Cornelia Hütter verbrachte in den letzten drei Jahren fast mehr Zeit auf Krücken als auf Skiern.
Nach ihrem Kreuzband-, Innen- und Außenmeniskus-Riss 2017 erlitt die Steirerin 2018 eine Lungenprelllung und Läsion der Milz sowie eine Knorpel-Fraktur. Im Jänner 2019 folgte ein Innenbandeinriss im rechten Knie sowie Muskelfaserriss in der linken Wade, im März des Vorjahres riss das Kreuzband und der Innenmeniskus erneut. Vor vier Wochen dann der nächste Verletzungs-Schock: Wieder Kreuzbandriss.
Hütter klebt das Pech in den letzten Jahren förmlich am Skischuh. Die vielen schweren Verletzungen binnen so kurzer Zeit sind für die Speed-Spezialistin selbst nicht erklärbar, vor allem der neuerliche Kreuzbandriss, den sie sich Anfang März im Training zugezogen hat.
"Diese Verletzung ist mir wirklich ein Rätsel", erklärt Hütter gegenüber LAOLA1. "Zumal ich mich bewusst dafür entschieden hatte, der Trainings- und Aufbauphase ausreichend Zeit zu geben, ehe ich wieder Rennen bestreite."
"Für mich ist wieder einmal eine Welt zusammengebrochen"
Die 27-Jährige hatte nach dem Kreuzbandriss beim Saisonfinale in Andorra im März 2019 in der abgelaufenen Saison 2019/20 sogar darauf verzichtet, wieder in den Weltcup einzusteigen, hatte also ein volles Jahr Rennpause.
„Ich bin, so schwer es mir auch gefallen ist, kein einziges Rennen gefahren. Es war bis zuletzt alles perfekt im Plan und optimal vorbereitet, um in der kommenden Saison gut trainiert das Comeback in Angriff zu nehmen“, sagt Hütter. „Pustekuchen!“
Statt dem Comeback vor Augen hat die Gewinnerin von zwei Weltcup-Rennen nun wieder Narben an den Beinen und muss abermals von Null beginnen. Nach der Operation Anfang März steht aktuell Reha auf dem Programm, diese findet aufgrund der Einschränkungen durch das Coronavirus gezwungenermaßen zu Hause statt.
„Ich bin wieder am aufsteigenden Ast unterwegs“, erklärt Hütter, gibt jedoch zu: „Der erste Schock war natürlich sehr groß und hat mich auch wirklich einige Tage sehr gedämpft.“
"Für mich ist wieder einmal eine Welt zusammengebrochen. Momentan bin ich aber schon dabei, sie wieder aufzubauen."
Sie habe gleich nach ihrem Sturz beim Riesentorlauf-Training auf der Reiteralm gewusst, dass es erneut eine schwere Verletzung ist. „Trotzdem will man das in diesem Moment noch nicht wahr haben. Erst, als ich durch die MRI-Untersuchung absolute Klarheit hatte, ist für mich wieder einmal eine Welt zusammengebrochen“, sagt Hütter. „Momentan bin ich aber schon dabei, sie wieder aufzubauen.“
Keine Gedanken ans Karriereende
Der eine oder andere Sportler hätte an Hütters Stelle wohl längst die Skier in die Ecke gestellt. Gedanken an ein Karriereende hat es aber auch nach dem neuerlichen Rückschlag nicht gegeben. Der Schock ist mittlerweile einer Zuversicht gewichen. "Ich blicke voller Energie und Motivation in die Zukunft.“
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Was Hütter nach jedem Rückschlag immer wieder aufstehen lässt? „Skirennfahren ist nicht nur mein Beruf, es ist auch eine Leidenschaft“, sagt die 27-Jährige.
"In mir lebt dieses Kämpferherz, das mich immer wieder von neuem Motivation aufbauen lässt.“
„Natürlich hat meine Motivationsfähigkeit in den vergangenen Jahren zahlreiche Tiefschläge einstecken müssen. Ich wäre aber kein Profi und auch keine risikobewusste Rennläuferin, würde ich das nicht wegstecken oder umwandeln können. Das soll nicht heißen, dass ich nicht enttäuscht und niedergeschlagen war. Trotzdem lebt in mir dieses Kämpferherz, das mich immer wieder von neuem Motivation aufbauen lässt.“
Harter Verzicht für die Teamplayerin
Motivation wird es jede Menge brauchen auf dem Weg zurück in den Weltcup. Bis sich Hütter wieder die Abfahrtsstrecken dieser Welt hinunterstürzen kann, bedarf es wohl viel Schweiß und Geduld, aber auch Verzicht. Unter anderem auf ihre ÖSV-Teamkolleginnen.
„Ich bin als Rennläuferin zwar für meine eigene Performance verantwortlich, dennoch bin ich eine absolute Teamplayerin. Das Training und die Gemeinschaft mit meinen Kolleginnen sind mir schon sehr wichtig. Umso härter wird es auch in den kommenden Monaten für mich sein, auf die regelmäßigen gemeinsamen Einheiten und Kurse mit der Mannschaft verzichten zu müssen“, so Hütter.
Neben den mentalen Herausforderungen bedeutet eine schwere Verletzung für Skirennläufer, ihren Beruf mehrere Monate nicht ausüben zu können. Eine komplette Saison zu verpassen schlägt sich natürlich auch finanziell nieder.
„Diese Situation wird in sämtlichen Vereinbarungen, die wir mit Sponsoren und Ausrüstern abschließen, mitbedacht, damit man - sollte es zu diesem worst case kommen - nicht gänzlich ohne Einkünfte dasteht“, erklärt Hütter.
Viel wichtiger als Geld ist aber ohnehin die Gesundheit, wie sich gerade in Tagen wie diesen zeigt.