Roland Assinger bleibt Cheftrainer der ÖSV-Frauen.
Eine jener Läuferinnen, die in den vergangenen Wochen öffentlich Kritik am Kärntner geübt hat, ist Tamara Tippler.
Die Steirerin, die nach der Geburt ihrer Tochter im September 2023 ein Comeback wagte, hat vor rund einem Monat ihre Ski-Karriere beendet und im Zuge dessen den Umgangston von Assinger und dem ÖSV moniert.
"Früher haben vielleicht andere Sachen funktioniert - aber jetzt ist 2025. Es verletzt viele Leute, wenn man so mit ihnen redet", sagt Tippler im LAOLA1-Interview.
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Im Interview lässt Tippler die vergangenen Wochen Revue passieren und erklärt, was der ÖSV in Zukunft besser machen kann und wie es für sie persönlich beruflich weiter geht.
LAOLA1: Einen Monat ist es her, dass du endgültig einen Schlussstrich unter deine Karriere gesetzt hast. Hast du dich schon an die "Ski-Pension" gewöhnt?
Tamara Tippler: Fad wird mir dank Tochter Mia nicht. Es ist immer Action, die natürlich voll schön ist. Und jetzt weiß ich's noch mehr zu schätzen, was ich geleistet habe - mit Mia und dem Sport zusammen. Als Hobbysportlerin ist man gleich nicht mehr so konsequent dahinter.
LAOLA1: Vermisst du das Leben als Ski-Profi?
Tippler: Natürlich hat mich das Skifahren geprägt. Ich war 17 Jahre lang im ÖSV und das ist einfach wie im Fluge vergangen. Ich möchte es nicht missen, habe viel gelernt, durfte einige Male aufs Podest fahren. Ich war bei Weltmeisterschaften, bei Olympia, habe dort eine Medaille knapp verpasst – das war sehr schade. Ich war einmal Vierte in der Gesamtwertung im Super-G.
LAOLA1: Letztlich haben Rückenprobleme und eine Knie-Operation eine Weltcup-Rückkehr erschwert. Wie sehr hat Cheftrainer Roland Assinger bei deiner Rücktritts-Entscheidung eine Rolle gespielt?
Tippler: Gar keine eigentlich. Ich kenne den Asso (Assinger, Anm.) schon zehn Jahre oder länger. Er hat uns viel geholfen, auch im Europacup, ist dann mit uns aufgestiegen als Trainer. Das hat er voll gut gemacht. Es geht nicht darum, was er für einen Lauf steckt oder wie er organisiert, das macht er alles top. Es geht darum, wie er kommuniziert und mit uns umgeht. Seine Meinung ist die wichtigste und die steht einfach über allem. Es endete immer in einem Konflikt, mit Vorwürfen und Fragestellungen. Das ist ja nicht aufgrund eines Moments oder einer Diskussion jetzt so eskaliert, das staut sich ja mit der Zeit auf.
LAOLA1: Ist die Kritik, die auf Roland Assinger in den vergangenen Wochen eingeprasselt ist, gerechtfertigt?
Tippler: Als Cheftrainer hat er einfach einen extrem hohen Posten, verdient gut Geld und dann muss er auch dementsprechend handeln können. Wir werden auch kritisiert und müssen dagegen stehen - das gehört dazu. Er ist ein gestandener Mann, muss sich auch reflektieren oder weiterentwickeln. Und dann muss man vielleicht auch mal andere Meinungen zulassen und nicht nur von zwei, drei Leuten, die gerade die Besten sind.
LAOLA1: Zu guter Kommunikation gehören aber immer zwei Seiten.
Tippler: Ich sag' jetzt nicht, dass wir die "Lamperln" sind und dass wir nicht oft ein bisschen anstrengend sind. Aber ich glaube, es braucht auch Kommunikation auf Augenhöhe und Respekt, sodass man mit Leuten ehrlich reden kann und einem nichts vormachen muss. Es gibt einfach so viele Persönlichkeiten und da braucht es Empathie. Und ich finde, dass da ein bisschen die Crux begraben ist.
"Wenn ich nicht angefangen hätte, hätte vielleicht keiner etwas gesagt. Ich war aber auch überrascht, dass andere das so extrem anders sehen."
LAOLA1: Also bleibst du bei deiner Kritik an der Kommunikationsweise von Roland Assinger?
