Vincent Kriechmayr ist der Speed-König der Ski-WM in Cortina d’Ampezzo!
Der Oberösterreicher gewinnt nach dem Super-G auch die Abfahrt und kürt sich zum Doppel-Weltmeister. Kriechmayr beendet damit auch eine lange ÖSV-Durststrecke: Der bisher letzte rot-weiß-rote Abfahrts-Weltmeister war Michael Walchhofer im Jahr 2003.
Kriechmayr fährt mit Startnummer eins vor allem die Schlüsselpassage beim Vertigine-Sprung stark, am Ende gewinnt er mit dem Minimal-Vorsprung von gerade einmal einer Hundertstelsekunde vor Andreas Sander - es ist der knappste Abstand in der WM-Geschichte. Der Deutsche, der im Weltcup noch nie auf dem Podest stand, überrascht mit seiner ersten WM-Medaille.
Der zweifache Kitzbühel-Sieger und Weltmeister von 2017 Beat Feuz (SUI) muss sich mit Rang drei (+0,18) begnügen.
Lokalmatador Dominik Paris (ITA) ist als Vierter - ex aequo mit Marco Odermatt (SUI) - ebenso geschlagen wie Matthias Mayer, der keine fehlerfreie Fahrt erwischt und nach Problemen ausscheidet.
Zweitbester ÖSV-Läufer ist Max Franz als 13. (+1,25), gefolgt vom Super-G-Silbernen Romed Baumann (GER), der mit einem Sturz im Ziel für eine Schrecksekunde sorgt. Otmar Striedinger belegt nach starkem Beginn Rang 17.
Medaillenspiegel der WM 2021>>>
Ergebnis der Abfahrt der Herren>>>
Alle Weltmeister in der Abfahrt>>>
Kriechmayr in elitärem Kreis
Kriechmayr schafft als erster dritter Fahrer das Speed-Double bei Weltmeisterschaften. Zuvor beide Speedrennen bei einer Weltmeisterschaft gewonnen hatten bei den Herren lediglich Hermann Maier 1999 in Vail sowie Bode Miller (USA) 2005 in Bormio.
Eine Hundertstel Vorsprung sind gleichbedeutend mit der knappsten Gold-Entscheidung bei den Herren in einer WM-Abfahrt. Vor zwei Jahren in Aare (Schweden) hatte Kjetil Jansrud zwei Hundertstel vor seinem norwegischen Landsmann Aksel Lund Svindal gewonnen.
Die vierte WM-Medaillenentscheidung, die zweite bei den Herren, ging wieder be Prachtwetter in Szene. Kriechmayr hatte sich für Startnummer eins entschieden und wuchtete sich als damit als Erster aus dem nur über Hunderte in den Schnee geschlagenen Stufen erreichbaren Abfahrtsstart. Trotz leichter Probleme in der Traverse lieferte der Oberösterreicher auf der kurvigen "Vertigine" eine insgesamt starke Fahrt ab.
Gleich nach ihm kam aber Außenseiter Sander bis auf eine Hundertstel an den Österreicher heran, was doch Zweifel an einem möglichen Goldgewinn aufkommen ließ. Danach blieb aber der Trainingsschnellste Dominik Paris klar zurück und als auch Doppel-Olympiasieger Matthias Mayer nach anfänglich starker Fahrt in der Traverse an einem Tor vorbeischlitterte sowie auch Kitz-Doppelsieger Feuz zurückblieb, war für den Oberösterreicher das erste Bangen im Ziel überstanden.
Kriechmayr führt schon vor Sander und Feuz, als mit Max Franz (Startnummer 10) die Abfahrts-Dramatik wieder Fahrt aufnahm. Allerdings blieb auch der risikofreudige Kärntner deutlich zurück und wurde letztlich 13. Gleiches passierte mit dem außer Form befindlichen Kjetil Jansrud auch dem norwegischen Titelverteidiger, leider aber auch mit Otmar Striedinger (19.) Österreichs letzter Kugel im Lauf.
Nur Marco Odermatt ließ mit Startnummer 18 und seiner Fahrt auf Platz vier das Podesttrio noch einmal kräftig zittern. Als eine Stunde nach dem Start das Rennen wegen eines Sturzes unterbrochen war, stand das Podest fest und war auch klar, dass Sander das dritte Silber für Deutschland geholt hatte. Rückblickend war im Königsbewerb der Herren der Kampf um Gold mit Kriechmayr (Startnummer 1) vor Sander (Nummer 2) nach gerade einmal drei Minuten entschieden gewesen.
