Die Spannung steigt vor dem Weltcup-Auftakt in Sölden am Wochenende – sicher auch bei Marcel Hirscher.
Ausgerechnet sein jahrelanger Konkurrent Henrik Kristoffersen wird beim Riesentorlauf am Rettenbachferner am Sonntag (ab 10 Uhr im LIVE-Ticker) der erste Athlet sein, der sich mit einem Ski der Marke "Van Deer" im Weltcup aus dem Starthaus stürzt. Damit beginnt die zweite Ära von Marcel Hirscher auf der großen Ski-Bühne.
Ob Kristoffersen auf dem Hirscher-Ski auf Anhieb gewinnen kann?
"Die Möglichkeit für ein Podest oder einen Sieg ist jetzt viel höher als früher", erklärt der Norweger in Sölden gegenüber LAOLA1 und anderen österreichischen Medien. "Ich bin nicht hundertprozentig sicher, dass ich in Sölden gewinne oder auf dem Podest stehe. Aber ich bin hundertprozentig sicher, dass ich um das Podest und um den Sieg mitkämpfen werde in der ganzen Saison."
Kristoffersen und das "Dreamteam"
Als Hirscher bei seinem ehemaligen Rivalen anrief, musste dieser nicht lange überlegen. Nach erfolgreichen Jahren auf "Rossignol" folgte Kristoffersen im Frühjahr schnell dem Ruf des achtfachen Gesamtweltcup-Siegers und seinem "Van Deer"-Team.
"Jetzt verstehe ich ein bisschen besser, wie Marcel diese acht Gesamtweltcup-Kugeln in Serie gewonnen hat."
Dass Hirscher gleich für sein Debütjahr im Weltcup einen der absoluten Topstars verpflichten konnte, kam für viele doch überraschend. "Ja, die Firma ist erst ein Jahr alt, aber ich kenne Marcel. Ich weiß, wie die Leute in der Firma arbeiten, sie haben so viel Erfahrung. Für mich war es kein Risiko", vertraut Kristoffersen auf die Masterminds bei "Van Deer".
Der 28-Jährige hat das größte Ski-Know-How in Sachen Material, das es seit Jahren gibt, rund um sich. Neben seinen eigenen Leuten rund um Vater Lars darf sich Kristoffersen der Erfahrung von Marcel und dessen Papa Ferdinand Hirscher sowie im Servicebereich von Edi Unterberger und Raphael Hudler bedienen. Auch Ex-ÖSV-Sportchef Toni Giger wechselte als Geschäftsführer zum Team "Van Deer-Red Bull Sports", wie es offiziell heißt.
Nicht von ungefähr fällt beim Gespräch mit Kristoffersen das Wort "Dreamteam".
Kristoffersen: "Das ist ein anderer Planet"
"Ich kann mich jetzt mehr auf das Skifahren fokussieren", sagt der Slalom-Kugelgewinner der vergangenen Saison und lobt die bekannt akribische Arbeitsweise a la Hirscher.
Änderungswünsche werden Kristoffersen von den Augen bzw. Skiern abgelesen, noch bevor er bei Trainigsläufen im Ziel angekommen ist, erzählt er.
"Ich muss nicht viel sagen, was zu ändern ist. Das Team sieht das und dann besprechen wird das. Es funktioniert sehr gut bis jetzt. Und ich brauche jetzt auch nicht zwei Monate auf ein neues paar Ski warten, das gibt es in zwei Tagen", schmunzelt der Norweger, der bei Skischuh und Bindung weiter auf sein altes Material setzt, zufrieden.
Kristoffersen taucht mehr und mehr in jene Arbeitsweise ein, die Hirscher zu seiner aktiven Zeit so erfolgreich gemacht hat – und ihn selbst gleichzeitig oftmals zum Verzweifeln brachte.
"Jetzt verstehe ich ein bisschen besser, wie Marcel diese acht Gesamtweltcup-Kugeln in Serie gewonnen hat. Mit dem Material jetzt ist das eine komplett andere Welt als früher. Der Fokus auf die kleinen Sachen ist viel besser. Die Präparierung der Ski ist auf einem komplett anderen Niveau, das ist ein anderer Planet", findet Kristoffersen eindrucksvolle Worte.
Kristoffersen: "Es gibt keine Garantie"
Hirscher selbst erklärte zuletzt, dass er im Weltcup nur vereinzelt vor Ort mit dabei sein wird.
Einer, der sich dafür umso mehr einbringt, ist Ferdinand Hirscher. Kristoffersen erzählt mit einem Grinser im Gesicht von der Saisonvorbereitung in Argentinien, als Papa Hirscher nahezu täglich bei den Serviceleuten Edi Unterberger und Raphael Hudler anrief, nachdem er sich daheim die Videos von den Trainingsläufen angeschaut hat.
"Ferdl telefoniert ganz oft", lacht Kristoffersen und fügt sehr ernst gemeint hinzu: "Es funktioniert alles wirklich sehr gut."
Bei all der Zuversicht merkt er dann aber doch an. "Es gibt keine Garantie, dass es hundert Prozent in jedem Lauf, in jedem Rennen funktioniert. Wir sind Menschen, wir machen Fehler. Aber die Möglichkeiten sind viel größer als früher."
Angesprochen auf den Gesamtweltcup gibt sich der Gewinner von 28 Weltcuprennen zurückhaltend. "Marco (Odermatt/Anm.) hat 31 Rennen, ich 21. Aber schauen wir. Das Ziel ist, gut Ski zu fahren, schnell Ski zu fahren und dann Rennen zu gewinnen. Wenn du genug gewinnst, ist die Möglichkeit für die große Kugel da. Aber ich glaube, dass man nicht hier stehen und an die Gesamtkugel denken kann. Das ist viel zu früh. Marcel hat das auch nicht getan."