Raphael Haaser ist für gewöhnlich kein Mann vieler Emotionen. Gold bei der Heim-WM zu gewinnen, löste im 27-jährigen Tiroler dann aber doch etwas aus.
Ungläubig schüttelte er den Kopf, als der Halbzeit-Führende Timon Haugan letztlich als Siebenter abgeschwungen hat und feststand: Haaser ist Riesentorlauf-Weltmeister.
Vor der Siegerehrung im Zielraum vor über 19.000 Fans kniete der WM-Silberne im Super-G im Schnee.
"Ich habe ein bisschen Zeit gebraucht, um das ein bisschen sacken zu lassen", sagt Haaser, "aber realisiert habe ich es noch nicht. Das ist schon noch ein bisschen surreal".
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"Es gibt ganz andere Probleme auf der Welt"
Angesprochen auf seine Nervenstärke – Haaser gelang im zweiten Durchgang mit der viertbesten Zeit der Vorstoß auf die oberste Stufe des Siegertreppchens, während die Favoriten um Odermatt einer nach dem anderen ausließen – erklärt der neue Weltmeister:
"Das ist vielleicht ein bisschen meine Lebenseinstellung, dass es wirklich Wichtigeres gibt als das hier. Obwohl ich sehr dankbar bin, solche Erfolge zu feiern. Es gibt ganz andere Probleme auf der Welt, die viel wichtiger sind, als Skirennen. Gesundheit, Frieden und dass jeder was zu Essen hat – das wäre schon mal sehr viel wert", sagt Haaser.
Dass man als Spitzensportler von einer Sekunde auf die andere aus seiner Welt gerissen werden kann, hat Haaser selbst schon mehrmals in seiner Karriere erlebt. Zu Beginn der WM verletzte sich seine Schwester Ricarda schwer, er selbst musste um sein Antreten in Saalbach zittern.
Vor knapp zwei Monaten verletzte sich Haaser am Knie, erst eine Woche vor Beginn der WM gab er in Kitzbühel sein Comeback und fuhr dort im Super-G auf Anhieb aufs Podest. Auch bei der WM lieferte er in dieser Disziplin mit Silber ab. Nun folgt mit Gold die Krönung – in einer Disziplin, in der Haaser noch nie ein Weltcup-Rennen gewonnen hat und in der er um seinen WM-Startplatz kämpfen musste.
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"Das hätte ich unterschrieben, als ich auf der Couch gehockt bin"
"Das hätte ich natürlich unterschrieben, als ich daheim auf der Couch gehockt bin", sagt Haaser auf seine Zwangspause zurückblickend. "Ich habe gewusst, dass sich die WM ausgeht, aber ich wollte nicht auf irgendwen angewiesen sein bezüglich der Aufstellung. Da war ich unter Druck, ob ich davor noch einen Weltcup bestreiten kann, um mich selbst aufzustellen."
Diese Aufstellung hat Haaser nun mehr als gerechtfertigt. "Ich hoffe, dass es in Zukunft weniger Diskussionen gibt", sagt der 27-Jährige mit einem Schmunzeln in Hinblick auf die Nominierung im Riesentorlauf.
"Ich habe mich gleich im ersten Durchgang gut gefühlt und habe mir vorgenommen, es im zweiten ähnlich anzulegen. Das ist mir, wie es ausschaut, sehr gut gelungen", erklärt der Weltmeister staubtrocken.
Besser geht es nicht
Emotionaler sind da seine Trainer. "Schon die Silbermedaille mit seiner Vorgeschichte, der Verletzung im Dezember, war Wahnsinn. Er ist mit dem nötigen Selbstvertrauen ins Rennen gegangen, einen super ersten Durchgang mit Nummer 22 gefahren und hat dann noch einen draufgesetzt. Besser geht es nicht", sagt ÖSV-Technikcoach Martin Kroisleitner.
Cheftrainer Marko Pfeifer meint: "Eine coole Sache - dass das so aufgeht, ist sehr schön. Ich glaube, die Silbermedaille hat ihn (Haaser) schon beflügelt. In der Schrägfahrt rein, da ist er fulminant gefahren, auch in der Zielfahrt rüber. Er hat nichts zu verlieren gehabt. Da hat alles zusammengepasst."