Das Glück hat es mit den ÖSV-Skispringern im ersten WM-Bewerb von der Normalschanze nicht gut gemeint.
In einem von ständig wechselnden Windbedingungen geprägten Wettkampf waren vor allem die Österreicher rund um Stefan Kraft im Pech. Besonders ungünstig war dies für den zweifachen Saisonsieger, der nach dem ersten Durchgang mit der Höchstweite von 102,5 m hauchdünn vor Andreas Wellinger in Führung lag.
Während sich der Deutsche (101 m/102 m) im Finale bei etwas besseren Verhältnissen auf dem Silberrang hielt, schrammte Kraft nach einem 99-m-Sprung an seiner 13. WM-Medaille vorbei. Gold geht wie schon in Oberstdorf 2021 an Piotr Zyla, dessen Aufholjagd mit der Titelverteidigung endet.
Kein "Grant", weil Sprünge gut waren
"Das ist sicher der bitterste WM-Moment meiner Karriere. Das tut weh, aber es hilft nichts. Wie man immer sagt, es muss alles zusammenpassen, das hat es leider nicht. Vierter, da kommt alles zusammen. Es ist schade", bedauert Kraft im ORF-Interview.
Er habe einen guten zweiten Sprung gezeigt, doch das "Quäntchen Glück" war nicht auf seiner Seite. "Ob es unfair war oder nicht, muss man sich anschauen. Aber es stimmt heute auch nicht ganz zusammen."
"Ich habe Gott sei Dank schon recht viel erreicht, und es wird irgendwann auch wieder zurückkommen. Aus solchen Sachen kann man auch viel lernen. Mich würde es anzipfen, wenn ich den zweiten Sprung verhaut hätte. Dann hätte ich einen Grant jetzt, aber es war gut", ist Kraft mit seiner eigenen Leistung zufrieden.
Die Trainer hätten ihm gesagt, dass er im zweiten Durchgang keine Chance gehabt habe. "Das bei einer WM ist bitter, aber das kann passieren. Man hat oft schon einmal Glück gehabt. Heute wollte es nicht sein."
Kraft hadert mit Windpunkte und Jury
Freilich wurmt es Kraft ein wenig, dass dem erfolgreichen polnischen Titelverteidiger bei klar besseren Verhältnissen nur rund ein Punkt mehr abgezogen worden ist als ihm selbst.
"Man hat schon oft gesehen, dass die Windpunkte nicht das widerspiegeln, wie es wirklich ist. Es passt einfach nicht zusammen. Die Jury war auch schade, 18,5 (Punkte, Anm.) hat er (der Sprung) nicht verdient. Und einen halben (Meter) mehr, und du bist auch Dritter. Es wollte einfach nicht sein."
Für das Mixed am Sonntag (17 Uhr im LIVE-Ticker >>>) zeigt sich Kraft guter Dinge: "Die Schanze habe ich heraußen. Und wir haben ein starkes Team. Es ist für ganz gut angesagt, ein bisschen kälter. Das mag ich ganz gerne."
Teambewerbe und besonders Mixed-Konkurrenzen würde er sehr gerne springen. "Es ist sehr, sehr spannend und meistens so, dass es die Mädels in der Hand haben. Weil bei uns Burschen ist es brutal eng, wir hupfen alle fast auf den gleichen Fleck. Es ist cool, dass wir zwei starke Frauen im Moment haben."
Hayböck macht Jury nach "verhexter" Windlotterie keinen Vorwurf
Zwei weitere Österreicher haderten wie Kraft mit den äußeren Bedingungen. Hayböck (98,5/93) rutschte vom siebenten auf den 15. Platz zurück. "Es war ein bisschen verhext. Die Hoffnung war, dass 'Krafti' es runterbringt. Ein paar Zehntel hinter Bronze in einem Bewerb, der sicher nicht ganz fair war, ist unverdient", meint der Oberösterreicher.
Der Jury mache er keinen Vorwurf zum Ablauf, aber sie hätte durchaus auf mehr Ausgewogenheit achten können. "Bei einer WM könnte man auch etwas länger warten", so Hayböck und gibt sich dann kämpferisch: "Wir werden zurückschlagen."
"FIS muss sich etwas Besseres einfallen lassen"
Tschofenig hatte sogar zweimal Pech. Eine lange Wartezeit vor seinem ersten und viel Rückenwind im Finale machten ein besseres Abschneiden unmöglich.
"Das tut im Herzen weh, auch zu sehen, wie Stefan mit grandiosen Sprüngen Vierter wird. Ich bin ein bisschen sprachlos, weil es einfach nicht fair war von vorne bis hinten. Da muss sich die FIS etwas Besseres einfallen lassen", erklärt der Kärntner und verspricht ebenfalls Revanche.
Jan Hörl (96/101) war mit seiner Leistung zufrieden, hat nach eigener Steigerung im zweiten Durchgang aufgrund des unschönen Ausgangs für Kraft aber "gemischte Gefühle". "Es ist natürlich sehr bitter für 'Krafti', dass er Vierter geworden ist. Aber so ist der Sport, er wird das cool wegstecken."
Erschreckende Zuschauerkulisse
Ein weiterer Wermutstropfen war die erneut nicht berauschende Zuschauerkulisse. Die Zuschauerfläche am Schanzenauslauf war zwar gut gefüllt, die große Tribüne blieb jedoch auch im nächsten Bewerb mit großen slowenischen Chancen erschreckend leer. Bester Mann aus dem Team der Gastgeber war Anze Lanisek als Neunter.
Auch Weltcup-Dominator Halvor Egner Granerud (NOR) war an der elften Stelle unter den Geschlagenen. Olympiasieger Ryoyu Kobayashi (JPN) wurde im zweiten Durchgang wegen eines regelwidrigen Anzugs disqualifiziert, er hätte aber ohnehin keine Medaille gewonnen.
Die Polen und Deutschen mit jeweils drei Athleten unter den besten acht durften hingegen jubeln. Letztere gehen als Titelverteidiger in den Mixed-Bewerb am Sonntag und gelten wohl wieder als Top-Favoriten. Österreich wird mit Chiara Kreuzer, Jan Hörl, Eva Pinkelnig und Stefan Kraft an den Start gehen.