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Neue Ski-Nation Nummer 1? Was die Norweger anders machen

Kilde, Kristoffersen, Braathen & Co. haben in dieser Saison mehr als die Hälfte der Weltcup-Rennen gewonnen. Das steckt hinter dem Erfolg.

Neue Ski-Nation Nummer 1? Was die Norweger anders machen Foto: © GEPA

Die Diskussion um die Ski-Nation Nummer eins ist fast so alt wie der Weltcup selbst.

Knapp 30 Jahre lang hat sich Österreich diesen Titel mit dem Gewinn des Nationencups an die Fahnen geheftet, ehe man von der Schweiz vom Thron geschubst wurde.

Aktuell dominiert bei den Männern jedoch eine andere Nation: Norwegen.

Speed-Gigant Aleksander Aamodt Kilde sowie Lucas Braathen und Henrik Kristoffersen haben zusammen mehr als die Hälfte der bisher 20 Weltcup-Rennen gewonnen und die jüngsten vier in Folge.

Elfmal stand ein Norweger in diesem Weltcup-Winter bereits auf dem obersten Treppchen, Kilde ist mit sechs Siegen die unangefochtene Nummer eins. Das ergibt eine Quote von 55 Prozent für die Norweger.

Die Schweiz kann mit sieben Siegen, wovon sechs auf das Konto von Marco Odermatt gehen, noch gut dagegengehalten. Österreich steht dank Vincent Kriechmayr, der in Gröden und Bormio gewonnen hat, bei lediglich zwei Siegen.

Auch in den technischen Disziplinen ist Norwegen derzeit eine Macht, besonders im Slalom. Braathen gewann in der laufenden Saison in Val d'Isere und Adelboden, Kristoffersen in Garmisch-Partenkirchen und Wengen. Nur in Madonna di Campiglio, wo Daniel Yule aus der Schweiz triumphierte, war der Sieger kein Norweger.

Und sollte das Top-Duo einmal auslassen, gäbe es da noch Atle Lie McGrath, Weltmeister Sebastian Foss-Solevaag, Timon Haugan und Alexander Steen Olsen, den mit 21 Jahren Jüngsten im Bunde und 2022 Junioren-Weltmeister in Slalom und RTL. Saisonübergreifend haben die Norweger im Slalom acht der vergangenen neun Rennen gewonnen.

Die große Frage, die sich bei diesen Statistiken unweigerlich stellt, ist: Wie machen die Norweger das bloß?

"Es ist nicht so einfach wie in Österreich"

"Viele fragen, was wir anders machen. Es ist schwierig zu sagen. Wir haben einfach Freude daran, wenn wir zusammen arbeiten und man sieht, dass es funktioniert", sagt Kilde.

Ihr besonderer Teamgeist hat die Norweger schon immer augezeichnet. Ganz so einfach ist das Erfolgsrezept dann aber wohl doch nicht.

Henrik Kristoffersen geht da schon mehr ins Detail: "Man kommt in Norwegen nicht so einfach in die Mannschaft rein. Man muss mit seinen Eltern und im Klub arbeiten, bis man im Europacup wirklich gut ist und dann bekommt man eine Chance. Man muss wirklich arbeiten, damit man in die Mannschaft reinkommt. Es ist nicht so einfach wie vielleicht in Österreich oder Italien", erklärte er zuletzt nach seinem Sieg in Wengen im ORF.

Norwegen, ein Land mit rund 5,4 Millionen Einwohnern, schafft es seit Jahren, regelmäßig junge Läufer in den Weltcup zu bringen, die meist nach nur kurzer Eingewöhnungszeit zu Sieg- oder Podestfahrern werden.

In den Speed-Disziplinen ist Kilde, aktuell Führender im Abfahrts-Weltcup und Gegner von Marco Odermatt im Gesamtweltcup, nach den Rücktritten von Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud momentan ein Einzelkämpfer an der Spitze.

In den technischen Disziplinen sind die Norweger dafür umso breiter aufgestellt, im Slalom und RTL stellt man aktuell jeweils vier Läufer in den Top 15. In der Nationenwertung der Männer liegt das kleinere norwegische Team an zweiter Stelle hinter der Schweiz und damit noch vor Österreich. 

"Die Norweger schaffen es extrem gut, neue Leute heranzuführen. Sie nehmen zwar weniger Läufer dazu, diese fordern sie aber extrem und bringen sie gut an die Topleute heran", erklärt Ski-Insider Hans Knauß im LAOLA1-Gespräch.

"In Norwegen ist alles aufs Gewinnen ausgerichtet"

Die Strukturen und damit der Weg vom Talent im Kinder- und Jugendalter zum Topfahrer im Weltcup unterscheiden sich von jenen in Österreich. So gibt es in Norwegen zum Beispiel keinen Landeskader wie hierzulande. Wobei ein Vergleich mit dem um ein Vielfaches größeren ÖSV ohnehin schwierig ist.

Knauß über ÖSV-Strukturen: "Das ist Steinzeit" >>>

Christian Mitter kennt beide Seiten. Der gebürtige Steirer ist seit Jahren für den norwegischen Skiverband tätig. Zuerst als Assistenztrainer bei den Damen, danach begleitete er eine Truppe rund um Kristoffersen vom Skigymnasium Oslo über den Europacup bis in den Weltcup.

2015 wurde er Cheftrainer von Aksel Lund Svindal, Kjetil Jansrud und Co., ehe er für drei Jahre Chefcoach der ÖSV-Frauen war. Seit Sommer ist er zurück in Norwegen und als Technik-Chef mitverantwortlich für die aktuellen Erfolge.

Eines der Erfolgsrezepte der Norweger lüftete Mitter 2015 im LAOLA1-Interview: "In Norwegen ist alles aufs Gewinnen ausgerichtet. Unsere Athleten lernen schon in jungen Jahren, wie es ist, ein Rennen anzuführen und zu gewinnen. Sie gehen daher unbekümmerter an die Aufgaben im Weltcup heran. Für Österreicher ist der Weg in den Weltcup hingegen oft so schwierig und langwierig, sodass letztlich der Respekt zu groß ist, wenn man es endlich dorthin geschafft hat. Diesen Athleten ist es dann lieber 15. zu werden, als alles zu riskieren und möglicherweise auszufallen. Das ist einer der ausschlaggebenden Punkte. Zudem steht bei uns das Team im Fokus. Jeder Sieg ist ein Mannschaftserfolg, dadurch wird der Druck für den Einzelnen geringer. Leben und Tod hängen nicht vom nächsten Rennen ab."

Der Spaß ist den Norwegern aktuell auf jeden Fall anzusehen. 

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