Es zählt jährlich zu den absoluten Highlights im alpinen Ski-Kalender: Das Nightrace in Schladming.
Seit 1997 wird auf der Planai ein Weltcup-Slalom unter Flutlicht ausgetragen. Das Spektakel lockt regelmäßig zigtausende Fans in die Steiermark.
Stories hat der legendäre Nacht-Slalom seit jeher genügend zu bieten: Von Rekordsiegern und gefährlichen Schneebällen, über Versöhnungen bis hin zu einer Flitzerin - in Schladming weiß man nie so richtig, was als Nächstes passiert.
LAOLA1 zeigt die größten Momente, Skandale und Aufreger auf, die das Nightrace in seiner Geschichte bisher zu bieten hatte.
Platz 10: Die Premiere
Mit großen Erwartungen reisten die Österreicher zum ersten Nachtslalom nach Schladming. 1997 dominierte Thomas Sykora in dieser Disziplin, auch Thomas Stangassinger zählte mit drei zweiten Plätzen zum Favoritenkreis. Letzterer sah dann vor über 23.000 Zuschauern nach dem ersten Durchgang schon wie der Sieger aus, ehe er sich im Finale mit klarer Zwischenbestzeit einen Patzer leistete und viel Zeit verlor.
Damit war der Weg frei für Superstar Alberto Tomba, der mit 0,16 Sekunden Vorsprung auf Stangassinger seinen 48. und drittletzten Weltcup-Sieg feierte. Im Herbst seiner Karriere glückte "Tomba la Bomba" pünktlich vor der Heim-Weltmeisterschaft in Sestriere sein einziger Saisonsieg, der die Erwartungshaltung in Italien wieder ins Grenzenlose steigen ließ. Die WM sollte sein letztes Großereignis werden, und Tomba holte sich mit der Bronzenen im Slalom seine letzte Medaille.
In Schladming waren die Fans auch ohne österreichischen Sieg begeistert und sorgten für tolle Stimmung. 1997 diente als Startschuss für eine bis heute andauernde Erfolgsstory, die sich in den folgenden Jahren noch mehrmals selbst übertreffen würde.
Platz 9: Das Zeitnahme-Chaos
2005 durften die ÖSV-Herren über einen Doppelsieg jubeln. Nur zwei Tage nach seinem ersten Weltcupsieg in Kitzbühel legte Manfred Pranger an seinem 27. Geburtstag beim Nightrace noch einen drauf und verwies Benjamin Raich auf den zweiten Platz. Am Ende sorgte aber ein kurioser Zwischenfall während des Rennens für wochenlanges Chaos:
Nach dem ersten Durchgang mussten die Zeiten von Pranger, Rainer Schönfelder und Giorgio Rocca korrigiert werden, da die Zeitmessung zu früh ausgelöst wurde. Daraufhin legten die Italiener ohne Erfolg Protest ein, der zweite Durchgang musste um eine halbe Stunde verschoben werden und ein wütender Rocca gab seine Führung mit einem Fehler im zweiten Lauf leichtfertig her.
Am nächsten Tag klagte der italienische Skiverband offiziell bei der FIS und forderte eine Annullierung des Nachtslaloms. Es wurden Verschwörungstheorien aufgestellt und "Mafiavorwürfe" an den ÖSV geäußert. Nach einer Untersuchung wurde der Protest schließlich abgewiesen und Pranger durfte seinen Sieg behalten.
Platz 8: Die Versöhnung
2012 - oder auch das Jahr, in dem der wohl beste Skifahrer aller Zeiten seinen ersten von acht Gesamtweltcups gewann. Auch beim Nightrace stand Marcel Hirscher wie gewohnt im Fokus, allerdings nicht nur während des Rennens, sondern vielmehr bereits davor.
Ausgangspunkt war die berühmte "Einfädler-Affäre" von Zagreb, die einen Streit zwischen dem Salzburger und dem amtierenden Gesamtsieger Ivica Kostelic entfachte. Hirscher gewann den Slalom trotz einer strittigen Situation mit potenziellem Einfädler, der Kroate fühlte sich daraufhin um seinen Sieg betrogen. Kostelic glaubte Hirscher offensichtlich nicht, dass dieser den Fehler nicht spürte: "Wer weiß, vielleicht hat er ja schon öfters eingefädelt", stichelte er.
