1988 gewinnt Hubert Strolz Kombi-Gold in Calgary, 2022 erringt Johannes Strolz Kombi-Gold in Yanqing. Vater und Sohn mit jeweils einem Olympia-Sieg in derselben alpinen Ski-Disziplin, das allein ist eine große Schlagzeile wert.
Aber die Geschichte hinter der Geschichte macht das Ganze einzigartig. "Ich habe noch nie so eine Geschichte erlebt", sagte Österreichs Männer-Rennsportleiter Andreas Puelacher. "Das ist ein Märchen", bezeichnete es Technik-Coach Marko Pfeifer.
Einer "unglaublichen Abfahrtsleistung" folgte ein "beeindruckender Slalom", fasste Pfeifer zusammen, was zum größten Erfolg des Gewinners erst eines Weltcup-Slaloms geführt hatte. "Er konnte sich ausrechnen, dass die Chance riesig ist, was Großes zu erreichen. Er ist ein großer Sportsmann und ein Vorbild, dass man nie im Leben aufgeben soll. Was er in der Saison erreicht hat, und die Krönung mit dem Olympiasieg, womit er seinem Vater nachfolgt."
Keine ÖSV-Unterstützung und "mit dem Rücken zur Wand"
Im vergangenen Frühjahr bei der Kadererstellung sei Strolz wieder auf der Tagesordnung gewesen, erläuterte Pfeifer. Ein super Skifahrer, aber fehlende Ergebnisse. "Es ist jedem sehr schwer gefallen, als entschieden wurde, dass er nicht mehr im Kader ist. Aber es hat von uns geheißen, dass er sich im Herbst beweisen kann und wenn das passt, bekommt er Weltcupeinsätze. Diese Tür hat man ihm offen gelassen."
Strolz fiel also aus der ÖSV-Unterstützung, organisierte sich alles selbst und bestätigte im November, dass er schnell ist und die Laufbahn noch nicht zu Ende, ehe sie richtig begann. "Und dann war er konstant mit uns in der Mannschaft dabei. Er ist ein super Typ, super Kamerad, da gab es nie Reibungen", sagte Pfeifer.
Strolz stand im November auf der Reiteralm "mit dem Rücken zur Wand", wie es der Slalom-Coach formulierte. "Es war sicher das schwerste Rennen seines Lebens. Es konnte passieren, dass es komplett vorbei ist. Das war eine mentale Meisterleistung. Es hat ihn mental stärker gemacht. Ski gefahren ist er immer schnell, aber jetzt kann er mit diesem Druck umgehen. Er ist als Person gereift. Solche Sachen entscheidet der Kopf und nicht mehr das Skifahren. Das zeugt von Stärke."
Dornbirner Streifenpolizist im Sommer
Strolz sprach nach der Goldmedaille davon, dass das Reiteralm-Rennen das schwierigste des Winters gewesen sei. "Ich habe mich im Sommer festgelegt, dass ich mich auf diese Qualifikation noch einmal vorbereite. Es war nicht der Plan, die Saison auf Biegen und Brechen durchzuziehen, sondern die Situation nach der Qualifikation noch einmal neu zu bewerten. Wie ich in Form bin und wie der Standpunkt vom Skiverband ist."
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Wie sehr er sich auch mit der Zukunft abseits des Sports beschäftigt hatte, zeigt die Tatsache, dass Strolz im Sommer zweieinhalb Monate als Streifenpolizist auf der Polizeiinspektion Dornbirn Dienst versah. "Das war eine schöne Zeit, eine coole Mannschaft, wo man den Zusammenhalt spürt. Es hat mir Spaß gemacht." Die Polizei sei Rückhalt, auch finanziell, und er habe die Gewissheit, einen Beruf ausüben zu können. Nebenbei habe er hart trainiert.
Der Anteil von Papa Hubert
Weil er in seiner kaderlosen Zeit die Ski selbst präparierte, hielt Strolz auch im Weltcup an diesem Ablauf fest. "Es war nach dem Adelboden-Erfolg für uns wichtig, dass er nichts ändert. Das wollte auch er so. Nach der Saison werden wir uns zusammensetzen, wie er Unterstützung bekommen kann, dass es in eine gute Richtung geht", berichtete Pfeifer.
Nach dem Premierenerfolg im Weltcup im Adelboden-Slalom - es war erst der dritte Top-Ten-Rang bei nun 67 Antreten - musste Strolz an der Europacup-Abfahrt in Tarvisio (Tarvis) teilnehmen, um sich die Startberechtigung für die Olympia-Kombination zu sichern. "Er wollte nicht, aber ich habe ihn überreden können, und nun endet die Geschichte so", sagte Puelacher.
Seinen Anteil am Kombi-Start hatte aber auch Vater Hubert Strolz. "Der Papa speziell hat gesagt, dass es gut ist für mich und ich dadurch die Möglichkeit habe, das ganze Olympiaerlebnis ganz anders mitzunehmen. Dass ich die Eröffnungsfeier miterleben kann, dass ich mich an das Flair gewöhnen kann und Energie für die Wettkämpfe mitnehme", erzählte der Sohn.
"Papa ist stolz auf mich"
Puelacher ist überzeugt, dass Johannes Strolz noch "gute Jahre" haben werde. "Er ist richtig gefestigt. Wenn du Olympiasieger bist, bist du einer der Guten und nicht nur einer, der mitfährt." Charakterlich war er schon längst bei den Größten dabei. "Da ist das Elternhaus mitbeteiligt", weiß Puelacher.
Johannes Strolz hatte auch schon das erste Telefonat mit dem Vater geführt, bevor die große internationale Pressekonferenz stattfand. "Ich bin so überwältigt. Er freut sich für mich, ist stolz auf mich. Das ist ein unglaublicher Moment für unsere Familie."
Und auch wenn es diesen Moment nicht gegeben hätte, Johannes hatte längst Worte für seinen Vater im Kopf. "Ich habe mir im Sommer gedacht, falls ich meine Karriere bald beende, muss ich meinem Papa wirklich sagen, was für eine Hochachtung ich vor seiner Leistung habe. Weil ich alles daran gesetzt habe, dass ich auch an die Weltspitze komme. Ich habe mir nicht vorstellen können, wie es ist, bei so einem Großereignis so eine Leistung abrufen zu können. Jetzt habe ich es selber geschafft, das ist unglaublich."
Die Gold-Fahrt des 29-Jährigen kannst du dir hier nochmals ansehen: