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"Vielleicht ein bisschen verkorkst": Die WM-Bilanz des ÖSV

Sieben Medaillen, aber keine aus Gold für Österreich. Von der erwarteten Nullnummer bis zum Hättiwari-Superstar war in Frankreich alles dabei.

Foto: © GEPA

Die erste titellose Ski-WM für Österreich seit 36 Jahren ist Gewissheit.

Der ÖSV beendete die Titelkämpfe in Meribel/Courchevel im Medaillenspiegel nur auf Platz acht. Zwar hat nur Norwegen (9) mehr Medaillen als Österreich (7) geholt, in der Wertung schlagen sich die Erfolge aber nicht nieder. Medaillenspiegel der Ski-WM 2023 >>>

"Wir zählen ja amerikanisch, also die Anzahl der Medaillen", hat ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober schon vor dem Männer-Slalom mit einem Augenzwinkern bekundet. "Da haben wir einige, aber es fehlt natürlich Gold."

Gleiches ist vom ÖSV-Alpinchef Herbert Mandl zu hören. "Sieben Medaillen, das ist mannschaftlich ein tolles Ergebnis. Die fehlende Goldmedaille schmerzt natürlich, tut aber der gesamten Leistung keinen Abbruch. Es war eine gute WM, aber wir hadern schon mit der mangelnden Umsetzung der Chancen, die wir hatten."

Dass gewinnen nicht so leicht ist und für Siege alles zusammenpassen muss, weiß auch Marco Schwarz, mit zwei Mal Edelmetall Österreichs fleißigster Medaillensammler. 

"Sicher ist es immer schön, wenn man einen Weltmeistertitel für Österreich nach Hause nimmt, aber im Großen und Ganzen haben wir sieben Medaillen, das ist auch nicht schlecht", sagt Schwarz. "Das ist kein Wunschkonzert, das ist ein zähes Business, und es hat fast jeder schon die gleichen Möglichkeiten."

Alles in allem fällt die ÖSV-Bilanz gemischt aus. Von der erwarteten Nullnummer bist zum Hättiwaritäti-Superstar ist alles dabei:

ÖSV-Frauen

Stark begonnen und stark nachgelassen haben die ÖSV-Frauen.

Während die erste Woche mit drei Medaillen in den ersten drei Bewerben sehr gut verlaufen ist, erlebten die Österreicherinnen in der zweiten Woche mit Technik-Schwerpunkt die befürchtete und fast erwartete Nullnummer. 

Man sei mit "recht neutralen" Erwartungen nach Frankreich gereist, sagt ÖSV-Cheftrainer Thomas Trinker. "Drei Medaillen waren unser Minimalziel, das haben wir geschafft. Eine Vierte wäre wahrscheinlich auch möglich gewesen - im Team".  

Die Medaillen besorgte das Speed-Team um Nina Ortlieb (Silber/Abfahrt) und Cornelia Hütter (Bronze/Super-G) sowie Riesentorlauf-Spezialistin Ricarda Haaser in der Kombination (Bronze). Dazu kommen drei vierte Plätze durch Hütter, Mirjam Puchner (beide Abfahrt) und Ramona Siebenhofer (Kombi).

"Wir haben gewusst, dass wir eine sehr starke Abfahrtsmannschaft haben und die haben es dann Gott sei dank auch auf den Punkt gebracht. Dass du dann in drei Bewerben drei Medaillen machst, dafür braucht es schon auch ein Quäntchen Glück", weiß Trinker.

Hütter, Ortlieb und Haaser haben abgeliefert
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"Die Speed-Damen haben sehr gut reüssiert. Sie haben mannschaftlich das gezeigt, was sie drauf haben. Sie sind allemal eine sehr gute Truppe und können sicher ganz vorne mitfahren", resümiert Mandl.

Die Technikerinnen vermochten ihre schwache Saison beim Höhepunkt nicht zu retten.

"Wir wussten, dass es schwer wird", sagt Trinker. "In den Technik-Rennen wäre es eine Riesen-Überraschung gewesen, wenn wir eine Medaille gemacht hätten."

Im Riesentorlauf war ein zwölfter Platz von Franziska Gritsch das beste Ergebnis, im Slalom war Rang elf von Katharina Huber das höchste der Gefühle. Ein Spiegelbild der bisherigen Saison.

