"Schon als ich den Schwangerschaftstest in der Hand gehalten habe, war mir klar, dass ich in Saalbach wieder am Start sein will."
Knapp über ein Jahr ist es her, dass Tamara Tippler ihre erste Schwangerschaft und damit ihre Ski-Pause verkündete.
Die damals 31-jährige Steirerin brach die Saison 2022/23 vorzeitig ab, im September erblickte Töchterchen Mia das Licht der Welt.
Jetzt ist Tippler wieder zurück im Starthaus. Beim Weltcup-Finale in Saalbach-Hinterglemm ist die Speed-Spezialistin als Vorläuferin im Einsatz.
"Ich muss niemandem etwas beweisen"
"Ein bisschen nervös war ich schon", gibt Tippler nach den Abfahrtstrainings am Mittwoch zu. Zwei Mal – beim Training der Frauen und Männer – stürzte sich die Jung-Mama den WM-Berg hinunter.
"Es ist komplett das gleiche Kribbeln da", habe sich das Gefühl am Start nicht verändert. "Es hat mir voll viel Spaß gemacht."
Für Tippler ist der Probelauf in Saalbach – sie wird auch bei den Rennen am Wochenende als Vorläuferin im Einsatz sein – richtungsweisend für ihre weitere Karriere.
"Ich muss nichts erzwingen oder irgendjemandem etwas beweisen", sagt Tippler in Bezug auf ein Comeback, "aber das Ziel ist auf alle Fälle da".
Macht ein Comeback Sinn?
Saalbach soll nun ein erster Gradmesser sein, ob eine Rückkehr in den Weltcup realistisch ist.
"Wie fühle ich mich am Start. Ist das noch was für mich? Sehe ich mich da noch? Ich wollte einfach schauen, ob ich das auch mental hinkriege, dass ich voll bei der Sache bin, wenn es heißt: Start frei. Und nicht mit den Gedanken zuhause bei Mia. Ich habe nicht gewusst, ob ich das zusammenbringe. Jetzt ist es mal gut gegangen", berichtet Tippler, die sich weiter Herantasten will.
"Man muss immer für seine Ziele kämpfen, auch wenn andere sagen, das geht nicht. Ich kann schon ein bisschen ein Vorbild sein."
Die 32-Jährige könnte im kommenden Winter dank des Verletztenstatus ganz normal wieder in den Weltcup einsteigen. Mit dem ÖSV hat es bereits erste Gespräche gegeben, weitere sollen nach Saisonende folgen. Noch gebe es Details zu klären, wie eine Rückkehr genau aussehen könnte.
"Wenn meine Einstellung passt, ich mich überwinde und reinhänge, dann gibt es sicher Lösungen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es keine gibt", hofft Tippler auf ein Einlenken seitens des ÖSV.
"Das ist nicht so einfach, als Mutter vom Kind weg zu sein und das Risiko des Sports in Kauf zu nehmen. Das ist nicht ohne. Die Tammy ist eine, die Vollgas gibt, wenn sie am Start steht. Sie ist fest gewillt, das anzugehen. Wenn man das jemandem zutrauen kann, dann ihr", sagt ÖSV-Frauen-Cheftrainer Roland Assinger.
"Jeder weiß immer alles besser, das ist im Sport so, das ist als Mama so"
Dass sich mit der Geburt ihrer Tochter Tipplers Prioritäten verschoben haben, ist selbstredend. Dennoch, betont die Steirerin, sei das Skifahren weiterhin ihre Leidenschaft und letztlich auch ihr Beruf.
Dass sie sechs Monate nach der Geburt wieder am Start steht, stößt nicht überall auf Verständnis, wie zwischen den Zeilen zu lesen ist. Dadurch will sich Tippler aber nicht von ihrem Weg abbringen lassen.
"Es gibt nirgendwo so viele 'Trainer' wie beim Skifahren und beim Mama-Sein. Jeder weiß immer alles besser, das ist im Sport so, das ist als Mama so. Aber es muss schlussendlich für einen selber passen", sagt Tippler.
Das Wohl ihrer Tochter Mia habe selbstverständlich immer Priorität. "Ich würde für die Mia nie was schlechtes wollen. Wir haben daheim den richtigen Weg gefunden. Mia hat ein sehr stabiles Umfeld, wie ich es früher auch hatte. Das macht einfach so viel aus. Natürlich verdrücke ich manchmal eine Träne, aber ich kann mit einem guten Gewissen wegfahren, weil ich weiß, dass Zuhause alles passt und ich mich zu 100 Prozent auf alle verlassen kann. So kann ich dann auch befreit Skifahren."
Wenn die Speed-Spezialistin ihrem Job nachgeht, kümmern sich ihr Partner und die Großeltern um den Nachwuchs. "Es ist ein großes Privileg, dass ich die Unterstützung von daheim habe, dass sie sagen: Tammy, mach das, wenn das dein Traum ist."
"Es ist, als ob Tammy nie weg gewesen wäre"
Im Ski-Sport hat es in der Vergangenheit noch nicht viele Frauen gegeben, die als Mütter in den Weltcup zurückgekehrt sind. Tippler will in gewisser Weise auch Vorreiterin sein. "Man muss immer für seine Ziele kämpfen, auch wenn andere sagen, das geht nicht. Ich kann schon ein bisschen ein Vorbild sein."
Unterstützung bekommt Tippler auch von ihren Teamkolleginnen.
"Wenn man nach der Geburt eines Kindes in den Weltcup zurückkommt, dann ist das schon was. Es ist sehr cool, dass sie den Weg jetzt geht", freut sich Stephanie Venier über Tipplers Rückkehr. "Tammy gehört zu uns. Es ist, als ob sie nie weg gewesen wäre."
Das musste auch Conny Hütter in Saalbach feststellen, nachdem sie Tippler – wie in alten Zeiten – mit ein bisschen Rennequipment aushelfen musste. "Sie ist noch immer die Alte", schmunzelt Hütter, um dann respektvoll zu ergänzen:
"Es freut mich irrsinnig, dass sie einfach ihr Ding durchzieht. Es ist schon inspirierend."