Wenn in der Morgendämmerung das Flutlicht über der Skipiste angeht, noch lange bevor die breite Masse den Berg stürmt, steht der heimische Ski-Nachwuchs schon in den Startlöchern.
Früh übt sich, wer einmal ein Rennläufer werden will.
Von den ersten Bambini-Rennen bis in den Weltcup ist es jedoch ein langer und oft beschwerlicher Weg – nicht nur für die Kinder und Jugendlichen, auch für die Eltern. Diese müssen so einiges auf sich nehmen, will das Kind professionell Skifahren.
"Die Eltern müssen bereit sein, in das Kind zu investieren - Geld und Zeit", weiß die zweifache Olympiasiegerin Michaela Dorfmeister, Vizepräsidentin im niederösterreichischen Landesskiverband und sportliche Leiterin im Nachwuchs.
Einer der "Ski-Papas" ist Toni Pfeffer.
"Wir laufen Gefahr, dass dieser Sport irgendwann zu elitär wird."
Der 63-fache ÖFB-Nationalspieler ist zweifacher Vater. Sein jüngerer Sohn Luis (12) will in die Fußstapfen seines Papas treten und hat sich für den Fußball entschieden, der ältere Paul strebt eine Ski-Karriere an.
Der 14-Jährige fährt im niederösterreichischen Landeskader, im vorigen Winter krönte er sich zum vierfachen Landesmeister. Das nächste Ziel lautet Europacup.
"Ohne Unterstützung der Eltern ist das nicht möglich", weiß Pfeffer aus eigener Erfahrung. "Du musst dir als Familie Gedanken machen, ob jeder dahintersteht. Wenn nicht alle an einem Strang ziehen, ist das nicht möglich."
Pfeffer weiß, wovon er spricht. Der Berufswunsch seines Sohnes hat ihn schon unzählige Stunden im Auto und Unmengen an Geld gekostet.
Tausende Kilometer und teurer Sprit
"Während Paul in die Mittelschule ging, sind wir sehr viel in der Gegend herum gefahren", erzählt Pfeffer. Nicht selten ist man fürs Training um 5:30 Uhr morgens losgefahren und hat eine Wegstrecke von eineinhalb Stunden hin und retour zurückgelegt.
Zu einem Rennen fährt man gut und gerne einmal 200 Kilometer. Pro Winter kommt man so je nach Anzahl der Bewerbe auf bis zu 4.000 km.
"Das ist ein enormer Zeitaufwand", sagt Pfeffer und gibt zu bedenken: "Die Klimamisere trägt ihr Zusätzliches bei. Es muss in höheren Gebieten trainiert werden, die wiederum weiter weg sind. Da geht natürlich in der heutigen Zeit auch viel Geld für den Sprit drauf."
"Es ist gerade im Osten sehr schwierig, weil uns die Skigebiete teilweise ausgehen", verdeutlicht Dorfmeister. "Die Anfahrtszeit zur Sportstätte ist teilweise extrem mühsam."
Der Papa als Servicemann mit einem Bügeleisen um 170 Euro
Ist man mit Kind und Kegel einmal an der Piste angekommen, geht für viele Eltern der "Job" weiter.
"Ich war auch Servicemann für meinen Sohn", erzählt Pfeffer, der gelernter Betriebsschlosser ist. "Dadurch weiß ich, wie man eine Feile verwendet. Ich habe mir beim Kanten schleifen nicht so schwer getan."
Durchschnittlich sechs Paar Ski pro Winter braucht Sohn Paul, je zwei für den Slalom, Riesentorlauf und Super-G. Auch das Material muss bezahlt werden. "Wir kriegen von der Firma Fischer ein gutes Angebot, dadurch ist das leistbar", sagt Pfeffer.
Diverse Werkzeuge zum Präparieren der Ski stehen ebenso auf der Einkaufsliste. "Das fängt bei einem Bügeleisen mit LED-Anzeige um 170 Euro für das Heißwachs an", rechnet Pfeffer vor.
Auf den Spuren von Marcel Hirscher und Anna Veith
Je älter die Kinder und professioneller das Umfeld werden, desto geringer wird in der Regel der zeitliche Aufwand der Eltern.
Rund 90 Prozent der 14- bis 16-Jährigen, die eine professionelle Ski-Karriere anstreben, besuchen sportspezifische Schulen. Dort ist der Lernplan auf das Training abgestimmt, in der Oberstufe entfällt ab Ende November der Unterricht, damit die volle Konzentration auf den Sport möglich ist.
"Anders schaffst du es zeit- und lerntechnisch nicht", sagt Dorfmeister.
Paul Pfeffer besucht seit einem halben Jahr die Tourismusschule mit Ski-Schwerpunkt in Bad Hofgastein. Dort wurden einst auch Marcel Hirscher und Anna Veith ausgebildet. Pfeffer wohnt im Internat, gleich neben der Schule fährt der Lift Richtung Gipfel zum Training.
In Bad Hofgastein kostet ein Schuljahr monatlich 947,75 Euro, darin enthalten sind das Schulgeld, Vollverpflegung und Internat.
Im berühmten Ski-Gymnasium in Stams beträgt der Schul- und Heimkostenbeitrag von September bis Juni derzeit 6.600 Euro. Ausländische Schüler zahlen in der Regel noch mehr.
In diesem Beitrag enthalten sind unter anderem die Kosten für Unterricht (Schule und Hochleistungstraining), Unterbringung und Verpflegung im Internat, Trainingskurse (Transport, Unterbringung und Verpflegung), Wettkampfbetreuung (Trainerhonorare und ggf. Anreise) sowie präventives Leistungstraining.
Nicht in diesem Betrag enthalten und somit noch extra zu zahlen sind Lift-, Pisten- (zzgl. Flutlicht) und Wachs-Gebühren bei Trainingskursen und Wettkämpfen sowie Startgelder und Verpflegungs- und Unterbringungskosten bei Wettkämpfen und Sommerkursen.
20.000 Euro pro Jahr
Schule, Internat, Training, Material, Reisen und dazu noch Taschengeld – unterm Strich macht das pro Jahr und Kind (im Alter ab ca. 14 Jahren) rund 20.000 bis 25.000 Euro.
Für Durchschnitts-Familien wird es in Zeiten wie diesen schwer, sich das überhaupt leisten zu können.
"Der Ski-Sport ist viel teurer als zu meiner Zeit. Mir tut das im Herzen weh, dass manche Eltern sagen: Ich bringe meine Kinder lieber zum Fußball - das ist billiger und weniger gefährlich", sagte Ex-Ski-Star Hans Knauß kürzlich im Ö3-Interview.
Michaela Dorfmeister stimmt ihrem ehemaligen ÖSV-Kollegen zu und denkt an ihre Anfänge zurück: "Meine Mutter musste damals wieder anfangen zu arbeiten, sonst wäre sich das finanziell nicht ausgegangen. Das war zu meiner Zeit schon so. Jetzt ist nochmal alles teurer geworden."
"Jede Familie kann sich das sicher nicht leisten", weiß auch Toni Pfeffer. Er geht sogar so weit und meint: "Wir laufen Gefahr, dass dieser Sport irgendwann zu elitär wird."
Pfeffer sagt auch, er rechnet nicht im Detail zusammen, solange es seinem Sohn Spaß macht, investiert er gerne – sowohl Zeit als auch Geld.