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Braathen: "An diesem Tag habe ich meine Freiheit verloren"

Lucas Braathen beendet mit nur 23 Jahren völlig überraschend und voller Emotionen seine Ski-Karriere. Was ihn zu diesem Schritt bewogen hat:

Braathen: Foto: © LAOLA1/Kulovits

Zimmer Nummer 44 in einem luxuriösen Hotel in Sölden. Draußen fallen die Regentropfen vom Himmel, drinnen kullern die Tränen über Lucas Braathens Gesicht. 

Der 23-jährige Norweger hat soeben sein Karriereende bekanntgegeben. Damit überrumpelt der Slalom-Weltcupsieger des Vorjahres zwei Tage vor dem Auftakt der neuen Weltcup-Saison alle.

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"Ich bin fertig", sagt Braathen vor versammelter Presse-Runde, zu der auch LAOLA1 gehört. 20 Minuten lang erläutert der extrovertierte Norweger mit brasilianischen Wurzeln die Gründe für seinen Rücktritt, den er für sich vor gut vier Wochen beschlossen hat.

Braathen: "Ich steck hier fest"

"Ich hatte drei Ziele in meiner Karriere. Ich wollte der Beste der Welt in etwas werden. Ich wollte der Gemeinschaft, die es mir erlaubt hat, meinen Traum zu leben, etwas zurückgeben. Und ich wollte den Skisport zu einem Raum machen, in dem es mehr Platz für Farbe, Akzeptanz und unterschiedliche Persönlichkeiten gibt", erklärt Braathen, der aufgrund seines Äußeren - er lackiert sich die Fingernägel bunt und trägt auch Röcke - oft als "bunter Vogel" im Skisport betitelt wurde. 

Dieses dritte Ziel, den Skisport offener zu machen, ließ den jungen Norweger nun an seine Grenzen stoßen. "Ich stecke hier fest", resigniert Braathen. "Was immer ich auch mache, es ist falsch."

"Wenn ich als Skifahrer in diesem System weitermachen will, müsste ich mein Glück und meine Träume aber beiseite legen. Dazu bin ich nicht bereit."

Lucas Braathen

Damit bezieht sich Braathen auch auf seinen Konflikt mit dem norwegischen Skiverband (NSF), der strenge Richtlinien im Sponsoring von Athleten hat. Braathen forcierte (gemeinsam mit anderen Sportlern) einen offenen Austausch über die Rechte der Athleten im Nationalmannschaftsvertrag. Stattdessen habe der norwegische Verband den Vertrag noch strikter für die SportlerInnen gemacht. 

Braathen spricht von einem provokativen Verhalten des Verbandes während der vergangenen drei Jahre. 

Braathen: "Ich höre nicht aus Protest auf"

Die kürzliche Aufregung um eine Werbekampagne des Ski-Stars für die Modemarke "J. Lindberg" war nur ein weiteres Puzzleteil im Zwist. Braathen stieß den NSF vor den Kopf, der von der Marke "Helly Hansen" ausgestattet wird. 

"Ich wünschte, ich hätte das nicht gemacht. Ich bin enttäuscht, dass ich mich auf das Niveau herabgelassen habe, auf dem Verband seit Jahren handelt", sagt Braathen und entschuldigt sich bei NSF-Ausstatter "Helly Hansen" und seinem Teamkollegen, ausdrücklich aber nicht beim norwegischen Verband. 

"Nach einem Prozess über drei Jahren gehst du mit einem Gefühl, dass du einen Verband repräsentierst, der seine Athleten nicht respektiert", findet Braathen deutliche Worte. 

Er betont aber auch: "Ich höre nicht aus Protest auf. Ich höre nicht in Bitterkeit auf."

Wieder glücklich sein

Dennoch habe sich das Leben als aktiver Sportler mit der Zeit immer weniger gut angefühlt. Schon an dem Tag, an dem er sein vermeintlich großes Ziel - den Weltcup - erreicht hat, begann sein Glück zu schwinden. "Es war der Tag, an dem ich meine Freiheit verloren habe", sagt Braathen rückblickend. 

"Mein größtes Ziel im Leben ist es, so glücklich wie möglich zu sein", sagt Braathen. "Und als ich mich dazu entschieden habe, mein Leben dem Skisport zu widmen, habe ich mir geschworen, das so lange zu machen, solange es mich glücklich macht. Wenn ich als Skifahrer in diesem System weitermachen will, müsste ich mein Glück und meine Träume aber beiseite legen. Dazu bin ich nicht bereit."

"Ich habe immer meine Träume verfolgt und das gemacht, was mich glücklich macht. Und damit werde ich nie aufhören. Das war immer auch ein Grund für meinen Erfolg. Zum ersten Mal seit über einem halben Jahr, bin ich glücklich. Und zum ersten Mal seit Jahren fühle ich mich frei."

Wie schwer Braathen die Entscheidung dennoch gefallen ist, wird deutlich, als er über seine Karriere und seine Teamkollegen spricht.  

"Ich bin so dankbar, dass ich meinen Traum leben konnte. Ich bin stolz, Teil des besten Teams der Welt gewesen zu sein. Daran werde ich mich für den Rest meines Lebens erinnern. Das ist unbezahlbar. Ich bin so dankbar dafür", erklärt er unter Tränen. "Es hat mich auch zu der Person gemacht, die ich heute bin."

Was die Zukunft nun für Braathen bereithält? "Ich gehe jetzt auf meine eigene Reise und ich werde herausfinden, was das für eine ist", sagt Braathen - und lächelt.

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