"Es bleibt mir nichts anderes über, als mich bei allen zu entschuldigen, bei meiner Familie, bei meiner Frau. Ich bin auf der anderen Seite froh, dass das ein Ende hat" - Reumütig gab sich der österreichische Skilangläufer Johannes Dürr nach dem Dopingskandal bei Olympia 2014.
Von einem Ende kann aber offenbar keine Rede sein. Fünf Jahre später findet sich Dürr wieder mitten im Dopingsumpf.
Bei den Olympischen Spielen in Sotschi war Dürr am Schlusstag (23. Februar) aufgeflogen. Wenige Stunden vor seinem geplanten Einsatz über 50 km Skating, in dem der Niederösterreicher als Medaillenkandidat galt, war bekanntgeworden, dass der ÖSV-Langläufer einen positiven Dopingtest auf das Blutdopinghormon Erythropoietin (EPO) abgegeben hatte.
Dürr war damals nach seinem ersten Einsatz (Platz 8 über 30 km) zum Training nach Obertilliach gereist und erst zwei Tage vor seinem geplanten, zweiten Olympiaeinsatz nach Krasnaja Poljana zurückgekehrt. In Osttirol fand am 16. Februar 2014 auch die verhängnisvolle Dopingkontrolle statt.
Strafrechtlich kam Dürr glimpflich davon
Bis dahin hatte er stets betont, dass er für einen neuen, sauberen Weg des durch die Dopingvorfälle lange Jahre so schwer belasteten österreichischen Langlaufs stehe. Denn bereits 2002 in Salt Lake City und 2006 in Turin hatte die von Markus Gandler geleitete nordische Sparte des ÖSV durch Doping-Skandale bei Olympia für weltweite Negativschlagzeilen gesorgt.
Dürr gestand noch am selben Tag und wirkte gebrochen, als er am Flughafen in Sotschi gegenüber dem ORF Stellung nahm. "Es ist in jeglicher Hinsicht das Schlimmste, was ich in meinem Leben gemacht habe", sagte er damals.
Der Göstlinger wurde von der FIS für zwei Jahre gesperrt und vom ÖSV ausgeschlossen. Seine anfängliche Zusicherung, umfassend mit den Behörden zu kooperieren, setzte er aber offenbar nicht um. Er soll sich speziell zu seinen Kontakten und Hintermännern in Bezug auf die bezogenen Dopingmittel bedeckt gehalten haben.
Strafrechtlich kam Dürr aber glimpflich davon. Das Verfahren gegen ihn bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen Dopingbetrugs wurde diversionell erledigt, wobei eine Probezeit von zwei Jahren festgelegt wurde. Außerdem wurde ihm die Weisung erteilt, der Staatsanwaltschaft in halbjährlichem Abstand nachzuweisen, dass er keine im Sinne des Anti-Doping-Gesetzes verbotenen Substanzen nimmt. Laut Staatsanwaltschaft hat Dürr auch Schadensgutmachung geleistet.
Danach wurde es lange Zeit ruhiger um den Zollbeamten in Innsbruck, dessen Ehe mit der Südtirolerin Miriam Ende November 2015 scheiterte.
Am 26. Februar 2016 lief die FIS-Sperre von Dürr ab, den lebenslangen Ausschluss aus dem ÖSV bekämpfte er auf dem Rechtsweg und wurde im November 2016 nach einer außergerichtlichen Einigung wieder als Verbandsmitglied geführt.
Trotz Dopings verpasst Dürr WM-Qualifikation
Ab dem Jahr 2018 arbeitete Dürr an einem Comeback im Leistungssport und sammelte im Sommer 2018 via Crowdfunding laut Website 40.000 Euro, um den Wiedereinstieg finanzieren zu können. Sein Ziel war, sich auch ohne Unterstützung des ÖSV für die nordische Heim-WM 2019 in Seefeld zu qualifizieren. Parallel arbeitete er mit Autor Martin Prinz an einem Buch, das unter dem Titel "Der Weg zurück" kurz vor der Seefeld-WM erschien.
Doch mehr Aufmerksamkeit erhielt er abseits der Loipen. Im Vorfeld der WM ließ Dürr mit einer Beichte in einer am 17. Jänner ausgestrahlten ARD-Dokumentation aufhorchen. Dabei gestand der mittlerweile 31-Jährige, vor Olympia neben EPO- auch Eigenblutdoping betrieben zu haben.
Am Weg zurück scheiterte Dürr klar. Bei FIS-Rennen im Februar kam er nicht unter die besten 45 und konnte sich daher auch nicht für die WM qualifizieren. Und das offenbar trotz Doping.
Denn im Zuge der "Operation Aderlass", die während der WM in Seefeld den nächsten Dopingskandal aufdeckte und am 27. Februar in Seefeld und Erfurt zur Festnahme von neun Personen führte, geriet auch Dürr wieder ins Zwielicht. Dabei hatten erst Dürrs Aussagen in der ARD-Dokumentation die Dopingermittlungen ins Rollen gebracht.
Er soll von den aufgeflogenen ÖSV-Langläufern Max Hauke und Dominik Baldauf belastet worden sein und wurde am Dienstag, eine Woche vor seinem 32. Geburtstag, in Innsbruck wegen des Verdachts des Sportbetrugs festgenommen.
Im Zuge der Einvernahme gestand Dürr laut Staatsanwaltschaft Innsbruck, dass er selbst bis vor kurzem Eigenblutdoping betrieben habe und sich dabei vom Erfurter Sportmediziner Mark S., der im Zentrum des aktuellen Skandals steht, behandeln ließ. Am späten Dienstagabend wurde Dürr wieder enthaftet.