Die beste Skifahrerin der Gegenwart noch besser zu machen, ist wohl eine der spannendsten Aufgaben im Sport-Kosmos.
Dieser Job obliegt seit kurzem Karin Harjo. Die Norwegerin ist seit dieser Saison Cheftrainerin von Mikaela Shiffrin.
Harjo trat im Frühjahr die Nachfolge von Mike Day an, von dem sich Shiffrin überraschend während der WM im Februar trennte. Bei jener WM fungierte Harjo noch als Cheftrainerin der kanadischen Ski-Frauen und war mitverantwortlich für das Sensations-Gold von Laurence St-Germain im Slalom.
Der kanadische Gold-Rausch war jedoch nicht der einzige Grund, warum Shiffrin Harjo in ihr Team holte.
"Vielleicht kann ich in dieser Phase meiner Karriere anderen Frauen in der Ski-Welt eine Vorstellung davon geben, wonach sie streben können."
"Ich habe mich für Karin entschieden, weil ich schon fast zehn Jahre mit ihr zusammengearbeitet habe, sie gut kenne", sagt Shiffrin gegenüber LAOLA1.
Harjo hat 23 Jahre Erfahrung im Trainerinnengeschäft. Sie hat von 2011 bis 2022 für das US-Ski-Team gearbeitet, fungierte als Assistentin bei den Technikerinnen (2015 bis 2017) und im Speed-Team (2017 bis 2022).
"Noch wichtiger ist, dass Karin – vor allem durch ihre Rolle als Cheftrainerin in Kanada – viel Erfahrung mit logistischer Planung hat. Sie hat auch ein unglaubliches Wissen im Bereich Analyse und Daten-Aufarbeitung", streicht Shiffrin Harjos Stärken hervor. "Natürlich ist sie auch eine wunderbare Ski-Trainerin."
Harjo wurde als Tochter norwegischer Eltern in Tokio geboren. Sie wuchs unter anderem in Skandinavien auf und übersiedelte später in die USA, wo sie Molekularbiologie studierte.
Das Skifahren war immer ihre große Leidenschaft und so stieg sie ins Trainerinnengeschäft ein. Nach ihrer Zeit beim US-Ski-Team folgte Harjo dem Ruf aus Kanada – und wurde zur ersten Cheftrainerin eines namhaften Skiverbands seit Marie-Theres Nadig 2004/05 in der Schweiz. Die Norwegerin war 2016 auch die erste Frau, die einen Kurs im Slalom-Weltcup stecken durfte.
Shiffrin will Frauen im Ski-Sport ins Rampenlicht rücken
Die Tatsache, dass Harjo aktuell die einzige weibliche Cheftrainerin im Ski-Weltcup ist, nimmt Shiffrin zum Anlass, um Trainerinnen stärker ins Rampenlicht zu rücken.
"Ich habe viel erreicht, aber vielleicht kann ich in dieser Phase meiner Karriere anderen Frauen in der Ski-Welt oder in Führungspositionen eine Vorstellung davon geben, wonach sie streben können", sagt Shiffrin. "Ich denke, es ist wichtig, Frauen zu zeigen, dass es einen Raum und einen Weg für sie gibt."
Harjo ist nicht die einzige Frau im Team der an Weltcup-Siegen gemessen besten Skifahrerin aller Zeiten. Shiffrin hat jede Menge Frauen-Power in ihrem engsten Umfeld. Neben Harjo spielen ihre Mutter Eileen (im Bild), Physiotherapeutin Regan Dewhirst und Medienbetreuerin Megan Harrod tragende Rollen.
Shiffrin: "Dann ist es egal, ob es eine Frau oder ein Mann ist"
Shiffrin streicht den Fakt hervor, dass es im Ski-Sport weitaus mehr Männer als Frauen gibt. "Und das ist auch kein Problem, solange die Arbeit gut gemacht wird", meint die US-Amerikanerin.
"Ich möchte die Idee fördern, dass man mit Leuten arbeitet, die die Arbeit wirklich gut machen – egal, ob es eine Frau oder ein Mann ist."
Im Team Shiffrin werken neben den zuvor genannten Frauen natürlich auch Männer, wie Manager Kilian Albrecht, Co-Trainer Mark Mitter oder die beiden Servicemänner Robert Bürgler und Lukas Rottinger.
"Jeder in meinem Team ist wirklich motiviert zu arbeiten und sich zu verbessern. Es geht nicht nur um's Gewinnen, alle sind leidenschaftlich dabei", erzählt Shiffrin.
Dass nicht der Erfolg allein die Triebfeder ihres Tuns ist, spiegelt sich auch in Harjos Aussagen wider. "Es ging mir nie um Titel, sondern um die Arbeit an sich und den Spaß daran."
Da wird selbst an Tagen, an denen sich die Motivation bei Shiffrin in Grenzen hält, noch das Beste rausgeholt.
"Vor ein paar Tagen sind wir zum Training gefahren und ich war ziemlich schlecht gelaunt. Aber Karin, Mark, Regan und meine Mutter waren so gut gelaunt, dass ich mir dachte: Oh ja, wir könnten heute Spaß haben", erzählt Shiffrin aus ihrem Alltag.
"Mit solchen Leute zu arbeiten, die mich inspirieren, ist für mich das Größte." Da ist es auch völlig egal, ob es ein Mann oder eine Frau ist.