Für Mathias Graf sind diese Weihnachten besondere, noch spezieller als die vergangenen.
Beim Fest vor zwei Jahren war er sportlich nahe am Karriereende, hatte es als Alpin-Skifahrer noch einmal probiert, im Februar 2021 bestritt er aber seine letzten Rennen seiner sozusagen ersten Laufbahn. Vor einem Jahr hatte der Vorarlberger im Ski Cross dann schon ein Europacuprennen gewonnen, sieben weitere Siege folgten. Nun hält Graf schon bei zwei Weltcupsiegen in seinem neuen Metier.
Der 26-Jährige gewann den zweiten Val-Thorens-Bewerb und den ersten in Innichen, also die Hälfte seiner bisher vier Weltcup-Rennen. Die Weltcup-Führung musste er nach Innichen II nur abgeben, da er gegen drei Deutsche in den Schnee musste und "nur" Neunter wurde. "Wenn drei von der gleichen Nation sind, schaut man, dass man sich das richtet - aber mit fairen Mitteln. Es geht nur um das Überholen ohne Berührung, das war da nicht der Fall", sagte Graf der APA.
Die WM in Georgien im Visier
Wichtig sei ihm aber, dass er gesund und unverletzt geblieben sei und ähnlich sieht sein Motto für den weiteren Saison- und Karriere-Verlauf aus: "Das größte Saisonziel von mir ist, dass ich Spaß habe am Sport. Das ist der Fall. Ich versuche bei jedem Rennen wirklich Vollgas zu geben und dann weiß ich, dass alles möglich ist." Neben dem Weltcup bieten sich für den Quereinsteiger die Weltmeisterschaften Ende Februar in Georgien als lohnendes Ziel an. Und dann sind da noch die Winterspiele 2026.
Die schienen für ÖSV-Alpinfahrer Graf unerreichbar. Rang 18 im Kitzbühel-Slalom 2019 war Grafs wertvollstes Resultat. 2020/21 probierte er, mit einem Wechsel seiner Skimarke in Schwung zu kommen, doch das schlug fehl. "Dann habe ich vonseiten des ÖSV sicher nicht die Unterstützung bekommen, wie ich mir das vorgestellt habe. Nach der Saison war mir nach einem kurzen Gespräch klar, dass ich weggehe von den Alpinen." Ein Sichtungstraining auf der Reiteralm später war Graf Ski Crosser.
"Fahre jetzt besser Riesenslalom als je zuvor"
"Das hat mir von Anfang an extrem viel Spaß gemacht. Der Adrenalin-Kick ist wesentlich größer als beim Alpinen", gab der Dornbirner preis. Von der ÖSV-Equipe sei er herzlich empfangen worden, es laufe bei den Ski Crossern familiärer ab. Auch nationen-übergreifend sei Unterstützung da: "Der Sport ist so gefährlich, dass man miteinander auskommen muss." Das nächste Mal am 21./22. Jänner in Idre in Schweden, Mitte Februar beim Heim-Weltcup auf der Reiteralm.
So weit denkt Graf aber noch nicht. Bis Dienstag oder Mittwoch möchte er sein Handy weglegen, danach geht es auf der Reiteralm ins Start- und Riesenslalom-Training. Letzteres habe er seit Ende seiner Alpin-Laufbahn mit seinem Vater forciert: "Ich fahre derzeit besser Riesenslalom als ich es jemals gefahren bin", verriet Graf. Seine gute Technik komme ihm nun zu Gute. "Eine gewisse Grundtechnik sollte bei jedem vorhanden sein. Man muss schon zuerst lernen, wie man einen schnellen Schwung fährt."
Im Jänner werde Graf eventuell zu seiner alten Liebe zurückkehren und ein alpines FIS-Rennen bestreiten - zu Trainingszwecken. "Damit ich im Rennmodus bleibe." Er habe seinen Alpin-Status vor der Saison auf aktiv stellen lassen, auch wenn sein Fokus mittlerweile voll auf Ski Cross liegt. Dadurch hat er auch sein Training stark umgestellt, darf nun endlich viel Krafttraining machen, denn: "Als Alpiner habe ich immer geschaut, dass ich weniger Gewicht hebe, dass ich nicht zu schwer werde."
Grafs Durchhaltewille als große Stärke
2021 habe er auch schon kurz mit einem gänzlichen Karriere-Ende spekuliert, die Faszination Ski Cross hatte er aber doch schon über seinen acht Jahre älteren Bruder Bernhard mitbekommen. Der schaffte es freilich nie so hoch hinaus wie nun der Jüngere der beiden. Für Mathias Graf basieren seine Cross-Erfolge auf seiner Skitechnik, guten Starts und seinen Kampfgeist. "Ich gebe einfach nicht auf - egal, wie aussichtslos die Lage ist. Das ist die größte Stärke von mir."
Aktuell genießt der Shooting-Start einfach den Moment. "Snowboard Crosser Markus Schairer hat einmal gesagt: 'Siege die man nicht feiert, die kommen nicht wieder.' Ich freue mich extrem über das Ganze", gab Graf Einblick. "Und ich schaue natürlich zurück, was ich getan habe dafür - auf die Stunden, die ich im Skikeller gestanden bin mit dem Servicemann oder mit Papa und wir getüftelt haben." Bisher hat sich das gelohnt, 2023 sollen weitere Früchte dieser Arbeit geerntet werden.