Bei der Startnummern-Auslosung in Schladming zogen die beiden Stars dann per Handschlag einen Schlussstrich unter ihre Konfrontation.
Das Rennen auf der Planai gewann Hirscher, Kostelic verpasste das Podest um eine Hundertstel und wurde Vierter.
Platz 7: Der König von Schladming
Schladming erwies sich für Benjamin Raich des Öfteren als gutes Pflaster. Nach seinem Premierensieg 1999 triumphierte der Tiroler auch 2001 und 2004 und stand im perfekten Drei-Jahre-Rhythmus 2007 wieder am obersten Stockerl. Dabei verlief Raichs Saison bis dahin nicht wirklich nach Plan, nach zwei Olympia-Goldmedaillen und dem Gesamtweltcup im Jahr zuvor konnte er vor dem Nightrace nur zwei Saisonsiege feiern.
Erstmals in der Geschichte des Flutlicht-Klassikers wurde 2007 die 50.000-Zuschauer-Marke gesprengt. Getragen von den unzähligen Fans und einer elektrisierenden Atmosphäre lief Raich wieder zur Hochform auf: "Die Stimmung war einmal mehr sensationell. Da geht alles noch ein bisschen leichter", jubelte das Ski-Ass nach dem Rennen.
Mit seinem vierten Erfolg auf der Planai kürte sich Raich endgültig zum König von Schladming auf. Bis heute ist er mit vier Erfolgen gemeinsam mit Henrik Kristoffersen Rekordsieger.
Platz 6: Der zweite König von Schladming
Das Nightrace 2020 war in mehrerer Hinsicht (mehr dazu weiter unten) ein spektakuläres Rennen.
Trotz eines Riesenfehlers nach wenigen Toren feierte Henrik Kristoffersen seinen vierten Schladming-Sieg und zog damit mit Rekordsieger Benjamin Raich gleich. Dabei wäre an diesem Abend eigentlich alles für den Halbzeit-Führenden Marco Schwarz angerichtet gewesen, der jedoch im Finale bereits nach fünf Fahrsekunden ausrutschte und den Lauf mit viel Rückstand beendete.
Im Ziel verstand der Norweger die Welt nicht: "Wie ist das möglich, dass man ein Rennen gewinnen kann nach so einem Riesenfehler?", war er selbst am meisten verwundert.
Kristoffersen errinerte mit seiner aggressiven Fahrt nach dem Schnitzer an diesem Abend an seinen früheren Rivalen Marcel Hirscher, mit dem er sich gerade auf der Planei einige packende Duelle geliefert hatte. "Ich freue mich immer so auf Schladming, es ist wirklich mein Heimrennen hier", jubelte der Norweger, der 2023 die nächste Chance bekommt, der alleinige Rekordhalter in Schladming zu werden.
Platz 5: Der Blindflug
Die Zuschauer staunten nicht schlecht, als der große heimische Superstar Marcel Hirscher 2016 im ersten Durchgang einen beachtlichen Rückstand ausfasste und nur auf Rang 22 landete. Der Grund für die schwache Leistung war schnell gefunden: Hirscher hatte seine Brille auf der falschen Seite beschichtet, wodurch das Glas stark anlief und er sich quasi blind durch das rot-blaue Stangenmeer kämpfen musste.
"Ich habe nur gehofft, dass ich irgendwie durchkomme", meinte der ÖSV-Star, der sich während des Laufs schon die Brille herunterreißen wollte.
Mit Wut im Bauch raste Hirscher im zweiten Durchgang schließlich noch auf Platz zwei. Geschlagen wurde er nur von seinem jahrelangen Widersacher Henrik Kristoffersen, gegen den er beim Nightrace insgesamt dreimal den Kürzeren zog. "Der Hundling macht keine Fehler", meinte Hirscher nach dem Rennen.
Platz 4: Das Quarantäne-Stockerl
Mit nur zwei Läufern - Marco Schwarz (24.) und Manuel Feller (28.) - im Finale zeichnete sich 2022 das schlechteste Schladming-Ergebnis aller Zeiten für die Österreicher ab.
Im zweiten Durchgang bewies Feller jedoch einmal mehr sein Ausnahmetalent: Mit Laufbestzeit katapultierte sich der von einer zehntägigen Corona-Quarantäne geschwächte und erst am Morgen des Renntages "freigelassene" Tiroler doch noch auf den dritten Endrang und rettete damit die österreichische Slalom-Party auf der Planai.
