Marcel Hirscher hat nach acht Gesamtsiegen im Alpinen Ski-Weltcup in Serie die Seiten gewechselt und ist zum Skiproduzenten geworden.
Sein "Baby" heißt Van Deer-Red Bull Sports, und gleich im Premierenjahr gelang dank Henrik Kristoffersen ein Weltcup-Sieg und ein WM-Titel.
Vor dem Start der zweiten Saison sprach Hirscher über den Klimawandel, den Jahreszyklus, prominente Ex-Kollegen, Rugby in Neuseeland und Zukunftspläne.
Frage: In der Diskussion über den Klimawandel ist der Skisport heute fast schon böse. Wie erleben Sie das eigentlich?
Marcel Hirscher: Ich nehme die Argumente sehr ernst. Ich bin schon der Meinung, dass wir, also die Industrie, die Politik und auch die Seilbahnen, gefordert sind in Zukunft, wie wir mit dem Thema umgehen. Auch wenn das Snowfarming extrem wild ausschaut, bin ich trotzdem der Meinung, dass dieses Recycling des Schnees eigentlich der erste gute Schritt ist. Aber da kann man natürlich sehr viele Punkte betrachten und diskutieren.
Frage: Fängt die Saison nicht zu früh an?
Hirscher: Ich habe als aktiver Athlet schon immer gesagt, ich finde es zu früh, und darum tue ich mir da ein bisschen leicht, dass ich dabei bleibe. Als Aktiver war schon immer der Stress, dass wir ready werden müssen. Und es ist so schwer, ready zu werden, weil du hast keine Trainingsbedingungen und und und. Aber es ist schon ein gesellschaftliches Thema auch. Ski fahren kannst du mittlerweile, das war die letzten paar Winter schon, recht lang in den Frühling raus. Nur gehen da ganz wenige Leute mehr Ski fahren, weil es unnatürlich ist in unserem Zyklus.
Frage: Wäre es denkunmöglich, dass man bis in den April, Mai fährt? Also gibt es einen Beweis, dass die Leute den Skisport dann tatsächlich nicht annehmen würden?
Hirscher: Ich kenne keine Einschaltzahlen. Ich kann es nur nach meinem Gefühl sagen und kann nicht behaupten, dass ich mich auskenne. Es gibt so viele Argumente. Die einen argumentieren, es ist voll böse, die anderen sagen, es ist richtig. Es wird die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen. Ich weiß es nicht. Es muss definitiv im Gemeinsamen was gemacht werden. Dass es so weitergeht wie die letzten 100 Jahre ... das werden wir alle hoffentlich verstanden haben, dass es nicht so ist.
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Frage: Wie sehen Sie die Entwicklung des Skisports, was das Spektakel betrifft, das die Fans geboten bekommen?
Hirscher: Es wird immer schwieriger mitzuhalten, bei dieser Menge und Flut an Möglichkeiten, die uns geboten werden. Aber super schön ist, dass der Skisport in Österreich eine Volkssportart ist, in der Schweiz, auch in Teilen Frankreichs. In Amerika wird das recht gut angenommen. Wo ich nicht so viel davon halte, ist, wenn man in Länder geht, wo der Skisport einfach null Relevanz hat. Die Neuseeländer spielen auch gerne Rugby. Bei uns würden da nicht viele Leute zuschauen.
Frage: Kann es sein, dass sie beim Weltcup-Start in Sölden sein werden?
Hirscher: Nein.
Frage: Wie lange ist es her, seit Sie das letzte Mal auf Ski gestanden sind?
Hirscher: Mai, wo auch das Video (zur neuen Produktlinie von Van Deer/Anm.) entstanden ist.
Frage: Trauen Sie Marco Schwarz, der möglichst alle Rennen bestreiten will, zu, um die große Kugel mitzufahren?
Hirscher: Es gibt diese Athleten. Bode Miller zum Beispiel - mega. Wer eine Kugel gewonnen hat, kann auch eine große gewinnen. Aber da sind ganz viele äußere Faktoren wichtig. Ja, wenn die Rahmenbedingungen zu hundert Prozent stimmen.
Frage: Es ist im Skisport immer das Risiko, dass irgendwas passiert. Wie früh müssen Sie als Firmenchef sagen, wir brauchen vielleicht eine zweite Säule neben Henrik Kristoffersen?
Hirscher: Wir haben nicht die Möglichkeit, dass wir sagen, wir stocken jetzt auf. Personell nicht, und auch nicht, dass wir das dann in dieser Professionalität weiter betreuen könnten. Natürlich haben wir gewisse Athleten im Blickfeld, aber da muss vorher die Saison einmal drübergehen. Und dann braucht es schon auch den richtigen Charakter dazu. Einen Athleten, der sagt, das Material ist mir egal, mit dem kann ich nicht arbeiten. Für jemanden, der Mainstream ist, sind wir die falsche Baustelle.
Frage: Was glauben Sie, wie es mit Max Franz weitergeht?
Hirscher: Es ist ein unglaublich steiniger und harter Weg. Das muss er selber sagen.
Frage: Wie sehen Sie die sportliche Situation Österreichs im Weltcup? Ist das nur ein Durchhänger oder sind das Dinge, die sich schon vor vielen Jahren angedeutet haben?
Hirscher: Ich müsste eigentlich in dem System Skiverband arbeiten, um wirklich ein Feedback geben zu können. Ich kann es nicht beurteilen, weil ich nicht drin sitze.
Frage: Können Sie sich eine Rolle und Funktion im ÖSV vorstellen - auch zu einem viel späteren Zeitpunkt, in 20, 30 Jahren?
Hirscher: Nein, ich bin echt voll ausgelastet. Der Zug ist abgefahren.