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Neo-ÖSV-Coach Assinger: "Wir wollten Cool Runnings machen"

Der neue Cheftrainer von Österreichs Ski-Frauen über den nötigen Nervenkitzel, Herzklopfen am Berg und seinen ungewöhnlichen ersten Trainer-Job. Interview:

Neo-ÖSV-Coach Assinger: Foto: © GEPA

Es gibt in der heimischen Sport-Welt aktuell sicher begehrtere Jobs als jenen von Roland Assinger

Seit 1. April ist der gebürtige Kärntner neuer Cheftrainer von Österreichs Ski-Frauen. Er soll vor allem die in der Krise steckenden ÖSV-Technikerinnen rund um Katharina Liensberger wieder an die Weltspitze führen. Kein leichtes Unterfangen. 

"Wenn die Performance der Athletinnen nicht passt, kommt von außen viel Negatives. Es wird immer gesagt, was man nicht alles besser machen könnte. Ich habe mir gedacht, ich möchte nicht nur von außerhalb reden, sondern auch mithelfen, damit das Ganze wieder auf Schiene kommt", erklärt Assinger die Beweggründe für seine Rückkehr zu Ski Austria

Nach dem Ende seiner aktiven Ski-Karriere, in der dem Speed-Spezialisten ein Weltcup-Sieg verwehrt blieb, war Assinger von 2008 bis 2020 in verschiedenen Funktionen für den heimischen Skiverband tätig, zuletzt als Gruppentrainer der Speed-Frauen. Die vergangenen drei Jahre verbrachte der Vater von zwei Kindern, der mit seiner Familie in Radstadt lebt, als Trainer in einem Sportgymnasium in Davos in der Schweiz

Nun ist der 49-Jährige zurück in Österreich - auch weil er den Nervenkitzel braucht. 

Was Assinger besonders am Cheftrainer-Job reizt, was das ÖSV-Frauen-Team unbedingt braucht und wann er Herzklopfen bekommt, erzählt Assinger im LAOLA1-Interview ebenso wie vom ungewöhnlichen Beginn seiner Trainer-Karriere mit einem Senegalesen.

LAOLA1: Es ist deine zweite "Amtszeit" bei Ski Austria. Musstest du lange überlegen, bevor du zugesagt hast?

Roland Assinger: Die Aufgabe an sich ist natürlich sehr spannend und herausfordernd. Aber der zeitliche Aufwand ist enorm, im Winter bist du von November bis März ja ständig unterwegs. Das war in der Familie schon ein großes Thema. Aber letztendlich haben wir uns dazu entschlossen, dass ich das machen werde.

LAOLA1: Was reizt dich besonders an der Aufgabe? 

Assinger: Wenn irgendetwas nicht funktioniert oder die Performance der Athletinnen nicht passt, kommt von außen – auch medial – viel Negatives. Es wird immer gesagt, was man nicht alles besser machen könnte. Ich habe mir gedacht, ich möchte nicht nur von außerhalb reden, sondern auch mithelfen, damit das Ganze wieder auf Schiene kommt. Diese Herausforderung war ein Mitgrund für meine Entscheidung. Ich war die letzten drei Jahre in Davos und habe in einer Ski - Schwerpunktschule gearbeitet. Da gab es keinen medialen Druck und ich konnte in Ruhe meine Arbeit machen. Mit den jungen Athleten zu arbeiten war eine sehr interessante Arbeit, aber letztlich hat es mich wieder gereizt, eine neue Aufgabe zu übernehmen. Als ehemaliger Abfahrer brauche ich auch den Nervenkitzel. Das hat mich bewogen, dass ich es jetzt noch einmal angehe. 

LAOLA1: So ruhig wie in den vergangenen drei Jahre in Davos wirst du es bei Ski Austria wohl nicht haben. Bist du auf Kritik und Druck von außen eingestellt?

Assinger: Darauf bin ich definitiv eingestellt. Der Skisport ist die DNA Österreichs, wenn wir ehrlich sind. Dass da nur Topplatzierungen und Siege zählen, ist mir sehr bewusst. Die Speed-Frauen haben mit Siegen und Medaillen sehr gut performt und sind wirklich nah dran an der Spitze. Mir ist aber auch bewusst, dass in den technischen Bewerben der Weg zurück ein langer und steiniger Weg wird. Es ist ein Prozess, wieder den Anschluss nach ganz oben zu finden, die anderen schlafen ja auch nicht. Eine Mikaela Shiffrin oder Federica Brignone  werden ja auch wieder besser. Diese Lücke, die da entstanden ist, muss man erst schließen. Ich bin mir bewusst, dass es Geduld braucht, bis sich wieder Erfolge einstellen. Das wird nächstes Jahr mitunter noch schwierig, aber ich hoffe, dass es dann bis zur Heim-WM 2025 hin gelingen wird.

"Wir müssen meines Erachtens wieder ein Team werden. Der erste Eindruck war, dass dieses Teamgefüge nicht hundertprozentig vorhanden war."

LAOLA1: Du bist seit knapp über einem Monat im Amt. Was ist bisher dein Eindruck, was braucht es im Team?

Assinger: Einigkeit! Wir müssen meines Erachtens wieder ein Team werden. Der erste Eindruck war, dass dieses Teamgefüge, diese Zusammenarbeit im Team, um zu funktionieren, nicht hundertprozentig vorhanden war. Wenn die Erfolge ausbleiben, tun sich gewisse Lücken auf und es entstehen persönliche Befindlichkeiten. Natürlich ist der interne Konkurrenzkampf wichtig, der muss auch weiterhin forciert werden, damit jede einzelne Athletin einen Schritt vorwärts machen kann. Aber nach der Ziellinie heißt es wieder, gemeinsam einen Schritt nach vorne zu machen und sich gegenseitig nach oben zu pushen. Letztendlich funktionieren wir nur als Team und da versuche ich wieder eine Homogenität hineinzubekommen, damit wieder alle an einem Strang ziehen.

