Felix Neureuther beschäftigte am Donnerstagabend bei der Sporthilfe Gala in Wien eine Frage ganz besonders.
"Was ist, wenn Marcel Hirscher jetzt den Gesamtweltcup gewinnt und fünffacher Weltmeister wird - Kann er dann Österreichs Sportler des Jahres werden?"
Eine Antwort darauf fand der stets sympathische Deutsche an diesem Abend zwar nicht, dafür aber auf viele andere Fragen.
Neureuther spricht im Interview über Hirschers Rückkehr, die nicht unumstrittene Wildcard und seinen leidenschaftlichen Einsatz für die Zukunft des Skisports.
LAOLA1: Wie sehr freust du dich auf das Comeback von Marcel Hirscher?
Felix Neureuther: Das ist für den Skisport absolut genial. Es ist sehr spannend, jeder spekuliert, wie er drauf ist. Alleine das macht es schon speziell. Es ist einfach nur positiv für den ganzen Sport.
LAOLA1: Was traust du ihm zu?
Neureuther: Dazu sage ich nichts. (lacht) Prinzipiell ist Marcel immer alles zuzutrauen, wenn alles zu 100 Prozent passt. Da gehört im Skifahren so viel dazu: Material, Körper, etc. Das Körperliche hat er super im Griff, da ist er topfit. Beim Rest braucht er Zeit, die muss man ihm letzten Endes auch geben. Man sollte das am Anfang auch gar nicht so überbewerten, wenn er vielleicht nicht gleich vorne dabei ist. Aber wenn man es einem zutrauen kann, dann ist es Marcel Hirscher, sonst würde ich es absolut niemandem zutrauen.
"Ich würde es lieben, den einen oder anderen von der alten Generation nochmal am Start zu sehen: Aksel Lund Svindal, Ted Ligety, Alberto Tomba, Hermann Maier. Selbst wenn Ingemar Stenmark nochmal fahren würde – ich würde es mir anschauen."
LAOLA1: Wie stehst du zur neu eingeführten Wildcard, es gibt ja durchaus Kritik von einigen Seiten?
Neureuther: Ich finde sie extrem wichtig und gut, weil der Sport dadurch komplett neue Möglichkeiten bekommt. Unabhängig davon, ob sie Marcel Hirscher bekommt oder jemand anderer. Es kommen ja ohnehin nur wenige ernsthaft für eine Wildcard infrage. Das Argument, dass es ungerecht den Jungen gegenüber ist, verstehe ich daher nicht ganz. Denn es ist im Grunde egal, ob einer dann eine oder zwei Nummern weiter hinten startet. Und man kennt es ja auch von anderen Sportarten, die Leute wollen ihre alten Heroes noch sehen. Ich würde es lieben, den einen oder anderen von der alten Generation nochmal am Start zu sehen: Aksel Lund Svindal, Ted Ligety, Alberto Tomba, Hermann Maier. Selbst wenn Ingemar Stenmark nochmal fahren würde – ich würde es mir anschauen. Und darum geht es ja: Wie kann man den Sport besser vermarkten und interessant machen. Die Wildcard ist, glaube ich, ein Schritt in die richtige Richtung.
LAOLA1: Der Skisport hat in Sachen Selbstvermarktung in der Vergangenheit nicht immer die beste Figur gemacht. Du kritisierst seit Jahren u.a. die Kalenderplanung, geändert hat sich wenig.
Neureuther: Wenn ich Kritik übe, geht es mir in erster Linie darum: Wie können wir neuen Nachwuchs generieren? Wie schaffen wir es, den Sport für die Jungen schmackhaft zu machen? Wie schaffen wir es, dass es vor allem nicht so extrem teuer wird? Es soll nicht am Geld scheitern, sodass nur die Gutsituierten sich den Sport leisten können, sondern jedermann. Wir brauchen diese Fairytale-Geschichten, so wie meine Mama von der Alm zur Olympiasiegerin oder vom Maurer zum Olympiasieger (Hermann Maier; Anm.). Sowas lieben wir. Der Sport ist so exklusiv geworden, dass sowas fast nicht mehr möglich ist und das ist jammerschade.
"Man muss auch schauen, wie man den Sport in Zukunft vermarktet. Wenn es unten 20 Grad hat und oben fahren sie Skirennen – wollen das die Leute heute noch sehen?"
LAOLA1: Am frühen Saisonstart hat sich auch in diesem Jahr nichts geändert. Es geht wieder Ende Oktober in Sölden los.
Neureuther: Prinzipiell ist dieses Jahr schon etwas Positives passiert von der Kalenderplanung her. Aber umso früher du den Saison-Auftakt machst, umso größer wird der Aufwand für die Athletinnen, dort am Start zu stehen und wettbewerbsfähig zu sein. Man muss auch an die Verbände denken, das kostet ja auch alles wahnsinnig viel Geld. Man muss auch schauen, wie man den Sport in Zukunft vermarktet. Wenn es unten 20 Grad hat und oben fahren sie Skirennen – wollen das die Leute heute noch sehen? Ich bin mir sicher, dass der Skisport auch in Zukunft sehr relevant sein kann, wenn man die richtigen Schlüsse zieht. Dazu muss man halt ein paar Dinge verändern, den Mut muss man einfach haben.
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LAOLA1: Du bist auch Teil der im Vorjahr vom ÖSV ins Leben gerufenen Taskforce "Future:Focus:Ski&Snowboardsport" zur Zukunft des Wintersports. Wie ist die Arbeit bisher gelaufen?
Neureuther: Sehr gut. Wir haben wirklich tolle Ideen entwickelt. Die Meinungen der einzelnen Mitglieder liegen gar nicht so weit auseinander. Jeder in der Taskforce hat das Ziel, dass man den Sport für die Zukunft aufstellt. Dass er noch lukrativer wird für Partner, damit sie in den Sport investieren. Dass wir genügend Kinder zum Sport bringen. In Zeiten der Digitalisierung kann der Skisport eine riesengroße Rolle spielen, damit man die Kinder von den Bildschirmen wegbekommt. Da arbeiten wir daran, ich persönlich mit meiner Stiftung auch. Die Taskforce ist ein sehr guter Schritt, um Dinge anzustoßen und zu verändern.
LAOLA1: Was machst du, wenn du dich gerade nicht mit der Zukunft des Skisports beschäftigst?
Neureuther: Ich spiele Golf – typisches Rentner-Dasein halt. (lacht) Ich verbringe viel Zeit mit meiner Familie und darf noch eine Menge anderer Sachen machen.