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Sensations-GOLDener Strolz: "Fokus trotz Kopfkino"

Der Kombi-Olympiasieger über Papa Hubert, Erwartungen und sein schwerstes Rennen.

Sensations-GOLDener Strolz: Foto: © getty

Solche Märchen schreibt nur der Sport.

Nicht oft passt die inflationär verwendete Redewendung besser als zur Geschichte des neuen Olympiasiegers in der Alpinen Kombination Johannes Strolz. 

Mit GOLD in Peking setzte sich Strolz 34 Jahre nach dem Kombi-Olympiasieg seines Vaters Hubert in Calgary 1988 ein Denkmal: Vater und Sohn mit Olympia-Gold in derselben Alpinen Ski-Disziplin - einzigartig. 

Dabei war die Ski-Karriere im vergangenen Sommer schon fast vorbei. Das Aus in sämtlichen ÖSV-Kadern, einzig die Hintertür, über die Qualifikation im November doch noch Einsätze im Weltcup zu bekommen, blieb einen Spalt geöffnet. Im Interview spricht Strolz - heute als Olympiasieger - über diese Quali, sein "schwerstes Rennen".

Erst danach zündete der Vorarlbeger den Turbo: Eigentlich schon weg vom (ÖSV)-Fenster, carvte er mit Nr. 39 völlig überraschend zum Sieg im Adelboden-Slalom und in die Herzen der rot-weiß-roten Ski-Fans. Das Olympia-Ticket im Slalom war so natürlich gebucht, zum Kombi-Start musste er von Herren-Cheftrainer Andreas Puelacher überredet werden (mehr Infos >>). Mit Erfolg, wie sich am frühen Donnerstagmorgen zeigte.

Im ersten Interview nach dem Sieg spricht der 29-Jährige über seinen Vater, die eigenen Erwartungen und Kopfkino nach den ersten Abfahrtstrainings in Yanqing.

Frage: Viele sagen, das ist wie im Märchen. Wie würde Sie beschreiben, was passiert ist?

Strolz: Man findet fast keine Worte dafür. Es ist wirklich ein Traum für mich. Wenn ich zurückdenke, was ich alles auf mich genommen habe für das Ganze, was ich alles erlebt habe. Dann bin ich einfach unheimlich dankbar, dass ich das erleben darf. Und bin auch sehr stolz, dass ich das geschafft habe.

Frage: Die hervorragende Abfahrt war der Grundstein. Haben Sie da Ihr Herz in die Hand genommen?

Strolz: Es war nicht so leicht, dass ich mich fokussiere. Ich habe mich im Abfahrtstraining schon sehr gut gefühlt, dann ging das Kopfkino los mit Medaille, mit Goldmedaille, dass alles möglich ist und fast schon greifbar nahe. Ich bin mit sehr viel Selbstvertrauen in das Rennen gegangen und habe mich wirklich zusammenreißen müssen, dass ich den Fokus halte. Man muss sich auf das konzentrieren, was am Hang zu tun ist. Ich habe in der Abfahrt das Herz in die Hand genommen und mutig und fokussiert einen aggressiven Lauf gezeigt. Im Slalom wusste ich, dass ich wirklich gut in Form bin. Mit der Ausgangsposition rückte das Ganze ein Stück näher. Von dem hatte ich immer schon geträumt, dass ich mit den Besten der Welt um Medaillen kämpfen kann. Ich habe zu mir gesagt: "Zieh das konzentriert durch."

Frage: Vergangenen November auf der Reiteralm drohte das Karriereende. Es ging um die Qualifikation für einen Startplatz im Weltcup. Ihre Trainer sagen, das war eine mentale Meisterleistung.

Strolz: Ich habe mich im Sommer festgelegt, dass ich mich auf diese Qualifikation noch einmal vorbereite. Es war nicht der Plan, die Saison auf Biegen und Brechen durchzuziehen. Sondern die Situation nach der Qualifikation noch einmal neu zu bewerten. Wie ich in Form bin und wie der Standpunkt vom Skiverband ist. Da ist es für mich um sehr, sehr viel gegangen. Das war fast das schwerste Rennen für mich in der Saison.

Frage: Rennsportleiter Andreas Puelacher musste Sie zum Start in der Abfahrt in Tarvisio erst überreden, damit Sie die Kombi-Startberechtigung für Olympia haben.

Strolz (lacht): Ja, da bin ich jetzt sehr froh, aber es hat sehr viel Überredungskunst vom Andi gebraucht. Zuerst habe ich nein gesagt, das ist zu viel. Nach Adelboden (Sieg im Slalom/Anm.) war ich nervlich ein bisschen angeschlagen, habe bis drei in der Früh kein Auge zu getan, weil der ganze Tag immer wieder durch mich durch geschossen ist. Nächsten Tag in der Früh ruft mich Andi an und sagt, du musst in einer Stunde entscheiden. Dann habe ich überlegt, zu neunzig Prozent haben alle gesagt, mach es. Aber der Papa speziell hat gesagt, dass es gut ist für mich und ich dadurch die Möglichkeit habe, das ganze Olympia-Erlebnis ganz anders mitzunehmen. Dass ich die Eröffnungsfeier miterleben kann, dass ich mich an das Flair gewöhnen kann und Energie für die Wettkämpfe mitnehme."

Frage: Kombi-Olympiasieger wie der Papa, das klingt schon gut, oder?

Strolz: Auf jeden Fall. Für mich hat diese Goldmedaille eine unheimliche Bedeutung, auch wenn das beim Papa nicht das gleiche Format war. Aber es ist eine ähnliche skifahrerische Leistung. Ich habe mir im Sommer gedacht, falls ich meine Karriere bald beende, muss ich meinem Papa wirklich sagen, was für eine Hochachtung ich vor seiner Leistung habe. Weil ich alles daran gesetzt habe, dass ich auch an die Weltspitze komme. Ich habe mir nicht vorstellen können, wie es ist, bei so einem Großereignis so eine Leistung abrufen zu können. Jetzt habe ich es selber geschafft, das ist unglaublich.

Frage: Ihre Kollegen aus der Slalom- und Riesentorlaufgruppe, viele Trainer waren heute hier im Zielraum, um sie anzufeuern. Was bedeutet Ihnen das?

Strolz: Das war in Adelboden schon unheimlich schön, dass sich alle so mit mir gefreut haben. Das bedeutet mir wirklich viel, die Anerkennung und Freude von meinen Teamkollegen, weil die wissen, was es heißt, über Jahre lang hart zu trainieren und sämtliche Höhen und Tiefen zu durchleben. Und wenn sich die Weggefährten so mit einem freuen, ist das was Besonderes. Ich spüre bei jedem Einzelnen, dass es eine ehrliche Freude ist. Schön, dass ich das erleben darf. Ich hoffe, dass im Slalom einer der anderen auch noch zuschlagen kann.

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