LAOLA1: Was ist im Technik-Team das größere Problem, die skitechnischen Mängel oder die Negativspirale, in die sich einige Läuferinnen im vergangenen Winter reinmanövriert haben?

Assinger: Die Fähigkeiten der Athletinnen sind absolut vorhanden, jetzt heißt es, durch konsequente Arbeit und auch durch gewisse technische Ansätze, die man ändern muss, noch stärker zu werden. Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, aber es gibt technische Verbesserungen, die notwendig sind, damit wir wirklich den Anschluss an die Weltspitze schaffen. Das ist das Ziel. Die Trainer sind in diesem Bereich neu besetzt worden, da erhoffe ich mir neuen Input.

Das ist Assingers Trainerteam >>>

LAOLA1: Neuen Input gibt es auch für Katharina Liensberger. Du hast zuletzt schon angekündigt, dass es keine "Extrawürste" mehr geben wird und sie voll in die Gruppe integriert wird. Wie hat sie das aufgenommen?

Assinger: Dass diese Frau Skifahren kann, steht außer Frage. Sie ist Weltmeisterin und hat eine Slalom-Kugel gewonnen. Aber wie es im Leben eines Sportlers nunmal ist, geht es immer auf und ab. Jetzt hat sie die Talsohle richtig gespürt und gemerkt, wie tief diese liegen kann. Katharina hat den Reset-Knopf gedrückt und startet neu durch. Sie ist mit den Trainern wie auch mit den Teamkolleginnen in dieser Gruppe bereits fleißig am Arbeiten. Mit dem neuen Input versuchen wir, wieder in die Erfolgsspur zurückzukommen.

LAOLA1: Ist es nach so einer verkorksten Saison wirklich so leicht wie gesagt, den Reset-Knopf zu drücken und wieder neu durchzustarten?

Assinger: Ich habe ein sehr gutes Gefühl, dass es funktioniert. Wenn die Erfolge wieder kommen, ist alles leichter. Wenn die Erfolge weiter ausbleiben, dann wird es auch wieder zu Spannungen kommen. Wenn es Niederlagen gibt, müssen wir cool bleiben und weiterarbeiten. Wir versuchen, den Weg nach oben anzugehen. Ich bin guter Dinge, dass wir das wieder schaffen werden. Die Damen haben schon gezeigt, dass sie etwas können. Ich glaube, wenn man schon erfahren hat, wie der Erfolg schmeckt, sollte es Anreiz genug sein, wieder zurückzukommen. Das Potenzial ist da, das brauchen wir nicht zu diskutieren.

"Ich bin ein sehr emotionaler Trainer, ich lebe mit den Athletinnen mit – auch weil ich selbst Rennfahrer war. Wenn ich am Hang stehe, kriege ich Herzklopfen."

LAOLA1: Österreich ist im Vergleich zu Nationen wie der Schweiz, Norwegen oder Italien in den vergangenen Jahren etwas ins Hintertreffen geraten. Woran liegt das deiner Meinung nach?

Assinger: Als ehemaliger Aktiver komme ich aus einer Zeit, in der Fünf- oder Sechsfach-Siege, sogar Neunfach-Siege, an der Tagesordnung waren. Damals hat Österreich alles dominiert. Aktuell müssen wir uns bei beiden Geschlechtern mit dem dritten Platz in der Nationenwertung begnügen. Dauerhaft oben zu bleiben, gelingt den wenigsten. Die Schweiz ist jetzt stark, aber bei den Eidgenossen hat es auch schon andere Zeiten gegeben. Die Ski-Nation Österreich muss wieder an die Spitze zurückkehren, wo sie jahrelang gelegen ist. 

LAOLA1: Was bist du für eine Art Trainer?

Assinger: Ich bin ein sehr emotionaler Trainer, ich lebe mit den Athletinnen mit – auch weil ich selbst Rennfahrer war. Wenn ich als Trainer am Hang stehe, bekomme ich Herzklopfen, weil ich weiß, wie es ist, wenn man als Läufer am Start steht. Da lebe ich natürlich mit. Jetzt bin ich in einer anderen Situation, da muss ich in gewissen Momenten sicher Ruhe walten lassen. Wenn es nicht so läuft, muss ich mich vor die Mannschaft stellen und dafür einsetzen, dass man cool bleibt und ruhig weiterarbeitet. Alles andere passiert im Hintergrund, sicher nicht in der Öffentlichkeit.

LAOLA1: Du hattest einen recht ungewöhnlichen Einstieg in deine Trainer-Karriere. Du hast deinen Studienkollegen aus dem Senegal gecoacht. Wie ist es dazu gekommen?

Assinger: Ich habe nach meinem Karriereende 2004 mit dem Sport-Studium in Salzburg begonnen. Im Zuge dessen habe ich Leyti Seck kennengelernt. Er war Rennläufer und ich bin damals noch zum Spaß Rennen gefahren. Eines Nachmittags haben wir die Idee geboren, eine Art "Cool Runnings" zu machen und mit dem Senegal bei den Olympischen Spielen 2006 in Turin teilzunehmen. Wir haben dann Sponsoren lukriert, ich habe ihn trainiert und wird sind letztendlich auch zu den Olympischen Spielen in Turin gefahren. Im Riesentorlauf und Slalom ist Leyti ausgeschieden, aber im Super-G ist er nicht Letzter geworden (lacht). Das war eigentlich mein Einstieg in den Trainer-Job.

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