Tippler: Nicht nur von Roland Assinger, generell vom ÖSV halt. Dass sie ein bisschen schauen, was wer braucht, dass individuell kommuniziert wird und nicht quasi mit jeder gleich. Früher haben vielleicht andere Sachen funktioniert - aber jetzt ist 2025. Es verletzt viele Leute, wenn man so mit ihnen redet.
LAOLA1: Hat es dich überrascht, dass sich aktive Läuferinnen wie Stephanie Venier deiner Kritik angeschlossen haben?
Tippler: Ich glaube, dass viele gesagt haben, dass die, die heuer kein Rennen gefahren ist, sich aufregt. Aber dann kommt eine Weltmeisterin daher und sagt das Gleiche. Dann hat das Ganze eine andere Gewichtung gekriegt. Natürlich ist es nicht schlecht, wenn man nicht nur allein einer Meinung ist. Wenn ich nicht angefangen hätte, hätte vielleicht keiner etwas gesagt. Ich war aber auch überrascht, dass andere das so extrem anders sehen.
LAOLA1: Du hast auch kritisiert, dass auf deine Situation als Mutter nicht genug eingegangen wurde.
Tippler: In meiner Situation will ich natürlich nicht fünf Mal in der Woche nach Gastein zum Trainieren – ich habe ein Kind daheim. Da muss man dann so offen sein und sagen, dass es bei mir anders ist. Aber das ist schwer, weil die Verantwortlichen sagen, dass es die Teamkolleginnen auch schaffen. Es kann sich auch keiner vorstellen, was ich zu Hause alles gemacht habe. Es war wie Stille Post. Keiner hat mit mir geredet, es wurde nur im Fernsehen darüber gesprochen – und das gehört sich nicht. Es war noch keiner in der Situation. Auch als Mama habe ich mir sehr wohl den Arsch aufgerissen.
LAOLA1: Der ÖSV hat am Mittwoch nach vielen Gesprächen entschieden, an Roland Assinger festzuhalten. Für dich die richtige Entscheidung?
Tippler: Da gibt es kein richtig und falsch. Prinzipiell muss es für die Läuferinnen passen und der Großteil hat sich dafür entschieden, dass es passend gemacht wird. Ich bin keine Aktive mehr, für mich muss es nicht mehr passen. Aber Herausforderungen sind dafür da, um angenommen zu werden. Dafür sind die Weichen gestellt und wenn jeder an sich arbeitet, wird das sicher in der Zukunft gut werden.
LAOLA1: Was sollte das Trainerteam rund um Roland Assinger fortan anders machen?
Tippler: Sie sind dazu da, die Athlet:innen zu fördern und weiterzubringen, dass analysiert wird und Fehler nicht bestraft werden. Wenn man bei gewissen Werten zu schlecht ist und man dann nicht aufs Trainingslager nach Chile mitfliegen darf, weiß ich nicht, ob das der richtige Weg ist. Ein Trainer ist ja nicht nur da, um einen Plan zu schreiben, sondern das ist ja wirklich auch der Begleiter für mich. Mit dem verbringe ich ja mehr Zeit, als mit meiner Familie. Und ich finde halt, dass der ÖSV dafür Verantwortung trägt, dass jeder seine Stärken verbessern kann und gut wird. Sie wollen Sieger, Erfolg und Medaillen haben - aber für das braucht es einfach Verständnis und Vertrauen.
LAOLA1: Was würdest du als dein absolutes Karriere-Highlight bezeichnen?
Tippler: Prinzipiell Olympia, wo ich so knapp an einer Medaille vorbeigeschrammt bin. Aber da bin ich einfach geil Ski gefahren. Ich habe mich super gefühlt und vorher schon gewusst, dass es etwas werden kann. Da war ich einfach voll bei mir, voll im Hier und Jetzt. Und natürlich der erste Podestplatz. Mit Lindsey Vonn auf einem Podest beim Super-G in Lake Louise zu stehen, werde ich nie vergessen. Und dass ich es geschafft habe, wieder zurückzukommen nach der Geburt von Mia. Eigentlich hatte ich da zwei Fulltime-Jobs und auch noch eine Geburt hinter mir. Vier Monate nachher wieder als Vorläuferin auf Rennniveau zu fahren, war schon eine coole Erfahrung.
LAOLA1: Hast du schon einen Plan für die Karriere nach der Karriere?
Tippler: Ich bin bei der Polizei (im Außendienst, Anm.), also ich bin auch abgesichert. Deswegen habe ich die Ausbildungen neben dem Skifahren zusätzlich gemacht, da steige ich im Mai ein. Ich bin einfach keine, die daheim sitzen will.