Es ist der langgeplante Karriere-Höhepunkt von Vanessa Herzog.
Auf das olympische Rennen über 500 m am Sonntag (14:56 Uhr MEZ) in Peking arbeitete die Eisschnellläuferin vier Jahre hin, nachdem sie bei den Spielen 2018 in Pyeongchang als Vierte eine Medaille um nur 0,17 Sek. verpasst hatte.
Zwei Bandscheibenvorfälle warfen die 26-Jährige im Vorjahr zwar zwischendurch aus der Bahn, aber letztlich nicht aus ihrem Olympia-Plan. Die Medaille ist nach wie vor bzw. wieder das Ziel.
Dass die Umsetzung dieses Vorhabens enorm schwierig wird, wussten Vanessa sowie Trainer und Ehemann Thomas Herzog, bestätigt bekommen haben sie es beim rund eine Woche langen Training vor Ort.
"Ich glaube, es wird ein Gemetzel von acht bis zehn Leuten, die alle Medaillen machen können", schätzte Thomas Herzog. "Vanessa ist da dabei."
Die US-Amerikanerin Erin Jackson und die Russin Angelina Golikowa seien vielleicht ein wenig höher einzuschätzen. Herzog wird unter 30 Aktiven in ein früheres Paar gelost werden, da sie heuer nur ein Weltcup-Ergebnis hat.
Rücken bei 95 bis 99 Prozent
Wichtig ist, dass der Rücken nun hält. Laut Thomas Herzog ist er zu 95 bis 99 Prozent in Ordnung. "Das reicht für ein perfektes Rennen, und das wird sie brauchen. Wir haben erstmals seit vergangenen März drei Tage hintereinander aufs Eis gehen können - so gesehen ist der Rücken nicht mehr einschränkend."
Seit Wochenbeginn ist auch Vanessa Herzogs Neuro-Trainerin Sylvia Reisenthaler vor Ort, allerdings ist sie Corona-Kontaktperson und in Isolation.
Ihre Arbeit mit Herzog ist dadurch freilich nicht eingeschränkt, die Durchführung ihrer Tätigkeit ist ihr erlaubt. "Wir sind nur sehr vorsichtig und halten uns an die 15-Minuten-Regelung, Durchlüften der Räume und die Maske. Man geht jetzt kein Risiko mehr ein."
Österreichs Sportlerin des Jahres 2019 fühlt sich bei ihren dritten Spielen wohler als bei den vergangenen beiden.
"Vielleicht bin ich entspannter als vor vier Jahren, weil da habe ich viel zu viel von mir erwartet, habe mir nach meinem ersten Weltcupsieg den größten Druck gemacht", vermutete sie gegenüber der APA. "Jetzt gehe ich viel lockerer ins Rennen. Ich habe so viele Wochen Training im Sommer verpasst und ich genieße es einfach."
Niedrige Startzeit als Schlüssel zum Erfolg
Das Eis in der Halle habe ihr vom ersten Kontakt an gefallen, es bevorzuge kräftigere Aktive wie sie. "Man merkt sofort, dass man Grip und immer Druck hat", merkte die Ex-Weltmeisterin an. In den vergangenen Wochen wurde sukzessive mehr an der Geschwindigkeit und am Start gearbeitet.
Thomas Herzog: "Mit 10,6 Sekunden werden wir nicht viel reißen. Wir brauchen eine niedrige 10,4. Denn in der Runde ist Vanessa gleich schnell oder schneller als die Besten."
Beim Start musste die Athletin allmählich weg von einer natürlichen Schonhaltung. Die Schmerzen waren zwar schon aus dem Körper ("Ich habe im Sommer kaum mehr gehen können"), aber noch nicht aus dem Kopf. "An dieser Überwindung habe ich ein paar Wochen gearbeitet."
Nun startet die Wahl-Kärntnerin wieder tief und vor allem flott. "Im Training starte ich schon echt schnell. Wenn ich das im Rennen bringe, werden wir Spaß haben."
Die Herzogs erwarten ein sehr schnelles Rennen. Die olympischen Rekorde purzelten in den Pekinger Bewerben bisher nur so, jener über 500 m, Herzogs Parade-Strecke, wurde 2018 auf 36,94 Sek. gedrückt.
"Es wird in diese Richtung gehen", vermutete Thomas Herzog. "Wenn jemand olympischen Rekord läuft, hat er fix eine Medaille und wahrscheinlich Gold." Seine Frau soll in dieser Hinsicht ein Wörtchen mitreden. "Ich würde gerne wieder die fliegende Vanessa sehen."