Damit fuhr der Tiroler quasi vom Krankenbett aufs Podest und brachte alle zum Staunen: "Er ist eine Kanone. Bei ihm weißt du nie, was passiert", meinte auch der damalige ÖSV-Cheftrainer Andreas Puelacher.
Es war eines seiner verrücktesten Rennen, wie Feller heute sagt. "Das ist alles ein bisschen in Trance passiert, ich war eigentlich fast im Delirium. Im 1. Durchgang hat es mir den Kreislauf zusammengehaut und es war alles ein bisschen mehr müssen als wollen. Es war dann im 2. Durchgang ein unglaubliches Erlebnis, da so lange als Führender sitzen zu dürfen und dann schlussendlich in Schladming am Podium zu stehen - auch wenn es nur vor 1.000 Fans war. Das war schon unglaublich."
Platz 3: Der "Superman"
Nach Alberto Tombas zweitem Sieg 1998 warteten die Fans sehnsüchtig auf den ersten Heimsieg. Wie dieser schließlich am 7. Jänner 1999 zustande kam, kann bis heute zu den unglaublichsten Geschichten der Weltcup-Geschichte gezählt werden.
Mit einer sensationellen Aufholjagd im zweiten Durchgang gewann ein blutjunger Benjamin Raich von Platz 23 aus sein erstes Weltcup-Rennen. Vor rund 35.000 Zuschauern stürmte der Tiroler mit klarer Laufbestzeit im Finale an allen Konkurrenten vorbei und brachte den Zielhang zum brodeln. Damit wurde Raich, der unter seinem Rennanzug das bekannte blaue Shirt mit rot-gelbem "S" trug, in Schladming zum "Superman".
An diesem Tag ging der Stern des damals 20-Jährigen auf. "Dass es so schnell geht, hätte ich nicht gedacht", freute sich Raich im Ziel. Und fügte weiter an: "Ich bin gefahren wie eine Wildsau!"
Wie man weiß, sollte es nicht sein letzter Sieg in Schladming bleiben...
Platz 2: Der Schneeball-Skandal
Nachdem Henrik Kristoffersen drei der letzten vier Nightraces für sich entscheiden konnte und dabei jedes Mal Marcel Hirscher auf den zweiten Platz verwies, lief es auch 2018 wieder auf ein Duell zwischen den Superstars hinaus. Auch in diesem Jahr deklassierten die beiden die Konkurrenz, Hirscher gewann das Rennen und sorgte für den insgesamt 500. Sieg der ÖSV-Herren im Ski-Weltcup.
Getrübt wurde die Partystimmung jedoch von einer Handvoll "Fans", die während des zweiten Laufs Schneebälle auf Kristoffersen warfen.
"Es waren, glaube ich, drei Schneebälle, die auf mich zugeflogen sind", berichtete ein der verärgerte Norweger nach dem Rennen. "Natürlich versuchst du, dich auf den Kurs zu konzentrieren, aber es ist ziemlich schwierig, wenn da was auf dich zukommt."
Auch sein großer Rivale Hirscher verurteilte die Aktion: "Das ist sehr unlustig, sehr uncool und sehr unfair. Bei 50.000 Leuten sind halt fünf Halblustige dabei, die glauben, sie sind superklass'."
Platz 1: Die Flitzerin
Eine Szene, die vermutlich vor allem männlichen Fans noch länger im Gedächtnis blieb, sorgte 2020 für große Aufregung:
Eine nur spärlich bekleidete junge Dame namens Kinsey Wolansky lief im zweiten Durchgang während der Fahrt des Südtirolers Alex Vinatzer auf die Strecke und löste unmittelbar vor dem jungen Italiener die Zeitnahme im Ziel aus. Durch die zu früh ausgelöste Zeit wähnte sich Vinatzer in Führung, kurz darauf wurde das Ergebnis aber korrigiert.
Wolansky hielt ein Schild mit der Aufschrift "RIP Kobe 24 #Legend" in Anlehnung an die verstorbene Basketball-Legende Kobe Bryant in die Höhe.
Den Vorfall nahm der Südtiroler später mit Humor. "Ich finde es zum Lachen, dass solche Sachen auch im Skisport passieren", sagte Vinatzer. "Schade, dass sie nicht die gute Zeit genommen haben."
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