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Die Abfahrts-Nation in der Krise: "...sonst gehen wir unter"

Ausgerechnet in Kitzbühel steht Österreichs Abfahrts-Team so gebeutelt da wie lange nicht. Athleten und ehemalige Stars sind alarmiert. Was muss sich ändern?

Die Abfahrts-Nation in der Krise: Foto: © GEPA

Stell dir vor, es ist Hahnenkamm-Abfahrt und Österreich hat keinen Podest-Kandidaten am Start.

Traurig, aber Realität.

Mit Vincent Kriechmayr fehlt dem ÖSV-Team in Kitzbühel nicht nur sein Leader, sondern auch der einzige Podestfahrer in der Abfahrt in den vergangenen zwei Jahren.

Seit Hannes Reichelt 2017 gab es nur drei Österreicher, die eine Abfahrt gewinnen konnten: Kriechmayr, Matthias Mayer und Max Franz. In der vergangenen Saison holte das ÖSV-Team einen mageren Podestplatz in der "Königsdisziplin", in diesem Winter gab es in vier Rennen überhaupt noch keinen.

Knauß: "Dass so eine große Skination wie Österreich einmal so dünn aufgestellt ist..."

"Speed ist momentan ... wenn der Vinc Kriechmayr nichts macht, ist es traurig", stellte "Ski-Kaiser" Franz Klammer schon vor der Verletzung des Oberösterreichers fest.

"Man muss sich eingestehen, dass es bei einigen Athleten schon eher Zufall wäre, wenn sie unter die Top fünf fahren", zeichnete auch Hermann Maier jüngst ein ernüchterndes Bild des rot-weiß-roten Speed-Teams.

"Dass so eine große Skination wie Österreich einmal so dünn aufgestellt ist, hätte ich mir vor 15, 20 Jahren beim besten Willen nicht vorstellen können", sagt Hans Knauß gegenüber LAOLA1.

Striedinger: "Das ist schon alarmierend"

In Wengen war nach Kriechmayrs Ausfall Otmar Striedinger als 17. bester ÖSV-Athlet, insgesamt waren nur vier rot-weiß-rote Abfahrer in den Top 30 zu finden.

"Bis zum Hundschopf war mannschaftlich gesehen keiner unter den Top 30, das ist schon irgendwo alarmierend", weiß Striedinger.  

Er sei selbst sein größter Kritiker, meint der Kärntner, der über Platz 17 in diesem Winter noch nicht hinauskam. "Ich analysiere jedes Rennen und hinterfrage mich jeden Tag. Man setzt sich auch als Team zusammen und sucht nach dem Baustein, der abgeht." Gefunden hat man ihn jedoch noch nicht.

"Wichtig ist, dass wir jetzt unser Ding machen und uns auf uns konzentrieren. Ich bin überzeugt, dass ich es kann und das Potenzial dazu habe. Es hilft auch nichts, wenn man sich jetzt versteckt und der Kritik nicht stellt", sagt Stefan Babinsky, dessen bestes Saisonergebnis Rang 15 ist. "Ich bin überzeugt, dass wir da wieder rauskommen. Entscheidend ist, einmal öfter aufstehen als hinfallen."

Die Streif in Kitzbühel ist nicht unbedingt das einfachste Pflaster, um gehen zu lernen. Hingefallen sind dort schon viele.

ÖSV-Cheftrainer Pfeifer: "Wir können nicht zaubern"

Routiniers, die nach ihrer Form suchen, sind das eine, der Nachwuchs das andere.

Mit Stefan Eichberger (24), Felix Hacker (25) oder Vincent Wieser (22) rücken langsam jüngere Athleten nach, bis zum Podestfahrer ist es aber noch ein weiter Weg. Bei Hacker ist dieser Weg nach seiner Verletzung im zweiten Kitzbühel-Training am Mittwoch abrupt unterbrochen worden. 

Bittere Diagnose bei Hacker >>>

Hoffen muss Österreich auch auf Marco Schwarz, der vor seinem Kreuzbandriss sein Talent auf den langen Latten aufblitzen ließ.

"Wir können nicht zaubern", sagte Cheftrainer Pfeifer angesichts der aktuellen Lage im ÖSV-Team. "Das hat sich die letzten Jahre so ergeben, wir müssen diese Situation annehmen."

"Ich habe noch keine Revolution gesehen. Ich hoffe, dass der ÖSV nach der WM den Mut hat, da etwas zu ändern, sonst gehen wir unter."

Hans Knauß fordert Maßnahmen des ÖSV

Knauß sieht Pfeifer und seinem Trainerteam die Hände gebunden. "Was willst du, wenn du einen Personalmangel hast. So kannst du die Athleten im Training nicht gegeneinander aufreiben, damit das Niveau steigt. Dann kommen auch noch Verletzte dazu, dann hast du den Teufelskreis beieinander. Da kannst du auch ein Wunderwuzzi sein, da wird nichts gelingen."

Knauß: "...sonst gehen wir unter"

Die fehlende Breite an der Spitze hat ihren Ursprung an der Basis, glauben die ehemaligen Speed-Stars. Sowohl Klammer als auch Knauß orten Probleme im Übergang zwischen den Landesskiverbänden und dem ÖSV.

Hermann Maier schlägt in eine ähnliche Kerbe, wundert sich, warum vielversprechende Talente hierzulande oft lange brauchen, bis sie es in den Weltcup schaffen. "Das ist in Österreich schon fast ein alter Hut", merkt der Herminator an.

"Das ganze System, wie wir junge Leute heutzutage versuchen in den Skisport zu bringen oder im Skisport zu halten - vom Landeskader Richtung ÖSV - war vor 40 Jahren genau gleich. Damals hat das gereicht, heute reicht das alles nicht mehr", meint Knauß.

Dass der ÖSV das Problem mittlerweile erkannt habe, reicht Knauß nicht. "Ich habe noch keine Revolution gesehen. Ich hoffe, dass der ÖSV nach der WM den Mut hat, da etwas zu ändern, sonst gehen wir unter."

"Warum soll in Kitzbühel nicht die Wende gelingen?"

Vom Untergang der einst so stolzen Abfahrts-Nation wollen die aktuellen Athleten freilich nichts wissen. Sie glauben eher an eine Auferstehung auf der Streif.

"Warum soll in Kitzbühel nicht die Wende gelingen?", fragt Striedinger. "Wie es geht, wissen wir eigentlich", meint Hemetsberger.

Stell dir vor, es ist Hahnenkamm-Abfahrt und ein Österreicher fährt aufs Podest...

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