news

ÖSV will Carbonschützer-Verbot: "Grenzen klar überschritten"

Der Eigenverantwortung der Athleten will man das Thema nicht überlassen. Das hat laut Alpinchef Herbert Mandl gute Gründe.

ÖSV will Carbonschützer-Verbot: Foto: © GEPA

Österreichs Skiverband plädiert für ein Verbot der derzeit viel diskutierten Carbonschienen im alpinen Skisport und will dies mit Untersuchungsergebnissen der Universität Innsbruck durchsetzen.

Den Athleten in dieser Frage die Eigenverantwortung zu überlassen, hält ÖSV-Alpinchef Herbert Mandl für keine gute Idee. "Wenn es um Leistung geht, wird jeder das nehmen, was schneller ist." Wer aus medizinischen Gründen eine Stütze braucht, sollte dämpfendes Material verwenden dürfen.

"...dann passiert es noch schneller"

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Die zahlreichen Stürze in diesem Weltcupwinter und die teils massiven Verletzungen sind nicht immer auf das Tragen von Carbonschienen zurückzuführen, wie sie beispielsweise viele Läufer aus den Nationalteams der Schweiz und Frankreich verwenden.

Im ÖSV kommen diese nicht zum Einsatz, Felix Hacker riss sich im Training in Kitzbühel ohne Sturz Kreuzband und Meniskus. "Er hatte auch einen kleinen Fahrfehler. Es passiert so, und wenn sie die Deckel drinnen haben, dann passiert es noch schneller", sagte Mandl.

"Wir haben die Grenzen der Belastbarkeit klar überschritten"

Herbert Mandl

"Wir haben die Grenzen der Belastbarkeit klar überschritten. Klar sind es Folgen von Stürzen. Aber auch, wenn wer eingefädelt. Die schnellen Reaktionen eines Skis, da sieht man, dass das alles so aggressiv ist." Aus seiner Sicht müsste man beim Skischuh ansetzen. "Alles gibt noch mehr nach als der Schuh, der Schuh ist ein Klotz." Aber eben auch bei den Carbonschienen sei Handlungsbedarf da. "Das verstärkt die Reaktion des Skis noch massiv, das gehört absolut verboten."

Dämpfendes Material statt Carbon

Mandl sprach davon, dass man bereits biomechanische Messungen habe, dass man das auch klar beweisen könne. Man werde "mit Unterlagen und Beweismitteln, dass es wesentlich schärfer reagiert", stark dafür plädieren. "Und sagen, das ist Nonsens. Wir wollen ein generelles Verbot. Wir sind auch Vorbild für Junge, es kommen schon Schüler daher, die sagen, sie müssen mit diesen Deckel fahren."

Wer eine Ausnahmegenehmigung beispielsweise nach einem Bruch, einer Schienbein- oder Beinhautentzündung hat, soll dämpfendes Material verwenden dürfen, das nicht steif ist und Kraftübertragung ermöglicht.

Die ÖSV-Läufer, die die Schienen probiert hätten, seien damit nicht zurechtgekommen. "Du musst das ganze Set-up des Materials abstimmen und die Aggressivität verteilen."

Das Tragen der Schienen hätte auch nicht überall Vorteile, sondern bei knackigen Pisten, wo mehr Kraft sinnvoll und nützlich sei. Und es werde freilich immer schärfer präpariert, Kompaktschnee habe mehr Dichte als Naturschnee, mit Wasser verwandelt sich der Untergrund in Eis.

Odermatt glaubt nicht an viele Änderungen

Allgemein angesprochen auf die Sicherheitsdebatte sagte Superstar Marco Odermatt in Kitzbühel. "Man kann vielleicht mit den Skischuhen fahren, dann wäre es weniger schnell, weniger aggressiv. Dann wäre es nicht mehr Skirennsport." Skifahren sei ein gefährlicher Sport und jedem seien die Konsequenzen bewusst.

"Man muss die äußeren Bedingungen so gut herbringen wie möglich, man muss sich so stark machen, wie möglich, um Verletzungen vorbeugen zu können oder Risiken entgegenzuwirken. Große Veränderungen sehe ich nicht als realistisch an."

Der Weltcup-Superstar verwendet Einlagen, ebenso Cyprien Sarrazin, der bei seinem Horror-Sturz in Bormio eine Blutung in der Nähe des Gehirns erlitt. Bei Sarrazin ist es ein Modell, das das Bein umschließt, der Südtiroler Christof Innerhofer verwendet Schützer.

"Das ist Abfahrt und nicht Ski Cross auf Abfahrtsskiern. Wir alle haben kein Problem, 5 km/h schneller zu fahren, die merken wir nicht"

Christof Innerhofer

"Es gibt mir Sicherheit. Ich fühle mich viel wohler. Vor allem, wenn es schlagt, gibt mir das Stabilität im Skischuh. Es ist null aggressiver, ich habe nix am Skischuh umgestellt." Er erwähnte noch, dass bei ihm als größerem Athleten der Skischuh wo anders aufhöre als bei einem kleineren, es so einfach eine längere Stütze sei.

"Ich sehe das Problem, dass die Leute heutzutage meinen, wir müssen die Abfahrtsstrecke bremsen durch Wellen und durch Hügel und durch Kanten. Das ist Abfahrt und nicht Ski Cross auf Abfahrtsskiern. Wir alle haben kein Problem, 5 km/h schneller zu fahren, die merken wir nicht. Meistens passieren Fehler, weil irgendwo so komische Schnapper sind, das sind meistens die Verdrehungen oder blöden Stürze." Sein möglicher Lösungsansatz: "Mit der Platte ein paar Millimeter runter, dann kannst du weniger Schräglagen fahren."

Paris vermisst das Spielerische im Sport

Innerhofers Landmann Dominik Paris, der keine Schützer trägt, meinte in Kitzbühel: "Der Athlet ist der Athlet, der will gewinnen und probiert es mit Hilfe. Und das Material ist unsere große Hilfe."

Er entscheide, welche Abstimmung er nehme und welches Risiko er eingehe. "Wenn die FIS eine gute Regelung findet, dass man das reglementieren kann und es wieder spielerischer wird und man mehr mit den Kräften vom Körper arbeitet, als mit den Kräften des Skis, hätten wir sicher einen guten Schritt in die richtige Richtung gemacht." Es brauche Testergebnisse, nach denen dann die Reglements erstellt werden sollen.


Kommentare