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Ein Kitzbühel-Moment für die Ewigkeit

Cyprien Sarrazin ist der neue König von Kitzbühel. Zuerst liefert er eine Show auf der Streif, dann vor den Fans im Ziel. Auch Marco Odermatt verneigt sich.

Ein Kitzbühel-Moment für die Ewigkeit Foto: © GEPA

Hermann Maiers emotionaler Comeback-Sieg 2003, Stephan Eberharters Traumlauf 2004, Bode Millers Ausflug auf die Sicherheitsplane 2008, Kristian Ghedinas Grätsche beim Zielsprung 2004 – Der Mythos Kitzbühel lebt von Momenten wie diesen.

Die Hahnenkamm-Abfahrt am 20. Jänner 2024 wird wohl ebenfalls als einer dieser Kitzbühel-Momente für die Ewigkeit eingehen.

Es ist 11:48 Uhr, als sich Cyprien Sarrazin nach seiner fabulösen Bestzeit im Ziel der Streif seiner Ski entledigt, auf die luftgepolsterte Bande springt und sich von den rund 45.000 Fans wie ein König feiern lässt.

Der Franzose ist der neue König der Streif. Nach seinem sensationellen Sieg am Freitag setzt Sarrazin in der klassischen Hahnenkamm-Abfahrt noch einen drauf und lässt Konkurrenz sowie Fans sprachlos zurück.

Sarrazin hat sich den Jubel mitten in der Nacht überlegt

0,91 Sekunden nimmt der Speed-Shootingstar dieses Winters Marco Odermatt mit seiner tollkühnen Fahrt ohne Rücksicht auf Verluste ab. Ergebnis der Hahnenkamm-Abfahrt >>>

"Ich kann es nicht glauben, es ist verrückt. Es war ein verrückter Lauf. Ich bin mit ganzem gefahren, wie gestern. Es war eine fast perfekte Fahrt, denn Perfektion gibt es nicht", sagt Sarrazin.  

Dabei waren die Voraussetzungen für seinen zweiten Streif-Coup gar nicht die besten. "Ich konnte lange nicht einschlafen, dann kam wie von allein der Gedanke, wie ich diesmal jubeln würde, wenn ich vorne wäre. So zwischen zwei und vier Uhr in der Früh wusste ich dann, dass ich genau so jubeln will."

Schon Odermatt hat es unmittelbar vor Sarrazin verwegen hinunter getrieben, die Bestzeit des Schweizers wird aber keine zwei Minuten später der Resteverwertung zugeführt.

"Meine Fahrt war oben nicht ganz perfekt. Dann war ich doch mit großem Vorsprung im Ziel, und dachte, man darf ja wohl mal hoffen, vielleicht passiert ihm auch einmal ein Fehler. Aber das passiert momentan nicht. Unglaublich, was Cyprien gezeigt hat. Er war unschlagbar heute", muss Odermatt zugeben.

Während Odermatt seinem großen Ziel, dem Sieg in Kitzbühel, weiter hinterherjagen muss, gelang Sarrazin als zweitem Franzosen nach Luc Alphand, der 1995 und 1997 gewonnen hatte, ein Abfahrts-Double im Mekka des alpinen Skisports. Dabei war dies erst die 14. Weltcup-Abfahrt des ehemaligen Riesentorlauf-Spezialisten.

Odermatt und Sarrazin trennen damit nur noch sechs Punkte im Abfahrts-Weltcup. Nach dem Saison-Aus von Aleksander Aamodt Kilde sind die beiden die verbliebenen Gladiatoren im Kolloseum aus Schnee und Eis.

"Es sind noch ein paar Rennen zu fahren, aber es wird sicher ein spannendes Duell bis zum Schluss", sagt Odermatt nach der siebenten von zwölf Saison-Abfahrten.

Konkurrenz zieht den Hut: "Wir werden versuchen, ihn zu kopieren"

Die Konkurrenz verneigt sich jetzt schon vor Sarrazin und Odermatt.

"Er ist gnadenlos am Limit und macht keine Fehler. Es geht ihm so ziemlich alles auf, was er sich vornimmt. Cyprien kocht auch nur mit Wassser, aber man kann nur den Hut ziehen", sagt ÖSV-Star Vincent Kriechmayr.

Teamkollege Daniel Hemetsberger zog ebenfalls den Hut vor dem Franzosen und das nicht nur sprichwörtlich, wie er nach dem Rennen erzählt. "Besser geht’s glaube ich nicht. Seine Fahrt war von oben bis unten so auf Zug. In den letzten Jahren haben wir selten einen gesehen, der skifahrerisch in so einer Form unterwegs war. Odi fährt gewaltig, aber was Sarrazin heute gezeigt hat, war einfach so sauber."

Der Drittplatzierte Dominik Paris urteilt über seine beiden Konkurrenten: "Die sind einfach mit einem anderen Vertrauen und einem anderen Niveau momentan unterwegs."

Florian Schieder, am Freitag im "Sandwich" zwischen Sarrazin und Odermatt, meint frech: "Wir werden versuchen, Sarrazin zu kopieren."

Luc Alphand jubelt im Ziel mit seinem erfolgreichen Landsmann: "Hier zu gewinnen ist so speziell, vor diesen Fans, die sind immer fantastisch. Dieses Gefühl, in Kitzbühel zu gewinnen, bleibt für immer."

Es war wieder einer dieser Kitzbühel-Momente für die Ewigkeit.

Abfahrts-Show auf der Streif! Pics der Hahnenkamm-Abfahrt

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