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"König Ole" und seine kritische China-Mission

Ole Einar Björndalen und Darya Domracheva sollten Chias Biathleten zu Medaillen verhelfen.

Foto: © getty

Er ist der beste Biathlet der Geschichte - und sollte dafür sorgen, dass die Olympia-Gastgebernation China im Biathlon um die Medaillen mitmischen kann. 

Dieses Kunststück ist aber nicht einmal dem großen Ole Einar Björndalen gelungen. Seit Herbst 2019 betreut er gemeinsam mit seiner Frau Darya Domracheva - ebenfalls eine ehemalige Weltklasse-Biathletin - Chinas Biathlon-Team.

Von Medaillen gekrönt wird das angeblich fürstlich entlohnte Projekt von "König Ole" in Asien nicht sein. Bei den Wettkämpfen sind seine Schützlinge höchstens für eine kleine Nebenrolle gut.

Björndalen und Domracheva bringen es zusammen auf stolze zehn Olympiasiege, 22 WM-Titel und sieben Gesamtweltcuperfolge. Kaum jemand weiß besser als das berühmte Biathlon-Paar, wie man sich auf einen Höhepunkt vorbereitet, sich schindet und dem Erfolg alles unterordnet.

Ausreißer in den Top 20

All das ihren Schützlingen zu vermitteln, ist aber eine Aufgabe, die schwer umzusetzen ist, wie Cheftrainer Björndalen und die für die Frauen verantwortliche Domracheva feststellen mussten. Nur mit mehreren Dolmetschern ist die Verständigung mit den Sportlern gut möglich. Trainiert wurde in den vergangenen Jahren nicht nur in China, sondern auch in Björndalens norwegischer Heimat oder den Alpen.

Dies mit mäßigem Erfolg. Wer die Gesamtweltcup-Liste durchforstet, findet Chu Yuanmeng als beste Frau auf Platz 60 und bei den Männern auf Rang 64 Cheng Fangming. Eben jener Cheng lief heuer aber auch schon dreimal in die Top 20, was den früheren China-Cheftrainer Markus Fischer eine Überraschung zumindest nicht ausschließen lässt. "Olympia schreibt eigene Geschichten", meint der nunmehrige Trainer der österreichischen Frauen mit einem Augenzwinkern.

Vor mittlerweile zehn Jahren begann auch Fischers zweijährige Tätigkeit als Nationaltrainer der Volksrepublik China. Er betreute damals 15-Jährige, die nun vor ihren größten Karriere-Rennen stehen. "Damals war alles ein bissl offener", sagt Fischer und meint damit kaum die weitläufige, wie bitterkalte Anlage, auf die er gerade blickt. "Derzeit ist - auch mit der Corona-Situation - alles sehr streng."

Auch im totalitären Regime sind Erfolge nicht planbar

Doch auch im totalitären Regime sind Erfolge für ein Nachzügler-Land im Biathlon nicht planbar. "Biathlon ist ein sehr unberechenbarer Sport. Man braucht ein hohes Maß an Vertrauen in den Moment. Aber wir glauben beide, dass es möglich ist, gute Ergebnisse zu erzielen", sagt die Belarussin Domracheva, die wie ihr Ehemann 2018 vom aktiven Sport zurücktrat.

Sie wurde in Pyeongchang noch Olympiasiegerin mit der Staffel, Björndalen war damals Teil des Trainerteams von Belarus, weil er sich selbst im starken norwegischen Team nicht mehr qualifizieren konnte. Die Belarussen übrigens setzen auch nach Trainer Alfred Eder auf österreichisches Know-how durch den ehemaligen ÖSV-Trainer Reinhard Gösweiner und Material-Guru Benjamin Eder.

Björndalen entgegnet Kritik aus seiner Heimat

Björndalen ist nun zum achten Mal bei Olympia dabei. Allerdings in einer Funktion, die in seiner skandinavischen Heimat kritisch gesehen wird. "Wenn du ein wichtiges Amt in einem totalitären Staat übernimmst, musst du dir deiner Entscheidung bewusst sein. Unsere Aufgabe ist es, zu erzählen, wie schlimm die Menschenrechtslage in China ist", sagt John Peder Egenæs, der Chef von Amnesty International Norwegen.

Der einstige Ausnahmeathlet werde nur für die Zwecke Chinas benutzt, heißt es von Amnesty. Björndalen weist diese Vorwürfe von sich: "Ich konzentriere mich auf die Athleten und mache keine Gespräche über Propaganda mit irgendeinem Führer."

Sein Engagement erklärt der Rekord-Olympiasieger lieber so: "Natürlich nutzen wir gerne die Chance und helfen unserem Lieblingssport, sich weltweit zu entwickeln, in Ländern, in denen Biathlon und alle Wintersportarten ein enormes Potenzial haben."

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