. Auch zwei Esten und ein Kasache wurden als "Kunden" eines deutschen Arztes überführt.
Zuschauer-Interesse in Innsbruck: Die Großschanzen-Bewerbe der Skispringer und Kombinierer waren keine Zuschauermagneten. Im 22.500 Fans fassenden Bergisel-Stadion fanden sich im Skispringen nur zwischen 10.000 und 12.000 Fans ein, bei den Kombinierern war es nur ein Bruchteil davon. Und auch sonst war am Nebenschauplatz Innsbruck wenig von WM-Flair zu spüren. Beim Tournee-Bewerb Anfang Jänner hatte man noch 18.000 Fans gezählt.
Sicherheits-Netz am Bergisel: Obwohl es schon bei der Vierschanzen-Tournee und im Springertraining Zwischenfälle auf dem Bergisel gegeben hatte, bei denen Springer über die Bande im Auslauf in die Mixed-Zone gestürzt waren, gab es nach dem Gegenhang des Schanzenauslaufs zunächst keine Netzabsicherung. Dann durchdrang im Großschanzen-Einzelbewerb der Nordischen Kombinierer ein Ski nach einem Sturz das Netz und verfehlte u.a. Ex-Skisprung-Weltmeister Martin Schmitt nur knapp. Schließlich wurde ein verstärktes Sicherheitsnetz aus dem Eishockey installiert.
Skisprung-Farce: Das Einzelspringen der Herren auf der Normalschanze wurde aufgrund der Wetterbedingungen zur Farce. Die Top 3 nach dem ersten Durchgang hatten am Ende bei dichtem Schneefall keine Chance auf Medaillen, Gold gab es für den 27. des 1. Durchgangs, Dawid Kubacki.
Ryoyu Kobayashi: Der elffache Skisprung-Saisonsieger musste sich in Seefeld mit Team-Bronze begnügen. Im Einzel gab es für den Japaner die Plätze vier auf dem Bergisel sowie 14 in Seefeld nach Halbzeitführung und äußerst widrigen Bedingungen im Finale.
"Großmächte" lassen aus: Von den großen Wintersport-Nationen schaffte Russland in Seefeld keine einzige Goldmedaille (0-5-3). Finnland, als Gastgeber 2017 in Lahti noch mit fünf Stück Edelmetall belohnt, musste sich mit einmal Bronze begnügen.