Nordische Ski WM 2025
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Ein Skandal mit Ansage

Dass ausgerechnet das Veranstalterland betrügt, ist dieser WM unwürdig. Diverse Vorwürfe ziehen sich schon durch den ganzen Winter. Jetzt ist die FIS gefordert.

Ein Skandal mit Ansage Foto: © GEPA

Wieder einmal endet eine Nordische Ski-WM mit einem Skandal. Doping im Skispringen – nur mit einer anderen Nadel.

Ein 50 Sekunden kurzes, heimlich gefilmtes Video hat ausgereicht, um die unfassbare Stimmung der vergangenen zwei Wochen im Mutterland des nordischen Sports zunichte zu machen.

Anstelle der überirdischen Erfolge von Langlauf-König Johannes Hoestflot Klaebo oder des berührenden WM-Abschieds des besten Kombinierers aller Zeiten, Jarl Magnus Riiber, bestimmt die Anzug-Manipulation der norwegischen Skispringer die Schlagzeilen.

Bis zum vorletzten Tag zelebrierten die Norweger diese WM, was jetzt von Trondheim 2025 vielleicht am stärksten in Erinnerung bleiben wird, ist ein Handy-Video im Agenten-Stil.

Dass ausgerechnet das Veranstalterland, das normal für seine Fairness bekannt ist, betrügt, ist dieser WM unwürdig.

Norwegens Skispringer bringen die gesamte Sportart in Verruf und lassen Zweifel an den Leistungen eines ganzen Landes aufkommen.

Zurecht werden jetzt auch die bisherigen Erfolge der Skispringer in Trondheim infrage gestellt, wurde auch gegen die Wertungen im Frauen-Skispringen und in der Nordischen Kombination Protest eingelegt. 

Die Disqualifikationen von Springerin Ingvild Synnöve Midtskogen auf der Normal- und Großschanze – dazwischen holte sie Gold im Team-Bewerb – wegen eines nicht regelkonformen Anzugs sowie Kombinierer Jörgen Graabak (Bindung), erscheinen nun in einem ganz anderen Licht.

Jetzt ist die FIS gefordert

Unabhängig davon, ob man einen möglichen Betrug in vorangegangenen WM-Bewerben nachträglich noch beweisen kann, ist die FIS jetzt gefordert.

Denn das Regulativ bietet im Materialbereich offensichtlich zu viele Schlupflöcher. Diese zu nutzen, ist Teil des Sports geworden. 

Das sich FIS-Material-Kontrolleur Christian Kathol nach dem Auftauchen der Videos, die zeigen, wie Sprunganzüge nach der Abnahme durch die FIS offenbar komplett auseinandergenommen und wieder zusammengenäht werden, am Samstagabend vor die Kameras stellt und sagen muss, "es gibt dafür kein Regulativ", ist bezeichnend.

Auch die Kontrollen der im Sommer neu gesetzten Regeln die (engeren) Anzug-Maße betreffend, scheinen im Laufe des Winters bei weitem nicht mehr so strikt wie zu Beginn der Saison durchgeführt worden zu sein.

"Man wird quasi zum Schummeln gezwungen"

"Das sieht jemand mit sechs Dioptrien, dass da Anzüge jetzt dabei sind, die nicht zugelassen werden sollten - wenn man sich an die Regeln vom Beginn der Saison halten würde", erklärt Skisprung-Legende Sven Hannawald in der "Bild" und meint sogar: "Man wird quasi zum Schummeln gezwungen, wenn man vorn dabei sein möchte."

Ein Skandal fast mit Ansage also. 

Vorwürfe von Betrug bei Anzügen ziehen sich schon durch die ganze Saison. Bei der für Rot-Weiß-Rot so erfolgreichen Vierschanzen-Tournee wurden Schummel-Vorwürfe aus Deutschland und Norwegen gegenüber den Österreichern laut.  Bei der WM gerieten dann zunächst die Deutschen nach guten Ergebnissen in den Fokus. 

Der norwegische Ex-Skispringer Johan Remen Evensen geht in seiner Kolumne für den "NRK" sogar so weit, dass er seinen Landsleuten ebenfalls zu einem Protest rät: "Ich bin ziemlich sicher, dass sie gute Beweise dafür haben, dass andere Nationen dasselbe tun."

Ob diese Vorwürfe begründet sind oder nicht - aktuell patzt jeder jeden an. Der größte Verlierer ist der Skisprung-Sport. Er muss schnellstmöglich wieder in die Spur finden, um weiteren Schaden abzuwenden.

Schon am kommenden Wochenende geht es im Weltcup weiter – mit der Raw-Air-Tour in Norwegen...

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