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Nach Horror-Sturz: Premiere für "neue" Streif

Nach schweren Stürzen zog Kitzbühel Konsequenzen. So wurde die Streif umgebaut:

Nach Horror-Sturz: Premiere für Foto: © GEPA

Es sind Bilder, die keiner sehen will, die aber zum "Mythos" Kitzbühel dazu gehören wie Mausefalle, Steilhang oder der Hausberg. Draufgängerische Rennläufer, die von der berühmt-berüchtigten Streif brutal abgeworfen werden und sich schwer verletzen.

Vor einem Jahr erwischte es den Schweizer Urs Kryenbühl. Dem Eidgenossen wurde in der ersten von zwei Hahnenkamm-Abfahrten bei Highspeed und hohem Luftstand der Zielsprung zum Verhängnis. Der heute 27-Jährige prallte mit Oberkörper und Kopf auf die eisige Piste. Die Folge: Kreuz- und Innenbandriss, schwere Gehirnerschütterung und Schlüsselbeinbruch - und erneut heftige Diskussionen um die Sicherheit auf der gnadenlosen Streif.

"Jetzt war es schon das dritte Mal, jetzt reicht's", sagte Michael Huber - Präsident des Kitzbüheler Ski Clubs und OK-Chef - damals und erinnerte an die folgenschweren Stürze des US-Amerikaners Scott Macartney (2008) und des Schweizers Daniel Albrecht (2009) beim Zielsprung. Beide Läufer erlitten ein Schädel-Hirn-Trauma, Albrecht lag mit Lungenquetschungen im Koma.

"Das macht niemand mit irgendeinem Vorsatz oder Bewusstsein!", hielt Huber mit Nachdruck fest, dass die Verantwortlichen derart schwere Stürze auf der Streif gerne vermeiden würden. Die Organisation in Kitzbühel kündigte deshalb bauliche Änderungen auf der Strecke an, um so die Sicherheit für die Ski-Asse zu verbessern.  

Ein Jahr später hat sich auf der Streif einiges getan, wie Huber im Gespräch mit LAOLA1 schildert.

"Da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen"

Der Ski-Club-Präsident selbst hat unmittelbar nach den Hahnenkamm-Rennen 2021 eine 30-seitige Analyse verfasst.

"Darin habe ich versucht, die verschiedensten Parameter der letzten 30 bis 40 Jahre zusammenzufassen und zu schauen, welche Entwicklungen es gibt. Denn es war der zweite Abbruch nach 30 Läufern innerhalb weniger Jahre", erinnert Huber.

Nach den Stürzen von Kryenbühl und Ryan Cochran-Siegle, der am Hausberg stürzte und sich eine Halswirbelfraktur zuzog, und immer schwieriger werdenden Bedingungen wurde die Abfahrt im Vorjahr nach 30 Läufern, die für eine Wertung im Weltcup notwendig sind, abgebrochen.

"Das ist natürlich bedenklich, da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", stellt Huber klar.

Die Analyse des Kitz-Chefs brachte interessante Erkenntnisse: "Wir hatten in den 2000er-Jahren beim Zielsprung innerhalb von vier Jahren drei schwere Stürze. Wir haben damals darauf reagiert, indem wir die Pistenpräparierung im unteren Streckenteil optimiert haben. Dann hatten wir elf Jahre keinen Sturz mehr am Zielsprung - bis Kryenbühl. Also hat es eigentlich gut funktioniert und der Fehler muss woanders liegen", lautete die Conclusio.

Das Problem: Die Geschwindigkeit beim Zielsprung war zu hoch. 2021 kamen die Läufer mit einem Tempo bis zu 150 km/h zum Sprung und segelten teilweise über 60 Meter weit.

Den Zielsprung etwas abzutragen, brachte nicht den gewünschten Effekt. "Da kann ich machen, was ich will, da müsste ich den ganzen Berg umgraben. Ab einer gewissen Geschwindigkeit wird es einfach kritisch", erklärt Huber.

So wurde die Streif umgebaut

Foto: © GEPA

Die Lösung für das Problem beim Zielsprung wurde daher weiter oben auf der Strecke gesucht: Am Hausberg mit der Kompression. 2016 erwischte es dort binnen kürzester Zeit Hannes Reichelt, Georg Streitberger und Aksel Lund Svindal mehr oder weniger böse. Im vergangenen Jahr dann wie erwähnt Cochran-Siegle.

"Wir haben nach dieser Analyse mit der FIS und den Verantwortlichen vor Ort ein Konzept ausgearbeitet. Wir haben gesagt, wir müssen ab dem Hausberg was machen", erklärt Huber.

Gesagt, getan. Zusammen mit der FIS wurde eine Kursänderung in der Hausberg-Kompression beschlossen.

"Wir haben Gelände-Korrekturen vorgenommen, damit eine weitere Linie fahrbar ist. Jetzt kann man eine größere Kurve fahren, die Strecke wird also etwas länger. Und man kommt mit einer geringeren Geschwindigkeit und in einer anderen Richtung in der Hausberg-Kompression in die Querfahrt. Das sollte für den Zielsprung die Kontrolle ermöglichen, damit der Sprung nicht zu weit geht", schildert Huber.

Ob die Änderungen den gewünschten Effekt bringen, wird sich spätestens bei der ersten von zwei Abfahren am Freitag (11:30 Uhr im LIVE-Ticker) herausstellen.

"Es wird jetzt spannend mit der Premiere", fiebert Huber der Bewährungsprobe für die "neue" Streif entgegen - dieses mal hoffentlich ohne schlimme Stürze. 

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