Der 25. Februar 2021 hätte sich in der jungen Karriere von Marita Kramer als größtes Highlight einbrennen können.
Stattdessen wurde das Frauen-Springen von der Normalschanze bei der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf zum großen Streichpunkt.
Die 19-Jährige lag mit Schanzenrekord in Halbzeitführung, doch das Finale wurde fast schon zum kleinen Skandal: Vor Kramer wurde der Anlauf um gleich zwei Luken verkürzt, obwohl sich die Bedingungen gegenüber ihren Vorgängerinnen überhaupt nicht verschlechterten.
Kramer legte einen schwachen Sprung hin, fiel auf Platz vier zurück und verpasste eine Medaille um 1,1 Punkte. Die Slowenin Ema Klinec holte Gold - kein ideales Bild für deren Landsmann und FIS-Verantwortlichen Miran Tepes.
Kramer sucht Schuld nur bei sich selbst
Doch Kramer suchte die Schuld nur bei sich: "Sowas darf einen Springer nicht beeinflussen. Solche Sachen passieren in jedem Wettkampf. Der Sprung war einer der schlechteren, ich wollte jeden Meter rausholen, bin dumm reingelandet - verdient Vierte", meinte eine verzweifelte ÖSV-Springerin im "ORF".
"Ich bin ein bisschen zu weit reingefallen, dann ist der Sprung zu spät geworden. Wäre ich normal gelandet, hätte ich trotzdem die Medaille gemacht. Wir haben gesagt, wenn man keinen Telemark macht oder eine hässliche Landung, kannst du Vierte werden. Und genau das ist mir passiert. Ich freue mich auf neue Sprünge, werde gleich schlafengehen und den Tag hinter mir lassen", schloss die unglückliche Vierte ab.
Stecher und Rodlauer schäumen: "Weiß nicht, ob die gut schlafen"
Die ÖSV-Verantwortlichen nahmen die Sache nicht ganz so hin.
Mario Stecher, der Sportliche Leiter im ÖSV, legte dann auch Protest ein, weil die Weite von Klinec laut Reglement eine Verkürzung nicht gerechtfertigt hätte. Wohl ahnend, dass der Einspruch ins Leere laufen würde. Der ÖSV erwartete für Donnerstag von der FIS keine Reaktion auf den Protest.
"Uns geht es da nicht so sehr um das Thema, dass man diesen Wettkampf annulliert, sondern dass Leute wie diejenigen, die heute an der Ampel oder in der Jury waren, nie mehr da oben stehen", betonte Stecher. Eine Verkürzung sei absolut nicht notwendig gewesen.
Für ÖSV-Cheftrainer Harald Rodlauer war die Jury-Maßnahme höchst fragwürdig. "Dass man bei der letzten Athletin in den Wettkampf eingreift, das ist für mich nicht nachvollziehbar. Das war einfach nicht fair. Ich weiß nicht, ob diese Leute heute gut schlafen werden", ärgerte sich der Steirer.
"Wenn die Letzten alle die gleichen Voraussetzungen haben und bei der Führenden geht man runter, dann entscheidet man durch eine Jury-Entscheidung mit. Ich bin ein sehr ruhiger Mensch und immer für Fairheit, momentan ist das für mich nicht nachvollziehbar. Es ist zur Kenntnis zu nehmen und wir werden nach vorne schauen, uns von solchen nicht fairen Aktionen sicher nicht rausbringen lassen."
Iraschko-Stolz will aufbauen
Mitleid mit der Teamkollegin gab es von Daniela Iraschko-Stolz, die auf Rang acht landete, während mit Verletzungs-Rückkehrerin Eva Pinkelnig (32.) und Sophie Sorschag (wegen des Anzugs disqualifiziert) die restlichen Springerinnen des ÖSV-Quartetts das Finale verpassten.
"Ich kann mich daran zurückerinnern, wie ich in Liberec Vierte wurde. Ich weiß genau, wie es ihr geht, ich habe das selbst erlebt. Es ist ein undankbarer Platz, aber das kriegen wir schon wieder hin", meinte die Tirolerin gewohnt positiv in Richtung ihrer Teamkollegin Kramer.
"Es ist schwer, einen Schuldigen zu finden. Aber wenn sie plus zehn Windpunkte hat, genau wie die anderen - da muss man meiner Meinung nach nicht runtergehen."
Die gute Seite für alle Beteiligten: Am Freitag kann die Sache im Teamspringen hinter sich gebracht werden.