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Biathlon: Der Olympia-Check mit Christoph Sumann

Christoph Sumann über die Lage der Biathlon-Nation und Medaillen-Chancen:

Biathlon: Der Olympia-Check mit Christoph Sumann Foto: © GEPA

Im Sommer ein Golfplatz, im Winter Langlauf-Loipen.

Auf die Biathleten warten bei den Olympischen Spielen in Südkorea besondere Gegebenheiten.

Für Österreichs Herren war Pyeongchang in der Vergangenheit ein guter Boden. Bei der Generalprobe im Vorjahr gab es einen Weltcup-Sieg im Sprint durch Julian Eberhard und Platz drei in der Staffel.

In diesem Winter sind die heimischen Biathleten – abgesehen vom Sieg in der Single-Mixed-Staffel durch Lisa Hauser und Simon Eder beim Weltcup-Auftakt - noch nicht richtig in Schuss gekommen. Bis zu Olympia konnte in diesem Weltcup-Winter kein einziger Podestplatz errungen werden.

LAOLA1 checkt mit dem dreifachen Olympiamedaillen-Gewinner Christoph Sumann vor Beginn der Spiele die Lage der Biathlon-Nation und die Chancen in Pyeongchang:

HERREN

"Die Gesamtsituation bereitet momentan etwas Sorgen", sagt Sumann. Während die heimischen Biathleten in der Vorsaison (inklusive WM) noch neun Stockerlplätze einheimsten, davon zwei Siege von Julian Eberhard, herrscht in diesem Weltcup-Winter bis jetzt Flaute.

"Die Gesamtform der Mannschaft ist nicht so, wie sie voriges Jahr war. Sie hatten alle gute Platzierungen, aber die absoluten Top-Platzierungen fehlen noch. Da spreche ich Simon (Eder), Landi (Landertinger) und Julian (Eberhard) an."

Eberhard schrammte als Vierter im Sprint von Östersund bisher am knappsten an einem Podiumsplatz vorbei. Drei weitere Male schafft es der Salzburger in die Top Ten. "Julian hat im letzten Jahr zwei Weltcup-Siege gefeiert und das Tempo in fast jedem Wettkampf mitbestimmt wenn nicht sogar bestimmt. Heuer bringt er gute Laufzeiten, aber keine überragenden", sagt Sumann. "Der Befreiungsschlag fehlt noch, da spielt sich auch viel im Kopf ab. Julian hat aber das Niveau, das hat er die letzten zwei Jahre bewiesen. Es fehlt nicht viel."

Ähnliches gilt für Simon Eder. Der 34-jährige Salzburger kam erst im Laufe der Saison richtig in Schwung und lief vier Mal in die Top 10, als bestes Einzel-Ergebnis hat er zwei siebente Plätze im Einzel und der Verfolgung zu Buche stehen. "Es waren Signale in die richtige Richtung da, das "Aha-Erlebnis" hat aber noch gefehlt. Ich mache mir trotzdem keine Sorgen, er ist ständig auf einem hohen Niveau", sagt Sumann.

Seinem gewohnten Niveau nähert sich auch Dominik Landertinger nach seiner Bandscheiben-OP im Sommer wieder an. Der 29-Jährige stieg erst Anfang Jänner in den Weltcup ein, mit Platz sechs im Einzel in Ruhpolding klopfte er bereits wieder an der absoluten Weltspitze an. "Landi hat einiges an Aufholbedarf, alle anderen haben drei Wochen mehr Wettkämpfe in den Beinen. Aber es wird immer besser", verweist Sumann auf die letzten Weltcup-Rennen vor Olympia, die "läuferisch sehr okay" waren.

Sumann's Medaillen-Prognose

Generell sei bei den ÖSV-Herren in den letzten Bewerben vor Olympia ein Aufwärtstrend erkennbar gewesen, sagt Sumann. "Ich bin guter Dinge, dass es bei Olympia einigermaßen hinhaun wird."

Seine Medaillen-Prognose für Pyeongchang fällt dennoch sehr zurückhaltend aus. "Letztes Jahr hätte ich gesagt, wir machen zwei Medaillen. Momentan sage ich: Wenn es irgendwie geht machen wir mit Müh und Not eine."

Sumann sieht in den Einzel-Bewerben bessere Chancen auf Edelmetall. "Simon, Julian und Landi fahren nicht zu Olympia, um 15. zu werden, die wollen natürlich was reißen", kennt der Steirer seine ehemaligen Teamkollegen. "Wenn wir eine Medaille holen, dann im Sprint. Wenn Julian gut schießt, könnte es für ihn gut ausschauen."

