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Neue Herren-Piste als "Unbekannte" bei Ski-WM

Auf die Speed-Herren wartet in Cortina d'Ampezzo absolutes Neuland:

Neue Herren-Piste als Foto: © GEPA

Eingebettet in eine beeindruckende Bergwelt erwartet die alpinen Ski-Herren in Cortina d'Ampezzo eine noch unerprobte WM-Piste.

Die "Vertigine" (zu deutsch: Schwindelgefühl, Höhenangst) getaufte Strecke lässt einschüchternde Übersetzungen zu. Ob nomen tatsächlich omen ist, müssen die allermeisten Speed-Spezialisten anders als Hannes Trinkl erst herausfinden.

Der FIS-Renndirektor meint, dass die für die Titelkämpfe von Cortina gefertigte Strecke trotz ihrer Kürze das volle Paket bietet.

"Hat alles, was eine Abfahrt haben sollte"

"Es ist keine lange, aber eine sehr schöne Abfahrt, die alles hat, was eine Abfahrt haben sollte", sagte Trinkl, der die Speed-Sparte für den Weltverband verantwortet, zur APA. Der frühere ÖSV-Rennläufer verwies auf einen steilen Start mit schnellen Kurven und einen Mittelteil, den er als Herzstück der Vertigine sieht.

"Der Mittelteil ist steil und technisch anspruchsvoll und deshalb sicher der Schlüsselabschnitt. Es heißt richtig gut am Ski draufzustehen, das ist sicher etwas für die Paradeabfahrer." Der untere Teil sei flacher und nicht mehr so schwierig. "Hier kommt es auf die Gleitfähigkeiten an.

Vorteil für Italiener im Super-G

"Während Hochgeschwindigkeits-Events auf der Nebenstrecke Olympia delle Tofane seit 1993 zu den Fixpunkten im Frauen-Weltcup zählen, kehren die Männer nach 30 Jahren Pause in den Ort zurück.

Erfahrungswerte auf der Vertigine sammeln konnten bisher nur die Hausherren. Die Italiener um Dominik Paris und Christof Innerhofer trugen 2019 dort nationale Meisterschaften aus.

"Für den Super-G (Dienstag 13.00 Uhr) wird das sicher ein kleiner Vorteil sein", vermutete Trinkl. "Für die Abfahrt ist es wurscht, da hat jeder die Erfahrung von zwei bis drei Trainings."

Innerhofer kritisierte WM-Strecke

Innerhofer riss sich damals bei einem Sturz das Kreuzband und sparte danach nicht mit Kritik. "Nicht WM-würdig", tadelte der WM-Vierte von Aare vor allem eine kurze Fahrzeit. "Oben ist es flach bis leicht, dann 20 Sekunden steil, danach brettleben."

Die Organisatoren sehen das anders. "Der Name spricht für sich. Die Vertigine hinterlässt einen extremen Eindruck", betonte Alessandro Benetton, der OK-Präsident von Cortina. Auch Trinkl sagt: "Ich bin überzeugt davon, dass es da herunter keinen Zufalls-Weltmeister geben wird."

Mit einer Länge von 2.740 Metern liegt die Abfahrt im Weltcup-Vergleich auf der kürzeren Seite. Die Lauberhorn-Abfahrt von Wengen ist mit 4,3 km kein Maßstab, die "Pista Stelvio" in Bormio misst 3,6 Kilometer, die Kitzbüheler "Streif" 3,3 km, die "Saslong" in Gröden 3,2.

Auf dem Papier, das keine wetterbedingte Verkürzung kennt, war in der laufenden Weltcup-Saison jede Abfahrt zumindest drei Kilometer lang. Garmisch-Sieger Paris bewältigte eine verkürzte Kandahar (2.920) zuletzt in 1:33,81 Minuten.

"Länge nicht so entscheidend"

"Der Berg gibt die Länge vor", meint Trinkl, er prognostiziert eine Weltmeisterzeit "um 1:40 Minuten". "Die Länge ist nicht so entscheidend. Entscheidend ist, dass wir alles drin haben, was wir für eine Abfahrt brauchen", sagte der frühere Abfahrtsweltmeister aus Oberösterreich.

Sein Triumph von St. Anton (Siegerzeit: 1:38,74) jährte sich am Sonntag zum 20. Mal. "Es war damals ein wichtiger beruflicher Erfolg, aber es ist Vergangenheit und für mich fast wie aus einem anderen Leben. Wenn mich die Leute nicht darauf ansprechen würden, würde ich gar nicht mehr daran denken."

"Zwei richtige Sprünge"

2021 wird auf 2.400 Metern Seehöhe losgefahren und einem Starthang, der die Sportler in unter acht Sekunden von 0 auf 100 Stundenkilometer beschleunigen lassen soll. Der Super-G beginnt auf 2.190 Metern.

Der Rennchef zählt auf der Strecke "zwei richtige Sprünge": Den Vertigine-Sprung nach engen Kurven im oberen Teil und den nach dem ehemaligen Abfahrer benannten (Kristian) Ghedina-Sprung, der unmittelbar nach der zweiten von drei Zwischenzeiten folgt.

Am vergangenen Donnerstag und Freitag segelten die Testfahrer hier schon gute 50 Meter durch die Luft. "Die Flugkurve ist nicht hoch, er geht sehr schön", sagte Trinkl nach dem Videostudium.

Zum Spielverderber könnte Anfang der Woche das Wetter werden. Trinkl erwartete viel Niederschlag und dementsprechend montags "viel Arbeit, damit wir den Super-G am Dienstag hoffentlich auf einer gut geräumten Piste fahren können". Der "leidenschaftliche Holzknecht" gab sich betont entspannt. "Das Wetter wird uns wie immer zeigen, was wir tun können."

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