"Wir haben keine Dame im Team, die mit so viel Selbstvertrauen fährt, dass es klappt", meint Trinker. Die Konstanz habe sich trotz schneller Teilzeiten nie eingestellt.

Alpinchef Mandl sieht die Wurzel allen Übels bei Katharina Liensberger, die als doppelte Titelverteidigerin nach Frankreich gekommen ist, und Co. in der angeknacksten Psyche.

"Die Unsicherheit ist sehr groß. Sie fahren sehr verkrampft weg, mit sehr viel Erwartungshaltung ihrerseits. Sie wollen das Beste geben, aber das lähmt sie anscheinend. Darum gelingen auch die ersten Läufe immer sehr schlecht. Und wenn es dann um nichts mehr geht, dann sieht man auf einmal, es geht."

ÖSV-Männer

Bei den Männern gab es mit vier Medaillen mehr, als man sich vor der Abreise nach Frankreich erwartet hat.

"Es ist eine sehr positive Bilanz. Vor allem muss man auch die vierten Plätze sehen", merkt Cheftrainer Marko Pfeifer an.

Marco Schwarz holte Silber in der Kombination und Bronze im Riesentorlauf. Raphael Haaser landete in der Kombi hinter Schwarz auf Rang drei, dazu kommt Silber von Dominik Raschner im Parallel-Bewerb. In diesem blieb Adrian Pertl nur der vierte Platz, ebenso wie Schwarz in der Abfahrt und Stefan Brennsteiner im Riesentorlauf.

"Ich bin enttäuscht von den Speed-Spezialisten. Marco Schwarz war der Beste, von den anderen war es zu wenig", stellt Pfeifer in Richtung Vincent Kriechmayr und Co. klar.

Für den Cheftrainer ist Schwarz der Hättiwaritäti-Superstar dieser WM. In der Tat wäre für den Kärntner Alleskönner mehr möglich gewesen. Silber in der Kombination und Bronze im Riesentorlauf ist eine starke Bilanz, in beiden Rennen wäre auch Gold drin gewesen. In der Abfahrt war Schwarz mit nur einem Weltcup-Rennen als Erfahrungswert als Vierter – vier Hundertstel hinter Bronze - bester Österreicher. Dazu kam jeweils Rang sechs in Super-G und Slalom.

"Eine unglaubliche Leistung, ein Wahnsinn! Sein schlechtester Platz ist ein sechster, jedes Mal mit Fehlern. Hättiwaritäti hätte er Gold, Gold und Bronze, sage ich ganz salopp - und wäre der Superstar", so Pfeifer.

Starke WM von Marco Schwarz
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Statt null Goldmedaillen hätten es auch drei oder vier in der wichtigsten Farbe sein können, hadert Pfeifer etwas mit einzelnen Rennen.

"Wir hätten auch drei Weltmeister haben können, dann ist alles Highlife. Ich will es nicht schlechtmalen. Es waren Nuancen, wo wir nicht gewonnen haben, da sind wir Zweiter und Dritter geworden", erklärt der Cheftrainer. "Es ist witzig, dass man sich nicht freut. Wir sind halt alle ehrgeizig, wollen alle mehr. Es war aber auch eine wirklich starke Mannschaftsleistung, ich bin richtig happy. Es sind alle richtig stark Ski gefahren. Die ganze WM fahren die Herren brav Ski, und wir werden irgendwie nie belohnt." 

Die WM sei "vielleicht ein bisschen verkorkst" gewesen, sagt der Cheftrainer. Bei den Renn-Highlights in den Kern-Disziplinen hätte man sich eine bessere Medaillen-Ausbeute gewünscht.

Aber: "Wir fahren gut Ski. Wir brauchen uns nicht verstecken und schämen, wir haben das Potenzial. Ich sage einmal, dass Vincent, Feller und Blacky jederzeit Rennen gewinnen können. Da bin ich mir sicher. Natürlich werden wir uns nicht zufriedengeben und weiterarbeiten."

Insgesamt sei es eine "coole" WM gewesen, aber "es sind gewisse technische Schwächen, das müssen wir besser machen, damit die Fehler wegkommen", sagt Pfeifer. "Ich hoffe, wir haben uns die Goldenen für Saalbach aufgehoben."

Dort steigt 2025 die nächste WM. 

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