Kriechmayr: "Es war ein verrücktes Rennen"
Erstmals seit Pirmin Zurbriggen 1985 holte mit Kriechmayr wieder ein Fahrer mit Startnummer eins WM-Abfahrtsgold und zwar die 17. für Österreich. "Ich kann's noch nicht realisieren, es ist alles noch etwas unwirklich. Es war ein verrücktes Rennen und als der Sander im Ziel war, habe ich nicht gedacht, dass wir beide am Podium sind", gestand der frisch gebackene Doppel-Weltmeister im Ziel.
"Aber ich bin von oben weg wirklich gut gefahren, allerdings auch einige Male aus der Hocke gekommen. Obwohl es sehr kurvig war, habe ich eine richtige Abfahrt gewonnen. Engere Radien gehören im Abfahrtssport auch dazu", meinte der 29-jährige Österreicher, der auch gestand: "Oben war es ein bissl windig. "Vielleicht war der Herrgott heute auf meiner Seite."
Schröcksnadel jubelt: "Sind wieder eine Abfahrts-Nation">>>
Stimmen (via ORF):
Vincent Kriechmayr: "Ich kann es gar nicht realisieren. Ein verrücktes Rennen, oben weg bin ich gut gefahren. Im Flachen bin ich ein paar Mal aus der Hocke rausgekommen. Im Mittelteil habe ich es gut erwischt, nicht zu rund, aber auch nicht zu gerade. Ich habe mit ein paar anderen geredet, oben bissl windig und wechselnd. Im Moment ist es ein bissl unwirklich das Ganze, die großen Emotionen werden schon noch kommen."
Andreas Sander: "Man kann es sich nicht besser aussuchen, das erste Podium. Ich bin noch etwas sprachlos, ehrlich gesagt. Es war für alle sehr schwierig, weil der Schnee nochmals kälter war, das Gefühl war nicht so gut wie gestern im Training. Die Hundertstel tut mir nicht weh. Man muss sich eher freuen, dass ich die Zehntel auf Beat noch habe. Wir haben Silber gewonnen."
Beat Feuz: "Ich werde gut schlafen, egal wie es heute ausgegangen ist. Es war ein schwieriges Rennen, eine neue Abfahrt, die sich jeden Tag etwas anders präsentiert hat. Vinc ist verdienter Goldmedaillengewinner, er ist am besten gefahren. Wenn man 18/100 hinten ist, wäre auch Gold möglich gewesen. Es wird nicht meine Lieblingsstrecke werden, es gibt zu viele enge Kurven, aber schlussendlich ist es eine Abfahrt. Mein Ziel war oben irgendwie mithalten, unten aufholen."
Max Franz: "Der obere Teil ist mir heute auch nicht so geglückt. Richtig zum Verhängnis geworden ist es mir vom Sprung bis zur Traverse. Im Rennmodus möchtest noch ein bisserl mehr. Gestern war die Linie sehr gut. Es war heute nicht so ein schöner, runder Lauf wie an den letzten zwei Tagen. Es ist sehr schade, es wäre was drinnen gewesen. Vinc hat eine starke Leistung runtergelegt, man muss ihm gratulieren."
Otmar Striedinger: "Ich habe meinen Plan im Mittelteil leider nicht ganz durchgezogen, ich habe die Ski nicht richtig auf Zug gebracht. Ich beiße mir in den Arsch, wenn ich taktisch ein bissl rausgenommen hätte, wären die nächsten Passagen feiner gegangen. Die Piste war in einem Superzustand, ich habe es leider nicht hingebracht."
Matthias Mayer: "Oben war es ganz okay, vor dem Sprung hatte ich Wind, da habe ich mir ein bissl schwer getan. Ich habe probiert, mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen und habe weiter attackiert. Ich habe einen richtigen Schlag erwischt, die Traversenausfahrt ist eine wichtige Kurve. Dann war ich chancenlos, es ist da eisig. Nützt nichts, das Rennen ist vorbei."
Dominik Paris: "Ich wollte die Linie bissl verändern, dass ich sicher runterkomme. Das Gegenteil war der Fall."