So schnell kann es in Corona-Zeiten gehen: Nach dem misslungenen Comeback springt Thomas Diethart unverhofft die Karriereleiter als Trainer hinauf.
Weil ÖSV-Frauen-Cheftrainer Harald Rodlauer als Kontaktperson in Österreich bleiben muss, leitet der ehemalige Vierschanzentournee-Sieger wenige Wochen nach seiner Amtseinführung als Co-Trainer interimistisch die Geschicke bei den Olympischen Winterspielen in Peking.
Der Sensations-Tourneesieger von 2013/14 hatte seine Skisprung-Latten nach einigen Stürzen als 26-Jähriger 2018 schon an den Nagel gehängt gehabt, vor wenigen Monaten dann doch noch einmal einen Versuch zurück in den Weltcup gewagt. Vergeblich. Kurz darauf bestätigte der ÖSV am Vorweihnachtstag, dass Diethart der neue Co-Trainer an der Seite Rodlauers wird.
Auch hier spielte das Virus mit: Die Position war vakant geworden, weil sich der Verband vom früheren, aber impfunwilligen Co-Trainer getrennt hatte. Diethart hatte zuvor als Nachwuchsbetreuer in Tirol und Deutschland Erfahrung erworben.
Stecher über Diethart: "Wird das mit Bravour meistern"
Nun betreut "Didl" die ÖSV-Skispringerinnen auf der wohl größtmöglichen Sportbühne. Am Samstag folgt die Feuertaufe mit dem Normalschanzen-Bewerb.
"Ich gehe davon aus, dass Thomas Diethart der Situation gewachsen ist", sagt Mario Stecher, Sportlicher Leiter Sprunglauf und Nordische Kombination im ÖSV, auf LAOLA1-Nachfrage. "Wer seinen Werdegang als Skispringer und jetzt als Trainer kennt, weiß, dass er über die Jahre immer sehr guten Kontakt zu den einzelnen Personen gepflegt hat. Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass Thomas Diethart das mit Bravour meistern und auch die richtigen Worte an der Schanze finden wird."
Rodlauer hat vor kurzem erst gegenüber der APA Diethart als neuen Mann im Betreuungsteam gelobt. "Er hat eine tolle Karriere hinter sich. Seine Inputs sind sehr wichtig für das Team und auch für mich. Er hat eine neue Sichtweise", erklärt der Steirer. "Wenn man länger dabei ist, sieht man vielleicht gewisse Dinge nicht mehr. Er ist aber noch nicht solange weg vom aktiven Sport. Er hat auch Situationen gehabt, die er meistern musste. Die könnten der einen oder anderen helfen."
Rodlauer ist "extrem niedergeschlagen"
Selbstverständlich werden Diethart und die Springerinnen auch mit dem in der Heimat gebliebenen Rodlauer in Kontakt stehen. "Er wird sich keinen einzigen Sprung entgehen lassen und mit Thomas Rücksprache halten. Er ist somit zwar nicht vor Ort, aber trotzdem eingebunden", sagt Stecher.
Der etatmäßige Cheftrainer hatte beim Weltcup in Willingen nicht nur Kontakt mit seinen Athletinnen Sara Marita Kramer und Jacqueline Seifriedsberger, die beide Covid-bedingt die Spiele verpassen, sondern auch mit der am Abflugtag ebenfalls positiv auf das Coronavirus getesteten Physiotherapeutin des Teams und verzichtet deshalb auf die Spiele.
"Es ist ihm extrem schwer gefallen, als im Augenblick kerngesunder Mensch, nicht rüber zu fliegen", schildert Stecher. "Aber wer Harald kennt, weiß, wie wichtig ihm der Erfolg der Frauen ist. Er ist extrem niedergeschlagen, hat aber in den Vordergrund gerückt, dass die, die drüben sind, sich jetzt in Sicherheit wiegen können und er nicht der Unsicherheitsfaktor ist."
Bleibt nur zu hoffen, dass das Skisprung-Team von weiteren Ausfällen verschont bleibt.