Ob Hermann Maier gerne nach Kitzbühel kommt?
"Zum Autofahren ist es super. So eine vereiste Strecke hat man sonst nirgends, dafür komme ich gerne nach Kitzbühel", grinst der Herminator, nachdem er auf der Audi-Teststrecke am Rande der Gamsstadt seine Runden auf eisigem Untergrund gedreht hat.
Kitzbühel sieht er bald wieder nur im Rückspiegel. "Die schwarze Luft sieht mich hier eher nicht", belässt es Maier bei einem Kurzaufenthalt.
Bevor Maier aus Kitzbühel abrauscht, spricht er über...
...die aktuelle Situation bei den ÖSV-Männern:
Man baut auf relativ wenige Leute. Es hat ja schon so ab 2015 angefangen, dass man die Karten auf zu wenig Personen gesetzt hat. Es braucht zumindest einen herausragenden Athleten, der die Mannschaft mitziehen kann. Bei uns haben damals die Europacup-Leute mittrainiert, man konnte sich an den Besten orientieren. In dieser Hinsicht geht uns etwas ab, es fehlt ein gewisser Stock.
...die Möglichkeiten des ÖSV-Speed-Teams:
Die meisten Rennen haben bei guten Voraussetzungen und Verhältnissen stattgefunden. Von dem her hätten sie es zeigen müssen. Die Zahlen belegen es. So viel Pech kannst du gar nicht haben. Man muss sich eingestehen, dass es bei einigen Athleten schon eher Zufall wäre, wenn sie unter die Top fünf fahren.
...die junge Garde im ÖSV-Speed-Team:
Stefan Eichberger hat mich sehr überrascht. Er bringt von seiner Körperstatur und allem ziemlich viel mit und ist in Beaver Creek hervorragend gefahren. Da war er für mich ein absoluter "no name". Er hat unbekümmert gewirkt und ist technisch hervorragend Ski gefahren. Ich hoffe, er kann das so weiterziehen. Wenn man in Österreich ein bisschen ins Rampenlicht rückt, wird es für den einen oder anderen oft etwas schwieriger, warum auch immer.
...die Gründe für die fehlenden Erfolge des ÖSV-Teams:
Was eigenartig ist: Wir haben x-fache Juniorenweltmeister, aber der Sprung in den Weltcup dauert dann relativ lang. Das ist in Österreich schon fast ein alter Hut. Im Schüler- und Nachwuchsbereich brechen viele aufgrund von Verletzungen weg, weil der Körper das nicht hergibt, was das Material teilweise vorgibt. Dann verlieren sie die Lust und schmeißen das Handtuch. Ich glaube, dass da schon das eine oder andere Talent verloren gegangen ist. Jetzt stehen wir da, wo wir sind. Ich glaube, die Köpfen rauchen jetzt eh. Man muss sich überlegen, was man tun kann, damit die Kinder dabei bleiben und wie man gute Skifahrer herausfiltert. Die Technik ist nach wie vor entscheidend. Österreich war ein Pionier. Ich glaube, man muss einen eigenen Weg gehen, damit man da in Zukunft wieder hinkommt. Da rede ich jetzt gar nicht von den nächsten Jahren, sondern in weiterer Zukunft. Die Schweizer waren zu unserer Zeit ja de facto auch verzweifelt, die sind ratlos im Ziel gestanden. Jetzt ernten sie die Lorbeeren und haben auch ein hervorragendes Mannschaftsgefüge. Das scheint auch ein bisschen das Geheimnis zu sein.
"Kriechmayr ist zwei Mal aufs Podest gefahren, nach der Verletzung schaut es natürlich ganz anders aus. Sonst muss man klipp und klar sagen: Jeder andere wäre eine Überraschung."
...die Heim-WM in Saalbach als Chance oder Risiko für das ÖSV-Team:
Die WM ist eine Riesenchance, weil im Endeffekt die Erwartungshaltung nicht so hoch ist. Zu meiner Zeit in St. Anton war eine Silber-Medaille schon eine Enttäuschung. Jetzt ist der Druck nicht vorhanden.
... die Medaillen-Chancen:
Manuel Feller fährt einen schnellen Schwung und ist auf einem guten Weg. Der Weltcup ist quasi gelaufen, bei ihm könnte es richtig passen. Vincent Kriechmayr ist zwei Mal aufs Podest gefahren, nach der Verletzung schaut es natürlich ganz anders aus. Jetzt ist er absolut drucklos. Sonst muss man klipp und klar sagen: Jeder andere wäre eine Überraschung.
...Sicherheit im Skisport:
Skifahren ist kein Computerspiel. Man wird Stürze und Verletzungen nie ganz verhindern können. Die Natur spielt eine große Rolle. Eine Abfahrtspiste entwickelt sich über die Tage, das war auch das große Problem in Bormio. Dinge wie zum Beispiel den Radius der Ski zu ändern hat in der Vergangenheit relativ wenig gebracht. Dann ist der Trampolin-Effekt noch höher und man fliegt in alle Richtungen. Am besten wäre es, gerade runterzufahren, denn die Schwerkraft hat sich nicht verändert, und die Geschwindigkeit durch taktisches Fahren rauszunehmen. Wenn es viel hin und her geht, muss man schauen, dass die Zeit in der Kurve holt. Dadurch muss man das Material aggressiver machen oder mehr in den Schwung reingehen, was das Risiko für Kreuzbandrisse erhöht. Das ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Das Tragische ist, dass es auch die Guten erwischt. Da muss man sich überlegen: Warum und wieso?
...Superstar Marco Odermatt
Man hat schon von Sölden weg gemerkt, in welch prachtvollen Form er ist. So wie er sich jetzt präsentiert, wird in Kitzbühel kein Weg an ihm vorbeiführen. Ich glaube, dass er beide Rennen gewinnen wird. Jetzt gehen ihm die Gegner auch noch aus.