Für Eberhard wäre es die erste Olympia-Medaille. Eder und Landertinger haben bereits olympisches Edelmetall im Schrank hängen. Mit der Staffel gab es 2010 in Vancouver Silber und 2014 in Sotschi Bronze, Landertinger heimste 2014 zusätzlich Silber im Sprint ein.

"Die Staffel war bei den letzten Großereignissen ein Medaillengarant. Derzeit haben wir aber keinen vierten Mann, der annähernd auf einem Niveau mit den anderen drei ist", erklärt Sumann. Neben Eder, Landertinger und Eberhard gehören noch Sven Grossegger, David Komatz und Tobias Eberhard zum Olympia-Team.

DAMEN

Bei den Damen halten Lisa Hauser, Katharina Innerhofer und Dunja Zdouc die rot-weiß-rote Fahne noch. Im Gegensatz zu den Herren gibt es mit Hauser nur eine heimische Athletin, die an der Spitze mitmischen kann.

"Fakt ist, dass wir uns läuferisch nicht weiterentwickelt haben, auch Lisa hat sich im Vergleich zu letztem Jahr nicht entscheidend weiterentwickelt. Läuferisch sind wir nicht da, wo wir sein sollten, um ganz vorne mitzulaufen. Nur Schießen alleine ist im Biathlon nun mal zu wenig, dafür ist das internationale Niveau einfach zu hoch. Es braucht eine Steigerung im Laufen", sagt Sumann.

Die schwierigen Loipen in Südkorea würden den Damen ebenso nicht entgegenkommen, meint der Experte. Umso wichtiger wird die Leistung am Schießstand sein.

"Die Treffer müssen stimmen. Wenn Lisa konkurrenzfähig sein und ganz vorne mitlaufen will, braucht sie Nuller-Ergebnisse beim Schießen. Wenn diese nicht da sind, wird es verdammt schwierig. Lisa ist fast dazu verdammt, fehlerfrei zu schießen". Gelingt das, traut Sumann Hauser eine Top-Platzierung zu.

DIE INTERNATIONALE KONKURRENZ

"Es gibt da die zwei Wahnsinnigen, die alles in Grund und Boden laufen."

Wen Sumann damit meint, ist klar: Martin Fourcade und Johannes Thingnes Boe – zwei Namen, zwei Topfavoriten.

Der Franzose und der Norweger dominieren die bisherige Saison, bis auf einen Bewerb hieß der Sieger in diesem Winter immer Fourcade (6 Siege) oder Boe (8 Siege).

"Wenn sie fit sind und mit den Gegebenheiten in Südkorea gut zurechtkommen, wird es schwer, an den beiden vorbeizukommen", sagt Sumann und spricht den restlichen Athleten mit einem Augenzwinkern Mut zu: "Es werden ein paar andere auch noch mitmischen. Bronze ist ja auch schön."

Sumann hält allerdings fest: "Es ist noch lange keine Garantie für Fourcade und Boe, auch wenn sie bis jetzt alles beherrscht haben. Man muss abwarten, ob sie die Form überhaupt halten können. Es ist schon viel passiert bei Olympia, es hat schon einige Überraschungen gegeben."

Reisestrapazen, Zeitumstellung, die extreme Kälte – all diese Faktoren müssen berücksichtigt werden. "Fourcade und Boe waren beide bis jetzt noch nicht krank und haben überhaupt keine Schwächen gezeigt. Eine Verkühlung ist schnell da und reicht schon, um ein paar Sekunden langsamer zu laufen", merkt Sumann an.

Sumann erwartet Mehrkampf bei den Damen

Bei den Damen ist der Kreis der Medaillen-Anwärterinnen weitaus größer. "Es hat sich ein Mehrkampf herauskristallisiert", sagt Sumann.

Er hat folgende Damen auf der Rechnung: "Kaisa Mäkärainen ist die Gesamtweltcup-Führende und eine Allzeitgröße. Anastasiya Kuzmina ist wieder sehr stark. Sie hat bei den letzten beiden Spielen Gold im Sprint gewonnen. Laura Dahlmeier wird auch ein Wörtchen mitreden."

Zu den Mitfavoritinnen gehören für Sumann außerdem die Italienerin Dorothea Wierer und die Weißrussin Darja Domracheva sowie die Französin Justine Braisaz.

Die Damen sind es auch, die die Biathlon-Bewerbe bei Olympia eröffnen. Am Samstag (12:15 Uhr) steht als erstes Rennen der Sprint auf dem Programm. Zum gesamten Olympia-Programm >>>

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